Ich seh es wie Crabat.
Wir hatten (früher) immer Welpen - ich komme vom Land, und wenn man nen Hund wollte, musste man damals nur auf den nächsten Upps-Wurf warten und sich einen aussuchen. Ich hätte als Kind oder Jugendliche nie gedacht, dass man für Hunde oder Katzen was bezahlen muss. Die gab's ringsum ständig für umsonst. Den ersten hat sich mein Vater im angeheiterten Zustand von einem befreundeten Bauern auf dem Schützenfest aufschwatzen lassen (und wieder ernüchtert mochte er dann nicht mehr absagen).
Und alle unsere Hunde waren, wie man so schön sagt, für den Hausgebrauch ausreichend unerzogen.
- Weil wir keine Ahung hatten, und es damals nicht an jeder Ecke Hundeschulen gab. Sie waren vom Charakter her total verschieden, aber irgendwelche Macken hatten sie eigentlich alle.
Okay, mein erster eigener Hund kam aus dem Tierheim, und der war definitiv
kein Argument für einen erwachsenen Tierheimhund...
aber wenigstens hatte ich den nicht selbst vergurkt.
Ich gebe zu, das ist ein schwaches Argument. Aber ich glaube fest daran, dass nicht jeder erwachsene Hund (ob aus dem TH oder von Privat) eine so prall gefüllte Wundertüte ist wie ausgerechnet meiner.
Normalerweise sind die Probleme bei einem Hund aus dem Tierschutz überschaubarer. Man kann besser abschätzen, was man bekommt.
Bei den Welpen war das anders. Gleich der erste zB war eigentlich kein Anfängerexemplar. Er wurde recht groß und hatte einen ausgeprägten Wach- und Schutztrieb, mit dem vermutlich viele Leute überfordert gewesen wären. Zum Glück waren die Leute damals noch etwas toleranter eingestellt. Außerdem war er schwerhörig und sah sehr schlecht. In dieser Kombination etwas schwierig, weil er manchmal Leute, die er eigentlich kannte, eben nicht erkannte und dann recht massiv werden konnte.
Der zweite war dafür überängstlich und geräuschsensitiv - blöd, wenn man vom vorigen Exemplar gewöhnt ist, mit dem eigenen Hund überwiegend brüllend zu kommunizieren (Gesten gingen bei dem ja auch schlecht, weil er die auch nicht so richtig sehen konnte).
Der dritte war für mich aus heutiger Sicht ein Klasse Hund - hatte aber ordentlich Jagdtrieb und definitiv seinen eigenen Kopf. Der wurde leider nicht sehr alt - oder vielleicht auch "zum Glück nicht", denn da war ich schon etwas älter und hatte mehr Erfahrung - wohnte aber leider nicht mehr zuhause, und meine Eltern hätten mit ihm mit Sicherheit große Probleme bekommen. Für den war so ein ruhiges Leben im Haushalt einfach zu wenig.
Der vierte war dann eigentlich ein Schaf - leider mit einem geistigen Kurzschluss im Hirn. Sowie er etwas sah, dass nach Wild aussah, rastete er aus und raste hinterher. Durch Stacheldraht, Elektrozäune, ob hinten noch jemand an der Leine nachschleifte oder nicht. Mit dem Hund waren meine Eltern dann tatsächlich bei einem Trainer, aber der fand ihn super-dominant und "unerziehbar" - also hat man sich wieder irgendwie arrangiert, aber es war nicht immer ganz einfach.
Sagen will ich damit: Auch wenn du die besten Vorsätze und die besten Ansätze hast, wird bei deinem Welpen nicht alles glatt laufen, und er
wird spätestens in der Pubertät unerwünschtes Verhalten an den Tag legen. Ob es jugendliches Rumgeprolle ist, Territorialverhalten, der Versuch, die eigenen Privilegien auszudehnen, oder Jagdverhalten.
An allem kann man arbeiten - notfalls mit Hilfe eines Trainers. Aber wenn das Problem - und daran muss nichtmal verfehlte Erziehung Schuld sein, siehe unser Labbi-Mix mit Windhund-Genen...
- kein Standardproblem ist, kommen viele Trainer auch schnell an ihre Grenzen. Und dann stehst du da.
Möglicherweise ist ein Hund aus dem Tierheim einer, bei dem die Besitzer genau an diesem Punkt an der Erziehung gescheitert sind... aber wenn du dir dann einen aussuchst, weißt du wenigstens einigermaßen, um welches Problem es sich handelt, und kannst dir vorher überlegen, wie du dran arbeiten willst und ob du dir das zutraust.
Bei einem Welpen weißt du genau das noch nicht.
Andererseits ist es natürlich nett, einen Welpen im Haus zu haben, gar keine Frage. Nicht nur, weil er süß ist. Grad am Anfang ist es ja sehr dankbar, mit denen zu arbeiten, sie lernen ganz viel - das macht auch Spaß.
Aber dann kommt irgendwann wie gesagt die kritische Phase - und egal wie gut deine Vorarbeit war... dass es in der keine Probleme geben wird, ist nicht gesagt. Bei uns gab es halt irgendwo immer welche. Nur waren das bei jedem Hund andere. Sodass man nicht einfach sagen konnte: Okay, ich wiederhole meinen Fehler vom letzten Mal einfach nicht, dann geht's.
Hoffe, das war jetzt nicht zu wirr!