Und es scheint so, als sei sie (und du mit ihr?) der Ansicht, eine wissenschaftliche Studie sei ein Wert an sich, egal, ob sie gut gemacht und gut ausgewertet wird. Das bestreite (nicht nur) ich. Eine schlechte Studie führt zu schlechten Ergebnissen, und das ist kein Gewinn.
Der Punkt ist aber: Ohne die Studie vorliegen zu haben, wissen wir nicht, ob sie schlecht gemacht war. Und in welcher Hinsicht sie schlecht gemacht war.
Du
glaubst es, zu wissen, weil du überzeugt bist, dass das Ergebnis Müll ist, und jeder Punkt, der erwähnt wird, wird von dir ohne weitere Betrachtung der Umstände direkt negativ ausgelegt. Wie. nur 8 Hennen? Dann kann es ja nicht seriös sein.
Ich hingegen traue mir nur nach dem Lesen des Tagesspiegel-Artikels aus den lang und breit beschriebenen Gründen nichtmal zu, wirklich zu sagen,
ob das Ergebnis der Studie überhaupt lautete, dass Freilandhaltung schlechter für Hühner ist als Käfighaltung.
Ich weiß, dass das schwer nachzuvollziehen ist...
Aber ich habe tatsächlich noch gar kein Urteil gefällt.
Ich versuch mal, meinen Gedankengang aufzudröseln:
Erste offene Frage:
Ist das Ergebnis der Studie, dass Freilandhaltung schlechter ist als Käfighaltung, oder hat die Journalistin da was kapital falsch verstanden?
Zweite offene Frage:
Wenn das Ergebnis lauten sollte, dass Freilandhaltung schlechter ist als Käfighaltung: Wie genau ist das Ergebnis formuliert, unter welchen Umständen gilt das und wie kam es dazu? Was war eigentlich die Fragestellung?
Dritte offene Frage:
Lagen methodische Mängel bei der Durchführung der Studie vor? Wurden Äpfel mit Birnen verglichen? Zu wenige Tiere untersucht? Wie wurden diesen ausgewählt? Was wurde ausgewertet? Wurde von vornherein eine suggestive Fragestellung gewählt? - Handelt es sich also um schlechte Forschung, deren Ergebnisse selbstverständlich entsprechend zu bewerten sind?
(Ich habe nie gesagt oder gemeint, auch schlechte Forschung müsse von ihrer Relevanz her anerkannt werden wie gute Forschung! -Das wäre schlimm und höchst unwissenschaftlich. Man kann aber durchaus auch bei schlechter Forschung schauen, inwieweit sie verlässliche Ergebnisse zeigt und wo eben nicht mehr. - und vor allem kann man schauen, wie man es NICHT machen sollte. Oder wo der Fehler liegt- Von daher ist es eigentlich sehr wichtig, dass auch schlechte Forschung, oder eine Fragestellung, die nichts ergibt, weil das, was man dachte, nicht zutraf, auf jeden Fall veröffentlicht werden.)
Vierte offene Frage:
Wenn all das NICHT zutrifft (ja, das ist zumindest theoretisch möglich), es sich also um gut geplante, gut durchgeführte Forschung handelt - Was könnte der Grund für das irritierende Ergebnis sein? Gibt es eine tatsächliche, eindeutige Ursache oder gibt es eventuell einen Faktor, der bei der Auswertung schlicht übersehen/nicht erkannt wurde? - Was heißt das dann für die Fragestellung? Und für die Hühner?
Das sind alles Fragen, die ich mir stelle, nur weil ich von einer existierenden Studie eines immerhin in seinem Feld anscheinend recht bekannten Forschers
weiß, die ein irritierendes Ergebnis hat.
Ohne sie gesehen zu haben.
Ich habe dabei zwei Vorurteile, die sich ergänzen und zum Tragen kommen, die aber auf einer gewissen Erfahrung fußen und die für meine Urteilsfindung wichtig sind:
Und diese lauten: Ich halte es für deutlich wahrscheinlicher, dass ein auf seinem Gebiet angesehener Neurowissenschaftler eine Studie methodisch richtig konzipiert, als dass ein wie auch immer vorgebildeter Wissenschaftsjournalist diese Studie nach einem Gespräch mit dem besagten Wissenschaflter korrekt wiedergibt!
Ich kann dabei total auf dem Bauch landen - aber wenn ich nach meiner persönlichen Erfahrung gehen müsste, würde ich auf eine
im gewählten Rahmen solide konzipierte Studie setzen, deren Fokus von der Journalistin stark verzerrt wiedergegeben wurde.
Aber: Eine endgültige Meinung dazu kann und würde ich mir erst bilden, wenn ich sie gesehen und gelesen habe. Nicht vorher.
Euer Gedankengang ist eher so - und das meine ich nicht böse, rein konstatierend:
Das Ergebnis ist X?
-> Das kann nicht sein, X ist falsch, das widerspricht all meinen Erfahrungen.
-> Die Studie ist falsch, die kann nicht richtig aufgebaut sein. Sonst käme nicht X dabei heraus.
-> Und X ist im übrigen falsch und kann nie richtig sein.
-> Also kann die Studie nicht seriös sein.
Das führt aber irgendwie zu nichts.
Außer zu großem Durcheinander, wenn auf jedes Argument irgendwann im Gedankengang 1) - 4) als Antwort letztlich kommt: "X muss falsch sein. Also ist alles andere auch falsch/überflüssig/unverständlich."
Ja, vielleicht ist es unverständlich. Überflüssig aber nicht.
(Naja - jedenfalls für mich nicht.)