Ausbildung von Behinderten-Führhunden

merlin

20 Jahre Mitglied
Ausbildung von Behinderten-Führhunden

Der Weg hinter den Dünen in Rostock-Markgrafenheide. Eine junge Frau im Rollstuhl bewegt sich mühselig vorwärts, nur mit der Kraft ihrer Arme. Neben ihr trottet ein großer Golden-Retriever. Plötzlich greift die Frau in ihre Jackentasche und zieht einen Zehn-Mark-Schein heraus. Sie lässt ihn fallen. „Heb' ihn auf!“, befiehlt sie dem Hund. Der nimmt den Geldschein vorsichtig zwischen die Zähne und bringt ihn der Besitzerin zurück.

Die junge Frau tätschelt den großen Hund und erhebt sich lachend. Gott sei Dank: Sie ist nicht wirklich behindert. Ihr Name ist Melanie Lischka, sie ist Biologin und leitet ein ehrgeiziges Projekt: Sie trainiert Begleithunde für Rollstuhlfahrer, und dazu schlüpft sie selbst in die Rolle einer Behinderten.

Einer ihrer „Versuchshunde“ ist Micha, der brave Golden-Retriever. Er hat schon eine Menge gelernt, kann die Wohnungsschlüssel apportieren und sogar die Waschmaschine leeren. Noch drei weitere Hunde werden von der Biologin ausgebildet: Es sind noch zwei Golden Retriever und ein Labrador. „Diese Rassen eignen sich besonders gut dafür“, weiß die Hunde-Trainerin. „Sie sind bindungsfähig, stressstabil und zeigen kaum Aggressionen.“

Für Melanie Lischka ist ihr neuer Job, den sie seit zwei Wochen ausübt, ein echter Traumberuf. Ein wohlhabendes Verleger-Ehepaar aus Trier hat sie engagiert und das Projekt ins Leben gerufen. Es gründete die Kynos-Stiftung, über die das Projekt finanziert wird. Der Standort Markgrafenheide wurde nicht zuletzt deshalb ausgewählt, weil es hier das Behindertenhotel „Heidehof“ gibt. Erste Gäste des Hauses haben bereits ihr Interesse an einem Hund bekundet und üben auch mit den Tieren.

Melanie Lischka selbst stammt aus Schwerin. „Diese Form der Hundeausbildung ist in Deutschland einmalig“, sagt sie. Es sei zwar üblich, dass die Krankenkasse Blinden einen Blindenführhund bereitstelle, für motorisch Behinderte aber gebe es nur den Rollstuhl. „Für Menschen im Rolli ist es ein echtes Problem, wenn ihnen etwas herunterfällt“, erklärt Melanie Lischka. „Jedem fällt doch ständig was herunter – Geld, Schlüssel, Handschuh“, meint die Neu-Rostockerin. „Ein ausgebildeter Begleithund kann das alles aufheben.“ Um es zu beweisen setzt sie sich wieder in den Rollstuhl und lässt einen Kugelschreiber fallen. Den Micha fast herunterwürgt, sichtlich schwer fällt es ihm, das rutschige Ding quer ins Maul zu schieben. Aber er schafft es. „So ein Hund ist ideal für Behinderte, die alleine wohnen oder im Büro arbeiten“ erzählt die Trainerin. „Die Tiere können sogar Türen öffnen, Fahrstühle bedienen und Telefone apportieren.“

Um das zu lernen, steckt sie den Hunden unermüdlich Leckerbissen zu. Irgendwann reagieren sie dann automatisch auf den Befehl, weil sie den Reiz verinnerlicht haben. „Ich setze mich nicht mit Gewalt durch“, so die Hundeexpertin. „Mit Geduld kommt man am weitesten.“

Melanie Lischka rollt zum Behindertenhotel. Dort wird die nächste Übung absolviert: Melanie öffnet die Klappe einer Waschmaschine. Micha soll die Trommel leeren. Tatsächlich: Mit seinem Maul greift er vorsichtig ein Handtuch, zerrt es raus und hebt es hoch. „Prima gemacht“, lobt Trainerin Lischka und fährt ins Freie.

Vor ihr liegt ein 3000 Quadratmeter großes Gelände, auf das eine Zwinger- und Ausbildungsanlage gebaut wird. „Die Kynos-Stiftung hat dieses Land gepachtet“, erzählt Lischka. Hundefreunden ist der Kynos-Verlag, der mit der Stiftung zusammenhängt, bekannt als der größte im deutsprachigen Bereich, der sich in seinen Büchern nur mit dem Thema Hund beschäftigt.

Die Kynos-Stiftung hat das Problem erkannt: Etwa 200 000 bedürftigen Rollstuhlfahrern stehen nicht mal 100 einsatzfähige Tiere gegenüber. „Da wartet eine Menge Arbeit auf uns“, prophezeit Lischka. Die Ausbildung eines Begleithundes sei zeitaufwendig und koste etwa 30 000 Mark. „Wir hoffen, dass uns Sponsoren auf die Beine helfen.“ Fürs nächste Jahr sucht sie Familien, die einen Welpen aufziehen wollen. Die Stiftung übernimmt anfallende Kosten, wie Tierarztbesuche, Versicherung, Steuer und Futter. Außerdem sind Züchter gefragt, die Welpen kostenlos abgeben.

Nach 18 Monaten sind die Welpen familientauglich. In diesem Augenblick holt Melanie Lischka die jungen Hunde zu sich nach Markgrafenheide. „Der Abschied von der Familie ist oft schmerzhaft“, gesteht sie.

Es folgen vier Monate Grundausbildung. „Dann treffen Behinderter und Hund erstmals aufeinander und ich schauen, ob sich beide riechen können“, erzählt die Trainerin. „Wenn es läuft, überlegen wir, was der Behinderte vom Hund erwartet – Ziehen am Notrufseil oder auf welcher Seite vom Rollstuhl er laufen soll.“ Ist das Spezialtraining gelaufen, machen sich die Behinderten selbst für zwei Wochen auf zum Badestrand von Markgrafenheide, um den Umgang mit ihren Hunden zu lernen. „Die Behinderten auszubilden ist fast genauso anstrengend. Immerhin muss ich sie zu Trainern machen.“

Alleine schafft die Biologin das nicht. Spätestens nächstes Frühjahr braucht sie Mitarbeiter. In Zukunft sollen 20 Hunde im Jahr ausgebildet werden. Kostenlos werden die Angereisten ihren Hund jedoch nicht mitnehmen können. Der voraussichtliche Abgabepreis liegt derzeit bei 5000 Mark. Den Preis drücken könnte noch ein Förderverein, den Lischka ebenfalls mit aufbauen möchte.

Was sie freut: „Die Engländer streben eine internationale Zusammenarbeit an. Schon bald wollen uns Behinderte aus England besuchen kommen“, sagt sie und fährt noch ein Stückchen im Rollstuhl. Als sie ihren rechten Arm ausstreckt, schnappt Micha zu. Er verlagert sein Gewicht auf die Hinterbeine und zieht mit nickenden Kopfbewegungen am Ärmel. „Keine Panik “, sagt die junge Frau gelassen. „Er hilft mir nur, aus der Jacke.“
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dogsaver.de
 
  • 26. April 2024
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Hi merlin ... hast du hier schon mal geguckt?
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Hi Merlin,

danke für das posten dieses Berichtes. War wirklich sehr interessant zu lesen.
Vielleicht sollte man wünschen, daß solche Schweine, die Hunde vergiften, alle im Rollstuhl landen und auf die Hilfe eines Hundes angewiesen sind...

Lieben Gruß
Alexis

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  • 26. April 2024
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Mein Benny ist auch so ein echter Chaoshund... 



Habt ihr es schon mit einer Hundeschule probiert? In zwei Hundeschulen haben wir seine Macken nicht in den Griff bekommen. Wir haben es dann letztlich mit einem Online Hundetraining von einer Hundetrainerin geschafft. Deutlich günstiger als die Hundeschule vor Ort ist es auch noch gewesen!

Hier der Link zu ihrer Seite! 
Möchte ich jedem Hundehalter ans Herz legen, der sich offen eingestehen kann, dass er seinen liebsten Vierbeiner eben doch nicht immer wie gewünscht im Griff hat.

Melde dich doch mal zurück, ob sie dir auch helfen konnte! 

LG Meike mit Benny
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Hi Alexis !

Es wird viel zu wenig über die Arbeit dieser Hunde berichtet.

Menschen die Tiere töten , haben es aber gar nicht verdient sie irgendwann mal als Helfer an ihrer Seite zu haben.
Sie müssten sich das nur ansehen dürfen ,wie es wäre so ein Tier bei sich zu haben.

Schöne Grüße


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merlin
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Hi Merlin,

da hast du recht!
Wenn ich bedenke, was es z.B. für eine (langwierige) Arbeit ist, einen Blindenführhund auszubilden, und dann kommen solche Schweine und greifen den Hund und seinen Halter an...
Von der Türkei mal ganz abgesehen, du weißt schon, nach dem Erdbeben. Dafür sind Hunde denen aber nicht zu unrein, was?
Ups, ich schweife ab. Was ich sagen wollte: Ich finde es enorm wichtig, daß über die Arbeit von solchen Hunden berichtet wird, und ich hoffe, daß noch mehr Medien dies aufgreifen!

Liebe Grüße
Alexis

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HI Alexis,

nicht bšse sein , aber ich finde man sollte niemandem wŸnschen im rollstuhl zu landen.
Egal was er fŸr schlimme Sachen getan hat.
Besser wŠr find ich eine saftige Geldstrafe oder ein Leben lang gemeinnŸtzige Arbeit mit Hunden oder anderen Tieren. Was meinst du ?
bitte deswegen nicht bšse sein...

greetz from munich
die
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Kiso
 
  • 26. April 2024
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Hi Kiso,

natürlich bin ich dir nicht böse
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! Sorry wenn ich dich schockiert habe, aber wenn sich jemand an Kindern oder Tieren vergreift, sehe ich rot!
Hast du übrigens den Beitrag 'Tierquälerei' von watson gelesen (unter Allgemeines)?
Was ich solchen Leuten wünsche, kann ich hier gar nicht posten. Im Rollstuhl zu sitzen wäre dagegen noch eine Belohnung!
Einen Tierquäler zu gemeinnütziger Arbeit mit Tieren zu verdonnern halte ich für keine gute Idee. Man müßte ja noch extra jemanden zur Überwachung anstellen, damit nicht wieder was passiert.
Es ist bei uns eh leider so, daß solche Leute viel zu lasch bestraft werden.

Gruß
Alexis

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Beim letzten Behindertenkongreß lernte ich einen Mann kennen, der Rollstuhlfahrer und als Psychologe tätig ist. An seiner Seite, ein American Staffordshire Terrier. Dieser Hund wurde von ihm alleine ausgebildet, auf seine Bedürfnisse hin. Er wohnt mit seinem Hund in NRW. Er erzählte mir, das auch sein Hund die Mk-Auflage bekommen hat. Beim Einkaufen beim Bäcker z.Bsp. muß er die Verkäuferin, sowie die restlichen Kunden fragen, ob er den MK lösen darf, damit der Hund das Geld auf die Theke legen und die Brötchen runterholen darf. Es gibt sogar dort Situationen, wo z.Bsp. Kunden dieses ablehnen!!!!!
Er berichtete auch, das er in letzter Zeit vermehrt Angriffe hatte, in denen sein Hund mit Füßen getreten worden ist. Naja...ein Mann im Rollstuhl kann sich ja nit so leicht wehren und ein Hund mit MK erst recht nicht. Eine Anzeige hat er auch schon bekommen, weil er den Hund den Mk gelöst hat, weil ihm der Haustürschlüssel auf den Boden gefallen ist und er nicht rankam. Der Mk war für 30sec gelöst, damit der Hund den Schlüssel aufheben konnte.
Er schlendert nun von Behörde zu Behörde und ist zum Wt angemeldet. Ich fand seine Ausführungen erschreckend und traurig...ein Hund der einen Menschen hilft, ein unabhängiges Leben zu führen, wird mit Füßen getreten...von unserer Gesellschaft, nur weil er ein Kh ist.

Ein verdammt trauriges

pitterinchen

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[Dieser Beitrag wurde von pitterinchen am 28. November 2000 editiert.]
 
Ich Verachte Menschen,die so blöd und blind vor Hass,und derart medienverpestet sind.Ich hasse solche Leute jawohl ich hasse sie..
ich weiss es gehört sich nicht,doch wünsche ich diesen
"menschen" situationen aus der ein Hund sie rettet.Ein von ihnen gehasster Hund damit diese leute mal anders denken.
*KOCHEVORWUT*




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Servus und Baba
LG Irish
 
Hallo Zusammen !

Also pitterinchens Beitrag hat mich ziemlich schockiert, obwohl mir das eigentlich nicht ganz neu ist, trotzdem ist es immer wieder schlimm so etwas zu hören.
Es ist einfach unvorstellbar was in diesem Land los ist. Man muss sich wirklich bald für sein Land schämen,wenn man es nicht schon tut.


Meine Meinung zu den von Alexis genannten Personen ist, das sie es nicht verdient haben zu existieren.

Man wünscht vielleicht keinem Menschen etwas böses, aber das sind keine Menschen für mich.


Schöne Grüße


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merlin
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[Dieser Beitrag wurde von merlin am 29. November 2000 editiert.]
 
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