Der Hund ist keine computer gesteuerte Maschine, die nach vorhesehbaren Mustern funktioniert. Du gibst nichts in den Computer ein und bekommst immer das heraus, was du erwartest. Er ist ein Lebewesen, bei dem verschiedene Faktoren für ein Verhalten verantwortlich sein können. Dadurch verselbständigen sich einige Verhaltensweisen manchmal ohne das man selber diese Entwicklung hätte vorab erkennen und dementsprechend verhindern können. Es gibt keine Anleitung oder Bedienungsanleitung, nach der man einen Welpen erzieht und dann das gewünschte Verhalten erhält.
Meistens ist es so, dass der Hund von einem Tag auf den anderen das unerwünschte Verhalten zeigt und man als Halter gar nicht vorhersehen konnte. Nehmen wir den nervösen Hund als Beispiel, der z.B. immer freundlich anderen Hunden begegnet und von einem Tag auf den anderen einen Hund aggressiv verbellt. Die Ursachen und Auslöser fürdas Verhalten können viele sein.
Vielleicht steckt dahinter, dass der Hund die Kontrolle übernehmen will, weil er an diesem Tag nicht zum Hund darf und ihm das gehörig gegen den Strich geht. Vielleicht hat er Angst, weil er irgendetwas falsch auffasst und als Bedrohung ansihet. Vielleicht ist er aufgeregt, weil seine Hormone verrückt spielen, oder weil er kurz zuvor ein Erlebnis hatte, dass ihn aufgebrcht hat. Vielleicht hat er ein schlechtes Erlebnis mit diesem Hund oder einem ähnlich aussehenden Hund gehabt. Veilleicht passt es ihm nicht, dass der Hund dort ist, weil er diesen Ort für sich beansprucht. Vielleicht versucht er etwas anderes zu verteidigen, dass er in dem Moment gefährdet sieht. Vielleicht hat die Halterin durch einen unbewussten Leinenruck oder eine andere Geste dem Hund unbewusst signalisiert, dass Gefahr droht. Vielleicht ist die Halterin selber in schlechter Stimmung und überträgt dies auf ihren Hund, der an diesem Tag entscheidet, dass er sich so verhalten darf. Viielleicht, vielleicht, vielleicht...
Du hast sicher Recht, dass die Gründe des Hundes egal sind und er zu akzeptieren hat, dass die Halterin die Situation im Griff hat und er sich nicht darum zu kümmern hat. Trotzdem kommt so ein Erlebnis unangekündigt und unvorhersehbar. Und wie ich als Halter in dem Moment reagiere, wird unterschiedlich sein, aber entscheidend dafür, ob sich das Verhalten wiederholt. Bei dem einen Hund wird es vielleicht das beste sein, wenn ich kommentarlos mit dem Hund weitergehe. Bei dem anderen reicht vielleicht eine verbale Ansage. Bei dem anderen ist vielleicht eine körperliche Berührung nötig, aber beim nächsten Hund muss die Ansage eventuell so deutlich sein, dass es für den Hund unangenehm wird, damit er beeindruckt ist und dieses Verhalten nicht mehr zeigt. Bei einigen Hunden hilft aber vielleicht nur, dass ich mir eine Tüte über den Kopf ziehe und schnell an dem anderen Hund vorbeigehe und dann in Zukunft dafür sorgen muss, dass der Hund nicht so hochlevelt. Im Klartext bedeutet das, dass ich ihm bereits dann eine (verbal oder körperlich) verpasse, wenn er nur doof zum anderen Hund schaut und dadurch bereits jegliches Interesse für den anderen Hund unterbinde, damit er gar nicht erst in einen Level schaltet, aus dem ich ihn nicht mehr raus bekommen.
Wie ich in so einer Situation vor zugehen habe, muss ich als Halter erst herausfinden und gerade bei jungen Hunden lässt sich das nicht auf anhieb klären und erkennen. Man will schließlich auch mit seiner Einwirkung bzw. mit seinem Handeln nicht noch mehr Probleme schaffen. Dem einen reicht ein lauter Tzisch-Ton, damit er die Ansage seines Halters verstanden hat, aber dem nächsten beiendruckt das nur für den Moment und der nächste ist dadurch so beeindruckt und verängstigt, dass er sich beim Anblick von anderen Hunden in Zukunft fast in die Hose macht.
Abgesehen davon, dass es schließlich auch nicht so ist, dass ich einmal das Richtige als Halter mache und es dann für alle Zeiten gut ist. Eine klare Ansage des Halters verliert nach einiger Zeit ihre Wirkung, weil sie veilleicht lange Zeit her ist, weil der Hund pubertiert und einfach mal wieder einen Versuch startet etc. Abgesehen davon ist es nicht so einfach die richtige Art und Weise heraus zu finden, mit der man auf seinen Hund einwirkt. Das ganze ist komplexer als hier dargestellt.
Ich halte es für sehr anmassend anderen Leuten erzählen zu wollen, dass sie einfachnur etwas falsch machen, was eigentlich so einfach ist. Für mich zeugt das von einer gewissen Unerfahrenheit mit bestimmten Situationen und es ist für mich mit Verlaub etwas unglaubwürdig.
Ich muss Dir klar wiedersprechen, dass der Halter seinem Hund immer zeigt, was er wie zu machen hat und dadurch Fehlverhalten entsteht. Wir wissen nur ansatzweise, was in den Köpfen unserer Hunde vorgeht und wie diese mit einander kommunitieren. Wenn wir das nur ansatzweise so gut drauf hätten, wie Hunde unter einander, hätten wir alle keine Probleme.
Natürlich hat man es als Halter immer in der eigenen Hand so mit dem Hund umzugehen, dass er sich so verhält, wie man das möchte, aber das setzt manchmal langes Training an sich und dem Hund voraus.
Wer erzählt, dass man einfach nur sein eigenes Verhalten ändern muss und das problemlos zur Verhaltensänderung des Hundes führen wird, weiß es nicht besser, oder will anderen etwas vormachen.
Gruß
Konstantin