procten schrieb:Warum erkennt man einige Dinge erst, wenn es zu spät ist? Ich habe kein sonderlich gutes Verhältnis zu meinen Eltern gehabt, auch wenn ich jeden Tag mit ihnen zutun hatte, weil das aufgrund der Erkrankung meiner Mutter sich so ergeben hat. Der Umgang war geprägt von Routine und pflichterfüllenden Aufgaben, die man für die Eltern erledigt hat.
Procten, auch wenn das für dich nur ein schwacher Trost ist und die Sache nicht besser macht: So ist es ganz oft im Leben, gerade wenn man neben einem eigenen Beruf und einem eigenen Leben zB auch noch die Eltern oder andere Angehörige pflegt, was ja auch nicht immer leicht ist.
Das wird alles "irgendwie" ins eigene Leben hineingequetscht - manchmal mit so viel Mühe, dass die Belastung dabei in den Vordergrund tritt und alles andere übertönt.
Und "man macht es halt", weil es nötig ist, oder gerade, wenn das Verhältnis nicht das Beste ist, vielleicht oft gerade auch, weil man sich nicht will vorwerfen lassen, dass man die Eltern im Alter "fallenlässt", weil man sich früher mit ihnen nicht so gut verstanden hat.
Und vielleicht auch, weil man sich einredet, die "Unlustgefühle" und die Belastung durch die Pflege wären eine Folge der vergangenen Ereignisse, und man sollte sie doch beiseite schieben.
Es ist aber so, dass Kinder, die früher zu ihren Eltern ein gutes Verhältnis hatten, diese Belastung ganz genauso fühlen. Selbst wenn man diese Pflichten sogar gern verrichtet, sind sie unter Umständen belastend - grade auch, wenn die Eltern dement werden und die Elternrolle, die Rolle der Respekts- oder Autoritätsperson nicht mehr ausfüllen können und sich die Verhältnisse umkehren.
Und ganz oft ist es dann so, dass die Schuldgefühle den Eltern gegenüber nach deren Tod nicht leichter, sondern schwerer werden, weil das Versorgen der Eltern eben keine Kleinigkeit war und einem sehr schwer gefallen ist.
Du hast völlig Recht:
Heute frage ich mich, ob es nicht besser gewesen wäre, die Vergangenheit zurück zu lassen und den Vater oder die Mutter in den Arm zu nehmen und ihnen etwas Nettes zu sagen, als die Wohnung zu putzen, oder Einkäufe zu erledigen, oder Pflegearbeit bei der Mutter zu verrichten etc.
Nun, ideal wäre natürlich beides gewesen, denn Einkaufen muss man ja - aber dafür kann man sich ja durchaus Unterstützung holen, wenn's alles zeitlich nicht mehr passt.
Auch wenn die meisten älteren Leute, die ich so kenne, diese Vorstellung nicht so toll finden, fremde Leute im Haus zu haben... einfach, weil Neues sehr beängstigend sein kann. Und dann oft die Kinder mehr oder weniger seufzend diese Pflicht übernehmen, denn: "Dass kann ich ihnen ja nicht antun!"
Aber manchmal geht es halt nicht wirklich anders, und dann kann man nur sein Bestes gehen und hoffen, dass das reicht.
Ich bin mir sicher, dass du alles getan hast, was du - in dem Moment, unter den gegebenen Umständen - konntest. So gut, wie du konntest.
Relativ oft auch an deiner persönlichen Grenze, wenn ich mich mal an einige Posts zum Thema Eltern-Kinder zurückerinnere.
Das war vermutlich nicht perfekt. Da waren Lücken. Wie bei allen Menschen.
Das ist im Rückblick definitiv kein schönes Gefühl - aber die Arbeit, die du geleistet hast - die will ja auch erstmal geleistet werden! Und die wird dadurch nicht ungeschehen gemacht, dass du leicht noch mehr hättest machen können. Denn: Mehr geht immer.
Weniger aber auch!
Deinen Vorsatz, einige Dinge mitzunehmen und erstmal zu benutzen, weil dein Vater das offenbar gern so gewollt hat, finde ich nachvollziehbar und gut. Ich würde es vermutlich zumindest mit dem einen oder anderen ganz genauso machen!
Auch wenn ich eigentlich gerade dabei bin, meine Sammelwut etwas einzuschränken und doch mal zumindest mein eigenes Leben zu entrümpeln... das würde ich dann halt vertagen.