Ich habe hier ja nun gleich 3 "high-drive"-Hunde, wobei die junge Maline die beiden SBT noch um Einiges toppt.
Meine Meinung kurz gefasst:
- Die meisten 0-8-15 Hundetrainer und Hundeschulen kann man vergessen. Die verfügen nicht über die nötige Rasseerfahrung und sind eher den typischen Familienhund mit wenig oder mittlerem Temperament und höherer Reizschwelle gewohnt. Suche Dir also Menschen, die Deine Rasse führen und die entsprechende Erfahrung haben.
- Der Ansatz vieler dieser Hundetrainer, den Hund vom Wesen her umzukrempeln (pauschales "Hund muss ruhiger werden"), geht ganz schnell nach hinten los, wenn dann ausschließlich Ruhe verordnet wird und der Hund darüber hinaus nicht gemäß seiner Anlagen gefördert und ausgelastet wird. Ein triebstarker Arbeitshund sucht sich bei mangelnden Aufgaben eben eigene - und dies meist nicht im Sinne des Besitzers. Und aus einem BC, Mali oder Dobi macht man keinen Mops.
Zum Anspringen:
Meine Maline (jetzt 6 Monate) war auch extrem darauf fixiert, jeden x-beliebigen Menschen möglichst full-speed wüst anzuspringen. Knie stoßen o.ä. hätte sie noch zusätzlich aufgeputscht, sowas interpretiert sie als heftiges Raufspiel. Ich habe dann ausgesuchte, hundeerfahrene Menschen zuhause und auf dem Hundeplatz angewiesen, sich bei Anspringen ignorant weg zu drehen und ich bin an langer Leine mit dem Hund auf sie zu. Beim Anspringversuch (da muss man schnell sein) scharf "Nein", kurz darauf Leinenimpuls, sofort danach rufen und wenn sie zu mir kam überfreudig loben und Alternativverhalten anbieten, irgendeine Übung, die ihr Spaß macht und mit weiterem Lob aufgelöst werden kann.
Die ersten Male war das ein hin und her zwischen mir und der Übungsperson, kurze Zeit später reichte bereits das "Nein" ohne Leinenimpuls und inzwischen kann ich mit ihr ohne Leine arbeiten, wenn andere Menschen auf dem Platz sind und manierlich an Passanten vorbei laufen. Besuch ist nochmal eine andere Baustelle - da kommt sie die ersten Minuten an die Leine oder in die Box - danach gehts dann auch.
Da braucht es Timing und Fingerspitzengefühl - der Impuls darf natürlich kein Reißen sein und sollte nur so stark ausfallen, dass der Hund ihn wahrnimmt. Zum besseren zurück / heran rufen dann am Besten rückwärts laufen und den Hund regelrecht einladen, bei Dir Spaß zu haben.
Die Übung soll nicht als Strafe verknüpft werden sondern als: Bei Frauchen gibt es Spaß, Fremde sind langweilig. Auf Kommando darf meine mich übrigens anspringen, hat aber auch gelernt, z.B. auf "Sitz" sofort in die Ruhe zu finden.
Thema Ruhe lernen:
Meine Hunde lernen alle, dass zu gewissen Zeiten Ruhe zu halten ist und der Tag nicht aus Daueraction besteht. Genauso gibt es aber Zeiten für körperliche und vor allem geistige Auslastung. Das betreibe ich allerdings in kurzen Sequenzen und nicht stundenlang, bis der Hund völlig überdreht, weil er sich nicht mehr konzentrieren kann. Länger als 20 Minuten trainiere ich selbst mit den erwachsenen SBT nie am Stück, von 1 Stunde durchgehend Hundetraining, eventuell noch in der Gruppe mit Ablenkung und Reizüberflutung halte ich NULL.
Darüber hinaus arbeite ich von Welpe an an der Impulskontrolle und an Triebwechseln - d.h. nach Ausbildungsstand dosiert Hochfahren und Runter fahren im Wechsel. Mir ist wichtig, dass meine Hunde lernen, sich im Griff zu haben und auf den Punkt runter zu fahren, so dass sie ansprechbar und kontrollierbar bleiben. Wichtig dabei ist, da sehr kleinschnittig und dosiert zu arbeiten - man kann in den ersten Sequenzen nicht erwarten, dass der Junghund direkt aus einem wilden Zerrspiel wieder in den UO-Modus schaltet. Also nicht zu viel Dampf aufbauen am Anfang. Wer hier Geduld hat und bedacht vorgeht, hat langfristig Erfolg.
Stumpfes Ball werfen o.ä. praktiziere ich überhaupt nicht, es wird mit mir / körpernah gespielt und geworfen wird nur in Kombination mit anderen Übungen und erst, nachdem der Hund die ersten Monate ausschließlich über Futterarbeit aufgebaut wurde. Hat der Hund das System verstanden, dass er über "richtiges" Verhalten zunächst ans Futter kommt und später dann das Fortführen des Spiels quasi auslösen kann, hat man schnell einen Hund, der sich zurück nimmt, nachdenkt und warten kann. Alles andere zieht bei temperamentvollen Hunden schnell einen Junkie oder Hibbel heran.
Wenn man es schafft, die Beklopptheit eines triebigen Hundes spielerisch und mit Köpfchen in die richtigen Bahnen zu lenken, hat man aus meiner Sicht einen Hund, der mitdenkt und mit dem die Zusammenarbeit einfach nur Spaß macht. Dazu darf man ihn aber nicht verbiegen wollen (ruhig machen), sondern sollte die Anlagen sinnvoll nutzen und dem Hund beibringen, dass es nicht 24/7 Programm gibt.