Hallo,
habe ich das jetzt als Hirtenhund/HSH - Unerfahrene richtig verstanden: Was der Hund als Junghund kennen lernt wird als erwachsener Hund akzeptiert, was ihm fremd bleibt / er nicht kennt, wird potentiell abgewehrt? Und das auf eigenen Entscheidungen basierend?
Inwieweit kann man dann bei einem erwachsenen Hund (z.B. aus dem TS) da noch dran "drehen" - oder bleibt dem Halter dann lediglich die "Sicherung" bzw. Kontrolle des Verhaltens (wovor geschützt wird)?
Das würde ja erklären, weshalb auf Dörfern frei laufende Kangals (wie beschrieben) die dort herumlaufenden Menschen akzeptieren (kennen sie von Welpe an), hier in D aber bei vielen TH Kangals bei der Beschreibung steht, dass es Probleme mit dem Schutztrieb gibt? (In D lebt ein Hund "eingegrenzter"...kein ständiges Kommen und gehen...)
LG
Es gibt 2 Hauptmethoden im Herdenschutz.
Die traditionelle ist die wie in Anatolien, in den Bergen des Kaukasus, in Turkmenistan usw. Hunde werden im Dorf geboren, leben in der Gemeinschaft des Dorfes, werden so nebenbei auf Menschen, Haustiere usw. geprägt, mit diesen sozialisiert. Diese Hunde kann man in etwa mit unseren früheren Dorfhunden vergleichen, natürlich mit stärker ausgeprägtem Territorialinstinkt. Später kommen die Hunde an die Herden (auch nicht alle), lernen dort von den erfahrenen Hunden, Sozialpartner ist der Hirte, der in der Regel immer dabei ist. Gegenüber den Schafen sind diese Hunde gleichgültig, es finden kaum Sozialkontakte statt. Seitens der Schafe werden sie ignoriert. Alles, was sich dem Territorium der weidenden Herde nähert, wird abgewehrt, sobald eine gewisse Distanz unterschritten wird. Im Dorf kennen sie Menschen, Tiere, wissen, daß Besuch kommen kann (letztendlich auch Menschen) usw.
Die moderne, modifizierte Variante geht völlig anders vor. Hunde werden während der Prägephase zu den späteren Nutztieren gebracht, Menschenkontakt ist auf minimale Aktionen beschränkt, sollte möglichst nur seitens des Schäfers, Farmers, was auch immer, erfolgen. Das führt dazu, daß so geprägte Hunde stark an die Nutztiere gebunden werden, sie als ihre Sozialpartner anerkennen. Auf Menschen wird dann eher zurückhaltend, meidend, reserviert, reagiert. Ergebnis ist, daß die Hunde, die später mit der Herde allein sind, Demutsgesten gegenüber den Schafen ausführen (Lefzenlecken, auf den Rücken werfen usw.). Ist natürlich eine Einbahnstrasse, denn Schafe können dies überartlich nicht. Diese Hunde leben in der Regel auch in der Freizeit an der Herde, im Stall, wo auch immer.
Beides sind Arbeitslinien, doch mit völlig anderen Beziehungen zu Herdentieren und Menschen, der Unterschied ist die Gestaltung der wichtigen Phase der Prägung. Die Weichen, die hier gestellt werden, gelten für das ganze Hundeleben.
Je nach Einsatzort haben beide Varianten ihre Berechtigung und Vorteile.
Erstere kann man problemlos in eine Haltung als Famiilenhund integrieren, letztere werden hier problematisch sein.