Was mir hier in Luxemburg sehr gut gefällt, ist, dass es egal ist, welcher Religion man angehört oder auch nicht. In Chris Firma arbeiten mindestens 30 Nationen und da spielt die Religion keine Rolle. Wenn man es nicht am Outfit erkennt (was eher selten ist), weiß man oft gar nicht, ob und welche Religion der Kollege/in hat. Das ist in den Schulen/Vereinen und in den Nachbarschaften usw. ähnlich und liegt wohl mit daran, dass es einerseits eine strikte Trennung von Religion und Staat gibt und Luxemburg andererseits ein Einwanderungsland ist.
Wobei 98% der Bevölkerung römisch-katholisch sind.
In unserer Straße leben Menschen von allen 5 Kontinenten. Ich habe von keinem eine Ahnung, ob und welche Religion er hat, obwohl ich oft mal mit Nachbarn plaudere.
Es gibt in Luxemburg-Land 2 jüdische, recht große Gemeinden und eine der besten und deshalb immer überlaufenen Brasserien in Lux-Stadt ist koscher.
Antisemitismus ist mir hier noch nicht begegnet, in Deutschland hingegen schon.
Unwissenheit spielt bei uns auch mit.Klingt sehr angenehm.
Im ländlichen Raum erlebe ich es ähnlich. Im Schützenverein, der Nachbarschaft oder bei einer Gesellschaftsjagd fragt niemand danach. Man kann jemanden seit Jahren kennen und sehr schätzen, aber nicht wissen welcher Konfession er angehört. Wobei ich ehrlicherweise sagen muss, dass viele einfach davon ausgehen, dass man evangelisch ist.
Leider erlebe ich im ländlichen Raum sehr viel Unwissenheit. Wenn das Thema Judentum doch einmal aufkommt und niemand um dich weiß, das ist schon interessant, was man dann hört. Vor allem nch dem 3. Bier.
Unwissenheit spielt bei uns auch mit.
In unserer nächst grøßeren Stadt gab es einen Ort an dem manchmal Leute mit Käppchen rumliefen. Klar, Juden, dachte ich.
Einer unserer Pferdepfleger interessierte sich für andere Religionen und insbesondere das Judentum. Ich sagte ihm, ich weiß wo es eine jüdische Gemeine gibt und kann mit ihm hingehen.
Na ja, wir gingen hin und ich fange an "Hallo, der Z. interessiert sich für euren Glauben. Ich sah, dass hier jüdische Leute rumlaufen. Kann er sich das mal anschauen?"
Es kam heraus, dass es Moslems waren, die aber auch Käppchen trugen. Der Z. zieht mich bis heute damit auf, wir doof die Männer da geschaut haben und nicht wussten ob ich es ernst meine oder sie veräppeln will......
Luxemburg ist halt ein Dorf
500.000 Einwohner im ganzen Land. In der Hauptstadt leben ca. 90.000 Menschen.
Was hier natürlich noch hinzu kommt, ist, dass die Erinnerung an die Befreiung Luxemburgs durch die Amerikaner unter General Patton sehr wachgehalten wird. Überall stößt man auf Erinnerungen: Viele Straßennamen erinnern daran, ein echter Panzer mit einem Monument von Patton, ein Friedhof...
Auch das Leid der Luxemburger Juden zu der Zeit wird deutlich gemacht. In unserer Gemeindeverwaltung liegt eine kostenlose Druckschrift aus und beschreibt, welche Ettelbrücker deportiert wurden und was ihr Schicksal war.
Sowohl die nichtjüdische Bevölkerung als auch die jüdische Bevölkerung waren Opfer des Naziregimes.
Es gibt eine rechte Partei hier, die aber eher müde belächelt wird. Ihr Programm richtet sich gegen die Überfremdung von Luxemburg und macht sich nicht an einer Bevölkerungsgruppe fest. Eine ihre Forderung ist, dass alle luxemburgisch sprechen müssen, die bleiben wollen. Es gibt hier 2 Amtssprachen (französisch und deutsch) und eine Landessprache (luxemburgisch).
Ich spreche französisch und deutsch und fand das bisher ausreichend, um mich gut zu integrieren. Aber es ist schon richtig, dass viele ältere Zugewanderte luxemburgisch nicht sprechen und das eigentlich die Alltagssprache ist. Um sich einzubürgern, muss man allerdings einen Sprachkurs machen und Kurse über die Luxemburger Geschichte, Politik, Gemeinwesen besuchen.
Zum Schluss gibt es eine Prüfung vor ein paar "Richtern", die dann entscheiden, ob die Sprachkenntnisse den Vorgaben genügen. Wenn ja, wird mann oder frau eingebürgert.
Was hier wirklich sehr gut ist, ist das Schul-und Betreuungssystem. Schulpflicht beginnt mit 4 Jahren und es wird überlegt, das sogar auf 3 Jahre herunter zu setzen. Wenn die "richtige" Schule mit 6 Jahren beginnt, haben alle Kinder ein gutes Sprachniveau.
Luxemburg ist halt ein Einwanderungsland und hat sich gut darauf eingestellt.
Luxemburg ist halt ein Dorf
500.000 Einwohner im ganzen Land. In der Hauptstadt leben ca. 90.000 Menschen.
Was hier natürlich noch hinzu kommt, ist, dass die Erinnerung an die Befreiung Luxemburgs durch die Amerikaner unter General Patton sehr wachgehalten wird. Überall stößt man auf Erinnerungen: Viele Straßennamen erinnern daran, ein echter Panzer mit einem Monument von Patton, ein Friedhof...
Auch das Leid der Luxemburger Juden zu der Zeit wird deutlich gemacht. In unserer Gemeindeverwaltung liegt eine kostenlose Druckschrift aus und beschreibt, welche Ettelbrücker deportiert wurden und was ihr Schicksal war.
Nationalistische Bestrebung und Denkmuster in Eigen- vs. Fremdgruppe sind in einem Zuwanderungsland sicher schwierig umzusetzen.
Gibt es diese ausgrenzenden Gedanken gegenüber nicht europäischer Menschen? Das erlebe ich in Ländern die zwar von Zuwanderung geprägt, aber westlich orientiert sind. Wenn man schon nicht in Nationen und Religionen abgrenzen kann, dann zumindest in Kontinenten und Rassen.
In der aktuellen Flüchtlingsdebatte sorgt das in manch einer multikulturellen Gesellschaft für Fremdenfeindlichkeit. Man hat nichts gegen die jüdische Gemeinde der Stadt, den französischen Nachbarn oder den thailändischen Restaurantbesitzer. "Aber diese ganzen Schwarzen, die müssen ja nun wirklich nicht hier her." Gibt es das in Luxemburg?
Ich will das Erinnern nicht abschaffen. Aber vielleicht wäre es sinnvoller statt dem 10. Mal 2WK im Geschichtsunterricht ein paar Juden kennenzulernen.
Dann tue ich dem deutschen Bildungssystem unrecht.
Bei meinen Kindern war es anders. 1x Integrierte Gesamtschule, 2x Gymnasium. 2WK und Holocaust bis zum abwinken, inklusive Geschichtsverklärtheit (Stauffenberg ein Held) und mehrerer Gedenkstättenbesuche. Eine bei der ich am nächsten Tag beim Rektor war. Viel zu früh meiner Ansicht nach, 5. oder 6. Klasse, Bergen-Belsen, sagt der Lehrer zu meinem Sohn, dort habe man "Menschen wie ihn" ermordet.
Davor etwas Französische Revolution, danach ein wenig unreflektiert RAF und dann der Sprung in die heutige Zeit. Gewaltenteilung, Bundestag. Kein Wort zum kalten Krieg oder der DDR.
Bei den Zwillingen am Gymnasium waren sie ganz versessen auf die Weimarer Republik. Aber sehr versteift auf die Eckdaten. Ich erinnere mich an eine Klausur, vor der meine Tochter geweint hat, weil sie das Gefühl hatte, all die Daten nicht auswendig lernen zu können. Es ging nur um Daten. Wann, was, welche Gebiete gingen an wen, Zahlungen in welcher Höhe, an welchem Tag, in welcher Stadt.