@Cira
"Lebensstandard" ist nicht gleich "Einkommen".
Und ich berechne nichts, ich vergleiche. Nur einfach deutlich andere Zeitpunkte als du.
(Einen "Lebenstandard" kann man auch gar nicht berechnen, das Einkommen schon.)
Wenn du ab Einführung des Euro zählst, oder vorher/nachher vergleichst, würde ich z.B. sagen: Das Lebensgefühl (und die Lebensqualität) wurde mit dem Euro schlagartig deutlich schlechter, weil vieles deutlich teurer wurde. Ich hatte damals
nicht das Gefühl, tausende Leute in meiner Umgebung seien nun schlagartig mindestens um eine finanzielle Kategorie abgerutscht und hätten einen Klassenverlust erlitten, aber es ging finanziell schon deutlich weniger als vorher. Es war alles noch da, aber die Anschaffung wurde schwerer, die Intervalle zwischen Neuanschaffungen wurden größer - und zumindest das Lebensgefühl hat sich seitdem mehrmals nach kurzen Plateaus und moderater Erholung stetig bergab bewegt...
Und lebensstandardmäßig - wie
ich ihn bewerte, also, so die Hintergrundwerte (Besitz, Wohnraum, medizinischen Versorgung) - hat sich seitdem nicht arg viel getan. Es wurde - vielleicht - sogar wieder etwas schlechter, als es kurz vor dem Euro gewesen war, es wurde aber auf jeden Fall in den letzten 15 Jahren auch nicht mehr wirklich
besser. Mein Gefühl ist da allerdings eher Stagnation als Abwärtsbewegung. Das kann aber ja durchaus schon reichen, damit eine größere Gruppe nicht mehr von irgendwelchen Verbesserungen profitiert und auf einem Niveau stagniert, das sie nicht erträglich findet.
Für mich gibt's aber eben auch eine Zeit davor, und im Vergleich
dazu stehen wir jetzt (trotz allem) als Gesellschaft komplett
immer noch nicht allzu schlecht da.
Wenn du jetzt dazu sagst: "Dafür kann ich mir heute auch nix kaufen!" - hast du natürlich völlig Recht.
Aber mir geht es da wie
@helki und auch wie
@Crabat : Es gibt genügend Leute, die so argumentieren, und damit rechtfertigen, dass sie "keine Fremden im Land wollen", und "nix abgeben wollen" und "Lieber Leute wählen, die das genauso sehen und finden, dass man sich um Inländer zuerst kümmern sollte, aber bitte nur die in der x-ten Generation, weil es denen so schlecht geht und die keine Lobby haben, und die eigentlichen Opfer sind..." - Und die wählen dann Trump oder LePen oder AfD.
Und wenn ich das höre, und dann sehe, wie Leute anderswo auf der Welt leben müssen, und eben ausdrücklich auch, wie wir sellbst noch vor 20, 25 Jahren gelebt haben und
jetzt leben - dann denke ich mir schlicht: "Tickt ihr alle noch ganz sauber?"
Ja, ich weiß, das ändert auch nichts... und es ändert ja auch nichts daran, dass es den Leuten hier auch
nicht gut geht - den Armen nicht, weil sie arm
sind, mit allen Anstrengungen und Belastungen, die das so mitbringt, und nicht wirklich eine Lobby haben (wenn du mich fragst, tatsächlich weder rechts noch links), und den
gefühlt Benachteiligten, weil sie sich einfach schlecht
fühlen und voller Ängste und Misstrauen stecken wie meine neurotische rechts-ausliegende Verwandtschaft...
Aber man muss doch einfach nur mal die Augen aufmachen und hinsehen, wie es anderswo zugeht, wie wenig die Leute teilweise haben, womit sie auskommen müssen und was ihnen zugemutet wird, um -
bei allen Missständen, und bei allem Änderungsbedarf -
froh und dankbar zu sein, dass wir alle
hier leben können, in einer Oase von Frieden, relativer Sicherheit und so viel Wohlstand, dass es z.B. Slums aus Pappkartons nicht gibt und im Grunde so gut wie jeder medizinisch versorgt wird.
Und fang jetzt nicht wieder mit "die Armen..." an. Im Vergleich zu einem Slumbewohner in Indien, oder auch einem US-Bürger ohne festes Einkommen, geht es auch denen nicht so schlecht. Und genau darum ging es doch am Anfang.
Warum guckt jeder immer nur auf das, was er noch nicht hat, und gönnt dann dem nebenan, dem es noch schlechter geht, nicht die Butter auf dem Brot, statt auf das, was er
hat?
Ich würde hier definitiv nicht alles "fucking fantastisch" nennen
, aber ich bin dankbar, dass es tatsächlich immer noch so einigermaßen läuft. Also, nicht nur für mich - sondern für das Staatswesen als solches.
Ich will nicht in Russland leben. Ich will nicht in den USA leben. Ich will aufgrund des Gesundheitssystems ganz bestimmt nicht bei den Briten leben.
Ich finde, dass man hier einiges ändern muss. Aber ich wähle dafür ganz bestimmt nicht die AfD. Für mich sind die keine Alternative. Und sie bieten ja eigentlich auch nicht wirklich eine Lösung an.