Muss mich mal ausheulen

Da hat mich wohl die Sommerdepression voll erwischt, mir steht`s im Moment einfach nur bis Oberkante Unterlippe....

Nach meiner Scheidung hab ich als "Büromensch" durch Zufall einen Arbeitsplatz in einem Alten- u. Pflegeheim bekommen und ich bin auch eigentlich ganz glücklich dort, da ich diesen Beruf ja nicht gelernt habe, hab ich mit der eigentlich Pflege ja nichts zu tun, sondern mehr mit der Essenausgabe, Wäsche verteilen, Speisesaal, etc.
Schlimm fand ich das Leben der alten Leutchen schon immer, aber im Moment kann ich das ganze Elend einfach nicht mehr ertragen.

Schönes Wetter, Leute draussen?? Nix gibt`s, keine Zeit dazu, manche laufen ja weg und müssen unter Aufsicht stehen. Die eine Frau, weit über 90, war den ganzen Nachmittag um mich rum und wollte dauernd raus auf die Terasse, nur hab ich ja nicht ständig Zeit, da ein Auge drauf zu haben. Also die Schwester gefragt, ob sie raus darf alleine; da hatten wir dann die Frage, sollen wir sie rauslassen auf die Gefahr hin, dass sie auf einmal weg ist, oder bekommt sie Medikamente,d.h. sie wird ruhiggestellt und ins Bett gesteckt, damit sie nicht aus dem Zimmer rausgeht
Stellt euch mal vor, ihr habt auf irgendwas Appettit und wirklich nie mehr die Möglichkeit, dieses zu essen! Das was es an diesem Tag gibt, wird gegessen, Ende, hat jemand keine Verwandschaft mehr, die ab und an was gutes mitbringt, hat er halt Pech gehabt....

Wenn ich die Wäsche in den Zimmern verteile, liegen da wirklich mit Haut überzogene Skelette, verkrümmt, seit Jahren im Bett liegend, manche wirklich schon seit 15 Jahren und du hörst keinen Ton, keine Bewegung, nur die Augen folgen jeder Bewegung von dir und das ist das was mir zur Zeit wirklich den Schlaf raubt, diese Augen, die dich ansehen und wo du wirklich lernst, was es heisst zu leiden.
Jedem Tier würde man helfen in Frieden zu gehen, aber als alter Mensch bist du absolut anderen ausgeliefert.

Sollte man wirklich irgendwann mal einen Wunsch freihaben, dann möchte mich bitte der Schlag treffen und alles soll ganz schnell vorbei sein, nur nicht dieses dahin vegetieren..

Naja, musste mal raus und ab heute hab ich mal eine Woche frei

LG
Patricia

PatriciaTh. schrieb:

Schönes Wetter, Leute draussen?? Nix gibt`s, keine Zeit dazu, manche laufen ja weg und müssen unter Aufsicht stehen. Die eine Frau, weit über 90, war den ganzen Nachmittag um mich rum und wollte dauernd raus auf die Terasse, nur hab ich ja nicht ständig Zeit, da ein Auge drauf zu haben. Also die Schwester gefragt, ob sie raus darf alleine; da hatten wir dann die Frage, sollen wir sie rauslassen auf die Gefahr hin, dass sie auf einmal weg ist, oder bekommt sie Medikamente,d.h. sie wird ruhiggestellt und ins Bett gesteckt, damit sie nicht aus dem Zimmer rausgeht

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Hi Patricia,

gibt es bei Euch keine "beschützende" Abteilung ??? Bei uns schon und dort ist meine Oma untergebracht. Sie läuft auch weg. Aber in dieser Abteilung kann sie sich frei bewegen und sie haben auch einen Park, indem sie spazieren gehen können mit Rasen, Wegen, viele Bänke, Bäume und nen Brunnen !!!! Diese Frau, von der Du da erzählst sollte dringend in die richtige Abteilung bzw. ins richtige Heim gebracht werden !

Ansonsten: Ja, es ist hart in so einem Heim zu arbeiten. Und ich bewundere jeden, der die Kraft dazu hat !

Hi Patricia ,
oh ja ich weiß genau was du meinst .
Ich habe auch erst viele Jahre in einem Altenheim gearbeitet und anschließend in der häuslichen Krankenpflege , beides ist äußerst frustrierend .

Irgendwann hatte ich mir angewöhnt , überall nur noch mit einem strahlenden Lächeln auf den Lippen reinzukommen , so wurde ich bald der Sonnenschein für "meine" Alten .
An den Zuständen wird man kaum etwas ändern können , man kann kann da nur individuell etwas verbessern .
Mal ein Spaziergang mit einer alten Dame , mal ein Körbchen Erdbeeren die mal verteilt .
Eine Hand die man hält wenn mal wieder Tränen der Einsamkeit fließen ..................
Natürlich tut einem das selber auch sehr weh , aber versuche doch mal etwas anders darüber zu denken .
Wenn du jemanden die Hand beim sterben hälst , empfinde ich immer so etwas wie Dankbarkeit , daß gerade ich ihn über diese Brücke geleite ..................
Die ganz kleinen Dinge sind es gerade in der Pflege , die einem auch selber Bestätigung geben .
Oberflächlichkeit und Kaltschnäuzigkeit gehören da einfach nicht hin , diese Arbeit muß man einfach mit Liebe machen .
Und wenn du Essen ausgibst , ist es vielleicht das liebevoll dekorierte , das besonders mundgerecht geschnittene , das ordentlich hingelegte Salatblättchen ......... die im Gedanken lieben Wünsche die das Essen begleiten ,........... es sind wirklich nur die Kleinigkeiten !
Versuchs nach deinem Urlaub mal ..................

Hallo,

@shikoku: beschützende Abteilung? Sowas können wir nicht, kein Personal, das ist dann in einem anderen Heim, wo sie hinkommen, wenns bei uns nicht mehr geht, aber da ist nix mit frei bewegen oder Park, da ist dann wirklich Endstation....

@ Heidi: liebevoll dekoriert?? Bei uns kursiert der "Witz": die sollen überleben, nicht satt werden, ist so ne Art Galgenhumor, aber wir versuchen mit dem wenigsten das beste zu machen, auf der Arbeit bin ich ja auch immer gut gelaunt, aber manchmal überkommts einen dann zuhause, so wie heute...

Ach ja, Sterbebegleitung? Morgens liest du dann im Nachtwachenbuch: Frau X um 4.30 hr tot im Bett gefunden.....

Das ist ja furchtbar ...........

PatriciaTh. schrieb:

@ Heidi: liebevoll dekoriert?? Bei uns kursiert der "Witz": die sollen überleben, nicht satt werden, ist so ne Art Galgenhumor, aber wir versuchen mit dem wenigsten das beste zu machen,

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Böse!
Aber das haben wir wohl mehr der Politik als den Heimen zu verdanken, dass es den Alten dort meist nicht gut geht.

Birgit , daß sehe ich etwas anders da ich auch Einblicke in die Geschäftpolitik habe .

Nein die profitgierigen "Herren" die dahinter stecken , das ist das Problem .
Ich denke bei einem Schnitt von 3000 € im Monat , sollt satt werden doch wohl drin sein , oder ?

Ich kenne vorbildlich geführte Heime , die auch sehr gut leben und den alten Menschen geht es dort gut , so gut wie es in einem Heim halt möglich ist .

Häusliche Pflege würde ich immer vorziehen , die eigenen 4 Wände sind immer noch das Beste .

Dort wo Patricia arbeitet ist ja wohl das allerletzte !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Allerdings muß ich zugeben , daß ich aus so einem Haus schon achtkantig rausgeflogen bin , weil ich die Klappe nicht gehalten habe und aufmüpfig wurde , als es um das Recht "meiner" Alten ging .......... , nein Missstände würde ich nie hinnehmen , allerdings sollte man sich vorher sicher sein , daß man dann im Hintergrund schon einen anderen Arbeitsplatz hat ..............

Hmm, doch sooo übel?
Ich habe ja keine Ahnung davon, erstmal habe ich noch nie damit zu tun gehabt und dann sehe ich naiverweise auch immer das Gute im Menschen .
Stehen diese Heime nicht unter der Überwachung von Behörden?
Gibt es da nicht sowas wie einen Verwandtenbeirat (stell mir das so vor, wie den Elternbeirat in Schulen), wo engagierte Verwandte der alten Leute mal ein Auge auf die Zustände haben?
Und warum fällt das den Verwandten eigentlich nicht auf?
Eine anständige Kost ist doch nun wahrlich nicht so schwer bereitzustellen. Gerade alte Leute essen meist zu wenig Obst, trinken zu wenig, da muss man doch was Anständiges anbieten.
Herr im Himmel bewahre mich davor, eines Tages in so einem Heim zu landen!

Ja die Überwachung sieht so aus :
Viele Heime unterliegen der Stadt oder dem Landkreis ............. mehr brauche ich ja wohl nicht zu sagen , oder ? (eine Krähe der anderen ...ecta.)

Ja natürlich gibt es z.B. Altenbeiräte oder auch die grauen Panther , in den Heimen wo es sowas gibt , wird es halbwegs ordentlich zugehen , aber auch nicht immer .
Hinter den Kulissen wirst du als Aussenstehender NIE blicken können .
Ein freundliches helles sonniges und sauberes Zimmer/Haus sagt absolut NICHTS aus !!!!!!
Aber wenn du jemanden hast der in der Pflege arbeitet und dem du vertraust , dann kannst du sicher sein , daß es deinem Angehörigen in diesem Heim auch gut geht , nicht wegen Vitamin B , sondern wegen der Erfahrung die man in Laufe seiner Berufsjahre sammelt und man es daher einfach weiß , wie es in den einzelnen Häusern zugeht .
Ich persönlich würde mich wirklich nur an der Führung des Hauses orientieren , niemals an einem Kollegen den ich vielleicht nicht mag , auch hierauf muß man noch achten .

tja, wie gerne würde ich manchmal den Mund aufmachen, aber wenn Du zwei Kinder zu versorgen hast, überlegt man sich das dann, man ist ja auf den Job angewiesen.

Dafür besch.... ich die dann auf meine Art , ich hoffe mein Chef liest nicht mit, aber der hasst alles was vier Beine hat, die Gefahr dürfte also nicht bestehen.
Frisches Obst gibts 1x die Woche, ansonsten müssen sich die Leute alles noch von ihrem mickrigen Taschengeld kaufen, aber ich bin da äusserst großzügig und wenn die mit 1 € bezahlen, bekommen die immer 1 € Wechselgeld von mir zurück, so einfach ist das, weil ich das einfach nicht übers Herz bringen, denen für einen Apfel auch noch Geld abzuknöpfen, sollte das irgendwann mal rauskommen, bin ich halt dran, aber dafür kann ich mich noch im Spiegel anschauen.
Hauptsache die Verwaltung bekommt ständig neue Sachen wie Bürostühle, PC`s etc, die leben da oben wie Gott in Frankreich, die müssten meiner Meinung nach alle mal 4 Wochen auf Station, damit sie wissen, wovon sie reden.

Am Anfang ist man noch voller Elan, jetzt schiebt man nur noch Dienst nach Vorschrift, denn du sollst immer mehr leisten für immer weniger Geld, die Fluktuation unter dem Personal ist immens, ich gehöre mit meinen 5 Dienstjahren schon zum alten Eisen.
Ansprüche stellen darfst du keine, aber wenn um halb sechs das Telefon klingelt, obwohl du frei hast, sollst du natürlich freudestrahlend die Kinder alleine zu hause lassen und zur Arbeit flitzen. Meine Überstunden als Teilzeitkraft, davon könnte ich ein ganzes Jahr zu Hause bleiben.

Aber dafür haben sie uns jetzt das Urlaubsgeld gestrichen, weil wir kurz vor der Pleite stehen, ist doch auch nett. Gestern war Betriebsfeier..... die ist dann ausgefallen weil keiner Lust hatte, sich da sehen zu lassen und mit der Verwaltung schön Wetter zu machen.

LG
Patricia

Ich bin jetzt einfach zu müde,um all das auf zuschreiben was ich erlebt habe.
Wie mit alten kranken hilflosen Menschen um gegangen wird.
Ich bin aus gestiegen aus diesem Beruf.Wollte so gern etwas anderes machen.
Bin nur leider zu alt lt. AA. Und da ich nichts anderes gelernt habe,werde ich in diesen Beruf
den ich erlernt habe exam. Altenpflege und Betreuerin wieder zurück müssen.
Ganz ehrlich, ich habe Angst davor

Patricia, deshalb pflege ich meine Oma in ihrem alten Umfeld.
Solange ich es schaffe bleibt sie bei uns.

Es ist einfach zum ko****, daß das Pflegepersonal in den Altenheimen unterbezahlt, unterbesetzt und evtl. auch deswegen demotiviert ist

Gerade die älteren Menschen haben ihr Leben lang gearbeitet. SIE waren es, die uns unser heutiges Leben ermöglicht haben.
Nicht daß wir ihnen Dank schulden. Das meine ich jetzt nicht.
Es sollte selbstverständlich sein, sich vernünftig um sie zu kümmern.

watson

watson schrieb:

Patricia, deshalb pflege ich meine Oma in ihrem alten Umfeld.
Solange ich es schaffe bleibt sie bei uns.

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Dito! War bei uns (bzw. bei unseren Nachbarn bei denen ich halbeingezogen bin ) bis letztes Jahr sie starb im November 2003. Zuerst war sie im Altenheim aber dort fühlte sie sich überhaupt nicht wohl! es war schrecklich. Also holte unsere Nachbarin sie ihre Großtante dort raus sie wurde dann 3 Jahre zuhause gepflegt bis sie starb. Ich glaub für einen alten Menschen ist es am schönsten wenn man bei seiner eigenen Familie sein darf am Leben dieser teilnehmen und bei Ihnen in Ruhe sterben kann.

LG Veilchen

Ich sehe das bei meinen Besuchen im Altenheim, wenn ich mit Joker dahingehe (Therapiebegleithund). Für 55 Betten gibt es gerade mal pro Schicht drei Leute, in der Nachtschicht sind es nur noch zwei. Die Schwestern können nicht mehr, da sie jetzt sogar ihre Arbeitszeiten aufschreiben müssen, z.B. wie lange sie für den einzelnen Arbeitsvorgang brauchen.