Ich kann mich Anaschia nur anschließen.
Unter anderem eben auch:
Vertrauen am Napf erarbeiten, indem man eher noch etwas zugibt, als etwas raus oder den Napf wegnimmt.
So merkt der Hund: Kommt die Hand zum Napf, kommt was Gutes. Ich habe meine als sie gelernt hatte, ruhig zu sitzen und zu warten auch dann und wann zuschauen lassen, wie ich ihren Napf auf dem Boden fülle und sie dann erst auf Kommando rangelassen. Nicht um sie mit dem Warten zu gängeln, sondern um ihr die Erfahrung zu ermöglichen, WAS da eigentlich passiert, wenn ich an ihrem Napf dran bin. Später dann schon während des Füllens mit rangelassen, damit sie sich an meine Hand im Napf gewöhnen kann. Vorher habe ich und mache ich auch heut meistens, den Napf aufgenommen und auf der Küchentheke gefüllt, weil's halt bequemer ist. Da sieht sie halt nicht, was ich mache.
Ich finde aber generell in Sachen Napf: Man muss grad sowas auch nicht bis zum Erbrechen üben. Irgendwie verschliesst sich mir der Sinn dabei, weil es ja eigentlich da keine Gefahrensituation zu üben gibt. Wozu also ständige Fuhrwerkerei am Napf.
Grad wenn ein Hund zum Schlingen neigt, kann das auch ein Zeichen dafür sein, dass er sich ständig unsicher ist, ob er auch genug Zeit zum Aufessen bekommt. Speziell solchen Hunden sollte man beim Essen einfach Ruhe gönnen und ggf. lieber "Slow-Feeder" Systeme zurückgreifen, bei denen man selber seine Finger ganz aus dem Spiel lassen kann.
Oder vielleicht einen Versuch wert: Mahlzeiten mehr aufteilen und mal schauen, ob das besser bekommt.
Auch eine Idee bei gierigen Fressern, um die Schlingerei etwas zu bändigen: Man kann aus dem Essen ein Suchspiel machen. Ich mach das mit Mila auch manchmal, aber eher um sie noch etwas zu beschäftigen. Dann muss sie sich kleine Portionen im Haus suchen. Zwingt gleichzeitig auch zum langsamer essen und der Hund hat was zu tun. ABER auch hier wäre in diesem Fall ganz wichtig, dass die Vorbereitung in der man Hand anlegen muss ohne den Hund stattfindet und der dann anschliessend das Suchen und Essen erstmal alleine und ganz in Ruhe machen kann. Erst wenn er die Schüsseln wirklich selbst als leer erkannt und verlassen hat, werden die weggenommen.
Ansonsten war das bei uns ganz genauso wie Anaschia beschreibt, dass eigentlich die ganzen Abläufe, speziell rund um's Füttern, Kaubeschäftigung, Anfassen üben usw. vielfach einfach Teil des Tagesablaufs waren und nicht ständig in irgendwelchen Sessions extra trainiert wurden oder dass ich bei JEDER Situation darauf gepocht habe, dass der Hund Gehorsam in der Form zu zeigen hat, dass er sich EXAKT verhält, wie ich das erwarte. Ich glaube, bei so viel Druck würde jeder Hund irgendwann grummelig oder er zieht sich zurück, was auch nicht schön wäre.
Zum Zusammenleben gehören Verständnis, Planung und auch gutes Timing.
So sollte man eben auch Abläufe ein bisschen planen und den Knochen nicht 5 Minuten, bevor man los muss geben, usw. (will nicht drauf rumreiten, ist nur nochmal als Beispiel).
Trainings-Sessions haben und machen wir bis heute wir als Beschäftigungs- und vor allem FUN-Programm für Mila. Dabei lernt sie spielerisch und auf positive Weise jede Menge Dinge, die im Alltag sehr wertvoll sind. Eine Zeitlang haben wir dabei ganz verstärkt Spiele mit weniger wichtigen Gegenständen mit Bringen und Abgeben gemacht. Beim Training ist das auch immer Tausch.
TAUSCH ist wichtig im Hundeleben, das muss man sich ins Hirn stempeln. Später kann Tausch auch eine herzhafte Umarmung oder ein Lob sein. Aber besonders bei sehr futterorientierten Hunden geht Tauschen natürlich erstmal durch den Magen. So gewöhnt sich der Hund ans Abgeben und lernt, dass es nicht immer gleichbedeutend mit Verlust ist.
Man muss sich einfach mal in die kleine Lebenswelt des Hundes hineinversetzen und kurz überlegen, wie man vielleicht instinktiv selber reagieren würde (vielleicht am besten verglichen mit Kindern, was ja gar nicht so weit her geholt ist).
So kommt man eigentlich auch von ganz allein recht schnell dahinter, wieso Dinge wie einfach nur Wegnehmen Aggression eher fördern. Und auch andere "Fehler", die man macht, erkennt man so recht gut, wenn man sich davon löst, ein Verhalten des Hundes als ungehorsam zu interpretieren, und eher mal genau hinschaut, was diese Reaktionen eigentlich auslöst.
Auch Knurren und Abschnappen sollte man beim Hund richtig bewerten. Der Hund hätte immerhin jederzeit die Möglichkeit, richtig arg zuzubeissen und uns schwer zu verletzen, wenn er sich durchsetzen will. Tut er aber nicht. Er weicht vielleicht aus, duckt sich und/oder knurrt, sprich er warnt. Er zeigt also mit etlichen Verhaltensweisen erstmal nur an, dass ihm die Situation grad sehr unbehaglich ist. Fühlt er sich weiter eingeengt, dann kann es passieren, dass er abschnappt. Das kann mal weh tun und auch 'nen Kratzer geben, ist aber oftmals nichtmal 25% von dem, was eigentlich passieren KANN, wenn der Hund wirklich ernst machen würde.
Nun soll das kein Credo dafür werden, dass man den Hund machen lassen muss, was er will und sich sogar noch beissen lassen muss.
Natürlich nicht.
Aber es ist wichtig, zu verstehen, dass der Hund mit Knurren und Abschnappen seine begrenzten Möglichkeiten nutzt, um Emotionen zu äussern, und dabei eben in aller Regel - auch wenn es sich vielleicht sehr aggressiv anhört - sogar noch moderat ist.
Was er uns damit vor allem zeigt in dem Augenblick ist, er fühlt sich in die Enge getrieben, er hat Stress.
Reagieren wir darauf mit Druck, oder z.B. damit, dass wir darauf bestehen, dass der Knochen abgegeben wird, vergrößern wir nur den Stress. Wiederholen wir das immer wieder - auch mit verschiedenen Gegenständen - verstärken wir den nur noch Stress weiter und bringen den Hund ständig in eine "Verlust-Situation". Wir bieten keinen Ausweg, sondern erhöhen im Gegenteil die Wahrscheinlichkeit, dass der Hund irgendwann einfach keinen anderen Weg mehr sieht, als nach vorn zu gehen. Manche sind da von Charakter her auch schneller bei als andere, das ist halt auch ne Typ-Sache, Menschen sind ja auch unterschiedlich.
Mila tritt sich gelegentlich so kleine Pieks-Pflanzen beim Spielen in den Fuss ein. Das tut ihr offensichtlich sehr weh und gleichzeitig sind die immer so tief drin, dass wir da immer in einer haarigen Situation sind: Sie zeigt, sie möchte mir vertrauen, aber ihre Angst vor dem Schmerz ist größer. Und gelegentlich knurrt und zwackt sie dann auch schonmal leicht in meine Finger. Da muss ich dann einfach schnell sein. Wenn das nicht ginge, müsste für solche Situationen eben ein Maulkorb drauf.
Wo Training und Vertrauen (noch) nicht wirken, muss man eben managen. Ein Hund ist keine Maschine.
Ich dusche Mila oft ab, weil sie viel im Pool schwimmt. Manchmal kommt es vor, dass sie mich anbrummt (Knurren mag ich das gar nicht nennen, aber sie äussert Unbehagen), wenn ich sie am Bauch wasche.
Ich reagierte anfangs zwar mit einem "Heeeey, was soll DAS denn???" Aber ich versuchte auch gleich, herauszufinden, warum sie brummt. Erst dachte ich ihr tut etwas weh. Schliesslich merkte ich: Wenn sie nötig muss und ich sie da wasche, dann ist das anscheinend unangenehm für sie. Nun lasse ich sie immer nochmal schnell raus bevor wir duschen: Problem gelöst.
Sie brummt auch hier und da mal bei anderen Situationen, in denen sie Unbehagen ausdrücken möchte. Sie weiss, sie darf das und ich schaue dann, wo es hakt. Da ist nichts Aggressives dran. Wir kommunizieren in dem Moment. Und solche Situationen eskalieren bei uns auch nicht, sondern sind ganz im Gegenteil immer eine super Gelegenheit, sich mal wieder gegenseitig zu zeigen, dass man sich auch in schwierigen Situationen versteht.
Ich denke, bevor ihr mit attraktiven Gegenständen üben könnt, müsst Ihr erstmal an Eurem Vertrauensverhältnis noch ein bisschen arbeiten - da sehe ich auf beiden Seiten noch viel Spielraum.
Dinge mit denen es kritisch wird, GIBT es dann notfalls solange eben nicht, bis Ihr das im Griff habt. Die werden ja nicht schlecht und sind auch in einigen Wochen oder Monaten noch wunderbare Spielzeuge.
Wenn Du Angst davor hast, dass der Hund am Kauzeug erstickt und Du es ihm nicht abnehmen kannst, wie andere schon sagten: Wähle Sachen, die wesentlich größer sind, als für seine Größe angegeben.
Ich mache das mit Mila bis heute so. Bälle sind grundsätzlich eine Nummer größer, als sie bequem schlucken könnte. Weichspielzeug, Kauzeug usw. alles grundsätzlich größer, als was sie am Stück schlucken könnte. Fängt sie an, Spielzeug zu zerlegen, "wegtauschen" oder wenn das schon problemlos geht abnehmen, BEVOR die Neugier zu gross wird beim Zerlegen und das Abnehmen nicht mehr so einfach ist oder Teile verschluckt werden.
Obwohl wir das Abgeben lange und viel geübt haben - sie ist jetzt 3 Jahre alt - hatten wir letztens wieder eine Situation:
An ihrem Spielzeug gab eine Naht nach, Füllung quoll heraus. Ich musste es also wegnehmen. Sie wollte es gerne behalten.
Ungeduld oder Wut auf meiner Seite hätte uns in dieser Situation locker um Einiges zurückwerfen können. Ich bin mir sicher, dass ich auch heute so eine Situation mit ihr zum Eskalieren bringen könnte. Ich formuliere das bewusst so, denn letztlich ist es tatsächlich UNSER Verhalten, unsere Reaktion, die das Verhalten eskaliert.
Mit VIEL Geduld und Tausch UND vor allem aufgrund des bisher zwischen uns aufgebauten Vertrauens - sie weiss, ich bin fair und habe Gründe, wenn ich ihr etwas abnehme, das sie gerne behalten möchte - ging das Abgeben langsam aber problemlos. Es wurde nicht geknurrt und auch schliesslich artig abgegeben. Aber es dauerte eben.
Je nach Hund ist das also eine Situation, in der man sich selbst neben dem Vertrauen auch eine gute Taktik aufbauen muss, weil man manches Verhalten eben auch nie komplett "raus trainieren" kann. Es spielt immer noch der Hundeinstinkt mit.
Bei Kauzeug - wenn aus dem Schlund ziehen von Resten immer wieder problematisch ist - wieso nicht noch ein Schweineohr oder einfach etwas NOCH SPANNENDERES als den Knautschi - aber eben auch schluck-ungefährlicher - parat haben und aufpassen, bis der Kauknochen FAST runter auf dem kritischen Maß ist, DANN den Tausch anbieten und das "Problem" beseitigen, noch bevor es entstehen kann.
Manche Hunde können Kauzeug bis zum Ende zivilisiert aufessen, manche können das eben nicht. Ist wie es ist. Wenn man seinen Hund kennt, dann reagiert man eben rechtzeitig entsprechend und gut.
Dafür ist der Hund auch Hund und wir die "Hundeeltern", dass letztlich eben WIR erkennen, wo er sich schaden könnte und dann managen.
Gibt es Zoff um Spielzeug, dann gibt es das vielleicht eine zeitlang erstmal immer nur wenn Ihr zusammen spielt. Alles, was zunächst unlösbaren Zoff verursacht, kommt erstmal weg und Ihr testet Euch ran an Sachen, mit denen Ihr problemlos spielen könnt und womit Ihr auch gut das Abgeben üben könnt.
Dafür gibts leider keine Patentrezepte. das muss jeder mit seinem Hund individuell herausfinden.
Diese Dinge erstmal aus dem Weg zu räumen - bitte nicht missverstehen - dient auch nicht dazu, den Hund zu strafen, sondern dazu "Auslöser" aus der Bildfläche zu nehmen und Euch eine bessere und gelassenere Basis auf beiden Seiten für's Zusammenarbeiten zu schaffen.
Ich hatte Mila erst nach einem Jahr ein solches sehr kritisches Spielzeug aus ihren Kindertagen wiedergegeben und darum gabs bisher nie wieder böses Blut. Sie bringt es inzwischen auch gerne zum gemeinsamen Spielen. Aber sie liebt es immer noch sehr... es war das Teil mit der offenen Naht, das ich ihr zum Reparieren dann auch erstmal wieder abnehmen musste.
Dein Hund lernt gerade Dich noch kennen und Du ihn. In einem Jahr, wenn Ihr viel zusammen spielt und trainiert, wirst Du erstaunt feststellen, wieviel sich inzwischen verändert und positiv gefügt hat.
Denn Deine ganzen Erfahrungen mit dem Hund momentan sollten Dir im Kern einfach nur zeigen, das Ihr Euch noch besser kennenlernen müsst. Und auf Deiner Seite könnte ein bisschen mehr Verständnis des Verhaltens Deines Hundes Dir wahrscheinlich sehr helfen, aus dem Bauch heraus für Euch beide auch noch viel bessere Entscheidungen zu treffen.