Die Alternative nennt Hassemer selbst doch ganz klar in dem Interview, gugl.
Er sagt, dass das Strafrecht eingreifen
muss, wenn ein Tier zu Schaden kommt. Und dass er es befürwortet, wenn über das TSchG nicht erst bei "erheblichen" Schäden eingegriffen werden kann, sondern bei
jedem Schaden. Auch dann, wenn er beim S.ex mit Tieren entsteht.
Zu Recht. Wenn ein Tier zu Schaden kommt, ob physisch oder psychisch, muss das Strafrecht eingreifen. Unser derzeitiges Tierschutzgesetz spricht von "erheblichen Schmerzen oder Leiden", die man Tieren nicht ohne Grund zufügen darf. Das ist eine hohe Hürde. Warum nicht jeden Schaden, jede Tierquälerei unter Strafe stellen?
Und er sagt auch, was ihn an diesem Gesetz stört:
Ja. Aber so, wie das Gesetz jetzt geplant ist, wird die Einhaltung kaum überprüft. Das zeigt sich auch in anderen Ländern, wo es kaum Anklagen gibt. Erst verbieten und dann nicht verfolgen - das halte ich für keinen guten Weg. Das Strafrecht muss ehrlich sein und darf den Leuten nicht etwas vormachen, das es in der Praxis nicht einhält .
Was ist daran so schwer zu verstehen, oder wie kann man das anders verstehen? - Das verstehe nun ich wiederum nicht.
Dieses Gesetz setzt ein Zeichen - das finden viele Leute gut.
Er befürchtet aber, oder geht davon aus, dass es in der Umsetzung so gut wie keine Wirkung hat, und dann halt nur auf dem Papier steht. Und dann kann man es auch lassen.
(Ob er damit Recht hat - keine Ahnung. Dafür verstehe ich von der Materie zu wenig.)
Und ich finde übrigens, dass man, um seinen Beitrag über den liberalen Strafrechtsgedanken zu verstehen, von kleinen Ausflügen in die Historie abgesehen, an k9-news' letzten Beiträgen sehr gut sieht, warum man überdenken sollte, wieweit man wirklich und für was das Strafrecht heranziehen sollte.
Er schreibt ja selbst: "Wo ist die Grenze" - und das frage ich mich eben auch.
Wenn wir einmal davon ausgehen,
dass es Formen von S.exuellem Kontakt mit Tieren gibt, die dem Tier
weder seelisch
noch körperlich schaden... wie die berühmte Leberwurst... oder meinetwegen die bloße Neigung, ohne dass der Betroffene sie aktiv auslebt... dann ist halt die Frage, inwieweit so etwas (und ich denke, um diesen Punkt geht es ihm) "strafbar", oder bloß "widerlich" und "bizarr" ist. Mit dem neuen Gesetz wird es strafbar, weil es
in dieselbe Kategorie fällt wie einiges, was dem Tier definitiv schadet - was aber im Grunde durch das TSchG auch schon abgedeckt wäre (und noch besser abgedeckt werden
könnte). So weit, so gut.
"Wo gehobelt wird, fallen halt Späne. Wer solche widerlichen Neigungen hat, hat halt irgendwo auch selbst Schuld" würden energische Befürworter dann wohl sagen. Aber wo führt das im Extremfall hin?
Tierpornographie ist verboten, heißt es. Wenn jetzt
jede Art von S.exueller Beziehung zum Tier verboten ist - dann sind wir vielleicht irgendwann so weit wie in den USA, wo ganz normale Eltern von besorgten Fotolaborangestellten die Polizeit auf den Hals geschickt und die Kinder entzogen gekriegt haben, weil sie ihre Kinder nackig im Planschbecken fotografiert haben, oder es Bild gibt, wo ein Vater sein nacktes Kleinkind auf dem Arm in die Luft hebt... was ohne Zweifel eine eindeutig "S.exuelle" Pose ist, denn der Schniepel befindet sich dann auf Augenhöhe...
Und das trifft dann auch auf jedes Tierbild zu, denn rein theoretisch
könnte es geschossen worden sein, weil dem Fotografen beim Anblick grasender Hirsche im Wildpark ganz wuschig wird... wissen wir's? - NEIN!
Und ganz ehrlich: Ich finde, das geht auch niemanden etwas an, solange derjenige das für sich behält (und nicht aktiv im Wildgehege auslebt.)
Das ist bei Zoophilie nicht anders als bei jeder anderen S.exuellen Neigung. Homosexualität ist nicht mehr strafbar - eine homosexuelle Vergewaltigung ist genauso strafbar wie eine heterosexuelle. S.ex mit Minderjährigen kann strafbar sein - für homosexuelle wie für heterosexuelle Leute.
BDSM ist nicht strafbar, solange alles in vollem Einverständnis der Betroffenen geschieht. Passiert das nicht, liegt selbstverständlich eine Straftat vor.
Aber bei Zoophilie ist es jetzt eben so, dass sie
grundsätzlich strafbar sein soll. Hassemer stört das. Der würde gern auch hier
unterscheiden... nicht zwischen "einwilligungsfähigen" und "nicht einwilligungsfähigen" Opfern, was bei Tieren ja nicht geht, aber immerhin zwischen
wirklich geschädigten und
nicht geschädigten.
Darüber kann man sicher diskutieren, denn mir ist dieser Ansatz zumindest auch ein bisschen zu theoretisch. Ich denke, auch über das TSchG kann man nicht "besser" erfassen, ob ein Tier überhaupt wie auch immer geschädigt wurde (vor allem seelisch). Und ein Tier
kann im Grunde nicht einwilligen. Das
könnte für mich schon ein Grund sein, dann eben die ganze "Sparte" Zoophilie unter Strafe zu stellen.
Andererseits, wenn man den Satz ernst nimmt, dass es beim Strafrecht wirklich nur um "manifeste" Schäden geht - könnte man wirklich genauso gut argumentieren, dass es zumindest einige Bereiche der Zoophilie gibt, in denen die Tiere keinen erleiden (Leberwurst... der Hund wird das auch nie eklig finden und sich vermutlich nie missbraucht vorkommen, immer nur gut gefüttert)... was, sehr "puristisch" genommen, dann den Einsatz des Strafrechts
verbietet. Kein
Schaden = kein Grund für "Strafe" im Sinne des Strafrechts.
Und aus dieser Sicht gibt es dann eben für ein "komplettes" Verbot der Zoophilie keinen
strafrechtlichen Grund (aus der Sicht von H.) - es gibt aber seiner Ansicht nach durchaus Anlass zum Vorgehen gegen Zoophile, und im TSchG auch eine entsprechende Handhabe.
Wie gesagt: Ob ich ihm da komplett folgen möchte, weiß ich nicht. Ich finde es schon grundsätzlich bedenkenswert, ob nicht die Tatsache, dass auch ein mit Leberwurst gefütterter Hund ja im Grunde getäuscht und benutzt wird, und kein Tier aktiv und bewusst in S.ex mit Menschen einwilligen kann, ausreicht, um das Ganze unter Strafe zu stellen.
Weil einem Hund grundsätzlich mehr Rechte zustehen als einem Vibrator.
Andererseits befürwortet Hassemer die Zoophilie als solche aber nicht. Er meint halt nur, man müsse dem Phänomen
anders begegnen. Das ist seine Meinung, und ob er damit rein juristisch gesehen Recht hat oder nicht, kann ich nicht beurteilen. Wenn das neue Gesetz wirklich eben nicht mehr bleibt als ein juristisches Feigenblatt, und nicht durchgesetzt wird... fände ich das jedenfalls sehr bedauerlich.