Na ja, ich hab' für gewöhnlich auch keine Lust, mich mit dem Rad in Blechlawinen einzureihen und über x Ampelschaltungen in den Abgasen anderer Leute rumzustehen. Da kann ich jeden, der nicht im Auto sitzt, verstehen, wenn er versucht, nach vorne durchzufahren.
Ich meine, mich zu erinnern, dass man früher rechts an der Seite Platz gelassen hat, damit Radfahrer bis nach vorne durchfahren können. Das scheint aber leider aus der Mode zu sein (ganz davon ab, dass die Autos mittlerweile so groß sind, dass es auch ohne bewusst rechts blockieren recht eng ist).
Ja, eben, die Zeiten haben sich gewaltig geändert. Die Autos sind doppelt so breit wie früher (innen dafür nur noch halb so geräumig), Parktaschen und Straßen sind aber noch immer auf dem Niveau von vor 50 Jahren.
Hier in "meinem" Fall reden wir "infrastrukturmäßig" EIGENTLICH von einem vergessenen Kaff am A.... der Republik, das allerdings mittlerweile (aufgrund weit und breit komplett fehlender Autobahnen und aufgrund des dennoch ständig enorm wachsenden Grenzverkehrs von / zur Schweiz) das Verkehrsaufkommen einer Metropolregion zu ertragen hat.
Da ist kaum Platz für zwei völlig überfüllte, die Hälfte des Tages überwiegend stehende Verkehrsspuren, geschweige denn, um rechts auch noch Platz für Radfahrer zu lassen. Regelmäßig kommen Notarzt und Krankenwagen nicht durch, weil einfach kein Platz vorhanden ist.
Vor zwei oder drei Jahren war es sogar so schlimm, daß ein Rettungshubschrauber aus der Schweiz angefordert werden mußte, der waghalsig in der Innenstadt landete, um ein Kind mit schweren Verbrennungen zu holen - denn "unser" Notarzt kam nicht durch den Stau...
Daß man sich in dieses Chaos überhaupt mit dem Fahrrad traut, grenzt schon an Wahnsinn. (Zumal für die längeren Strecken mittlerweile am Stadtrand TOP Radwege existieren und ausgerechnet die Radfahrer die einzigen wären, die den Wahnsinn tatsächlich umfahren könnten..)
Vor dem Hintergrund könnte man ja sogar beinahe Verständnis für entsprechend aggresives Verhalten der Radfahrer im Stadtverkehr entwickeln. Aber eben nur beinahe. Denn es hilft niemandem und macht die Situation, für die auch die Autofahrer nun mal nix können, kein bißchen besser.
"Amüsant" finde ich in diesem Zusammenhang immer die Pläne und Forderungen einer hiesigen grünen Lokalpolitikerin, auf die ich sonst sogar ziemlich große Stücke halte, die aber offenbar ernsthaft daran glaubt, daß hier in der Stadt Verkehrsprobleme durch Leihfahrräder, E-Bikes und einen putzigen E-Stadtbus gelöst werden könnten. Das mag woanders, unter "normalen" Umständen ja vielleicht sogar ein Ansatz sein, aber man kann nun mal nicht überall und jederzeit mit Patentrezepten daher kommen. Manchmal funktionieren sie eben nicht, und wenn sie noch so schön grün sind.
Und zwischen "verständlicherweise wegen der Abgase und der Hitze und der Kälte und dem Regen zwischen den Autos nach vorne durch fahren" und den Kamikaze-Rasern in neongelber Vollausstattung, besteht für mich halt schon auch noch ein gewaltiger Unterschied...