Perforiert ein Blinddarm, dann entleert sich der gesamte Inhalt (Bakterien, Eiter, Stuhlreste etc.) in die Bauchhöhle und führt dadurch schon zu einer akuten Bauchfellentzüdung.
Das ist offenbar passiert, es hat sich aber durch den Darm bzw. das umliegende Bindegewebe ein Netz gebildet und diesen Eiter quasi verkapselt. Da war also ein Abszess im Bauch, indem der Eiter sich gefangen hat, sodass er eben
nicht in die Bauchhöhle geraten ist. Ja, das ist extrem selten und ja, es ist extrem unwahrscheinlich, da muss man also vielleicht nicht mit rechnen als Arzt, aber es
war so!
(Anmerkung: Die Ärzte
sind von einer eitrigen Appendizitis und 90 Minuten OP ausgegangen. Gedauert hat die dann am Ende fast 4 Stunden. Weil es eben nicht so war wie erwartet. )
Und die Entzündungswerte waren wieder niedriger eine Woche
nach dem Akutereignis - davor sind nie, von keinem Arzt, irgendwelche Entzündungswerte genommen worden. Geschwiege denn, dass das Kind, bis auf einen Arzt, der dann den korrekten Verdacht hatte, und seinen Kollegen, der das ganze nach Hüpftest wieder kassiert hat, auch nur einmal abgetastet worden ist. Weil der erste Arzt das nicht gemacht hat und die anderen dachten, das sei schon passiert.
Es ist aber nicht so ungewöhnlich, dass bestimmte Werte (etwa Lymphozyten) einige Zeit nach dem Akutereignis wieder sinken - weil sie dann alle am Ort des Geschehens sind, aber keine mehr bzw. nur noch wenige, in der Blutbahn. Die haben aber nur nach Akutwerten geschaut. Ist ja auch das gängige, so.
Die zusätzliche Tragik bei unserem Kinderarzt hier vor Ort ist, dass er an sich ein guter Diagnostiker sein kann - aber den Verlauf eines Falls absolut nicht im Blick hat. Der weist keinen Patienten ab (es gibt Kinderärzte hier, die tun das oder nehmen nur Neugeborene als neue Patienten an), arbeitet Überstunden ohne Ende, ist freundlich und im Alltag auch leidlich gründlich... aber selbst wenn er dir am Montag sagt, du sollst am anderen Tag wiederkommen zur Verlaufskontrolle, weiß er das am Dienstag nicht mehr.
Wenn du fünfmal in 10 Tagen da ankommst, macht er fünfmal gründliche Erstanamnese und rät zum Abwarten. - Es sei denn, du weist ihn drauf hin, wie oft in welchem Zeitraum du schon da warst. Dann kommt auch mal was weiterführendes oder eine Facharztüberweisung. Aber von allein - da muss es schon sehr ruhig in der Praxis sein und er sehr bei sich, dann vielleicht. Oder es muss das große Ü sein, dann rechnet er immer mit einer unangenehmen Überraschung und schaut zweimal genauer hin.
Nachdem ich das einmal verstanden hatte, komme ich gut damit zurecht, zumal er wirklich gut ist, wenn man ihn mal "aktivieren" kann (also, über den "Ich bewältige die Sturmflut an Patienten so gut es geht"-Modus hinaus - aber im Zweifel verliert man so viel wertvolle Zeit.
Wenn die Mutter nicht total frustriert und verzweifelt ihm die ganze Geschichte nochmal vorgebetet hätte, hätte er ja auch gar nicht gewusst, was im Krankenhaus zwischendurch schon alles gemacht worden war...
Ich denke außerdem, dass sich hier kulturelle Stereotypen ganz ungünstig überkreuzt haben:
Krankenhaus: "Die Türken übertreiben ja immer so. Wenn die sagen, das Kind war ohnmächtig, war ihm vielleicht ein bisschen schwummrig!"
vs
Mutter: "Ich bin schon immer extra zurückhaltend, weil es immer heißt, die Türken sind ja so hysterisch und übertreiben ja immer so!"
Kommt beim Arzt wahrscheinlich aus als: "Na, wenn die hier noch
so ruhig sitzt, hat das Kind wahrscheinlich
gar nix!"