Hallo,
ich habe mit viel Interesse die Beiträge gelesen und bin schockiert darüber, was man aus einem Hund machen kann. Dieser Hund war ja anscheinend schon 4 Jahre alt, als er zu der jetzigen Halterin kam und ich möchte gar nicht wissen, was das arme Tier schon alles mitmachen musste.......
Selber halte ich schon immer Schäferhunde, die ich aber zu reinen Familienhunden erziehe. Waren zwar auch Alphatiere dabei, aber ich hatte NIE Debatten was die Rangordnung betrifft, mit Machtkämpfen, oder gar Knurren etc..
Letztes Jahr starb unser alter Rüde und wir machten uns auf die Suche nach einem Welpen.
Beim zweiten Züchter viel uns sofort ein Welpe ins Auge. Er war der größte im Wurf und war bei weitem nicht so zutraulich wie die anderen. Ein Skeptiker - sehr vorsichtig und auch stur. So einen hatte ich noch nie und mir war klar, dass der vielleicht nicht so einfach wird.
Trotzdem wollte die ganze Familie genau diesen Rüden, denn jedem und vor allem mir war klar, dass dieser Hund die besten Chancen hat todunglücklich zu werden.
Je nachdem: Als Schutzhund wäre er viel zu scharf geworden(miserables Nervenkostüm, winzige Stresstoleranz) und natürlich auch verschlagen.
Aber auch in privaten Händen, zumindest bei HH wie ich die meisten kenne(keine Zeit, keine Geduld, keine Lust etc.) wäre der Rüde bestimmt ein zweiter Karli geworden.
Ich kann dir keine Tipps zur Erziehung deines Hundes geben. Ich bin kein Trainer und gehe auch nicht in Hundeschulen. Ab und zu nehme ich Privatstunden bei einer wirklich guten Trainerin.
Dazu muss ich sagen, dass ich von der Hundeerziehung nach Schema F, wie sie in den meisten Hundeschulen durchgeführt wird, gar nichts halte. Und ich habe mir viele angeschaut. Jeder Hund ist anders und braucht andere Erziehungsmethoden, genau wie bei Kindern.
Mit meinem kleinen Rüden war ich in ein paar Hundeschulen mit gutem Ruf.
Nach kurzer Begutachtung meines Hundes haben wirklich alle gleich festgestellt, dass dieser Rüde nicht einfach wird und jeder gab mir den Tipp von Anfang an super konsequent durchzugreifen. Also z.B. sobald er muckt sofort Alphawurf, Futterentzug usw..
Na ja, eigentlich bin ich bei meinen Schäferhunden immer konsequent gewesen und habe viel gearbeitet, aber ich hatte das Gefühl, dass ist bei dem jetzt nicht das richtige.
Ich habe gar nicht viel geübt, sondern ihm unentwegt Vertrauen und Sicherheit geboten. Von Anfang an überall mitnehmen. Schmusen, streicheln, auf den Arm nehmen. Er neigt dazu Sachen selbst in die Hand nehmen zu wollen, ist dem aber gar nicht gewachsen. Deshalb habe ich peinlichst Situationen vermieden, die ihn überfordern.
Ergebnis: Der kleine ist 10 Monate alt und ist jetzt schon ein super braver, menschenfreundlicher Hund. Nicht wieder zu erkennen. Und vor allem Dingen, er hört besser wie andere Hunde mit 2 Jahren. Er macht es mir zuliebe, nicht wegen Lecherli, oder so ähnlich.
Mit Druck oder was weiss ich hätte ich genau das Gegenteil erreicht.
Falls du dich entscheidest den Hund zu behalten(was ich übrigens auch für sehr gefährlich halte) kann ich dir keine Erziehungsmethoden empfehlen, aber folgende Verhaltensweisen haben bei meinem geholfen.
Diese Art Hunde brauchen das Gefühl der Stabilität und absoluten Sicherheit.
Absolut wichtig: Alles vermeiden, was den Hund aus dem Konzept bringt und ihn stresst. Sie schalten dann irgendwie auf eine andere Welle.
Z.B. auch Stress, der mit dem Hund gar nichts zu tun hat. Hektisches Rumlaufen im Haus, weil man unter Zeitdruck ist. Oder man hat Ärger, oder ist nervös, weil irgendwas nicht klappt. Das macht auch den Hund nervös. Lieber versuchen abzuschalten und was weiss ich eine Runde Gassi gehen.
Den Hund in dieser Instabilen Phase so wenig wie möglich alleine lassen. Ich habe unseren Anfangs nie alleine gelassen und irgenwann war er so gelassen und ruhig, dass er ohne Probleme abends alleine blieb.
Stressen kann übrigens auch Futterentzug. Ich halte davon gar nichts. Meine Hunde haben immer eine vollen Futternapf stehen und können fressen was und vor allen Dingen wann sie wollen. Meine Macht kann ich einen Hund eher mit einer Scheibe Wurst demonstrieren. Futter ist überlebenswichtig und Hunger kann bei einem Hund auch Ängste vor dem Verhungern schüren. Und diese Ängste können dann natürlich auch zu Agressionen führen. An Futter zu kommen wird dann praktisch zum ÜberlebensKAMPF.
(Meine Hunde sind übrigens immer alle eher zu dünn gewesen als zu dick)
Wenn die Türklingel geht oder so was, den Hund nicht als ersten zur Tür laufen lassen. Schimpfen wenn er das tut und vehement zurückdrängeln. Nach einer Zeit sind sie froh, dass sie die Aufgabe los sind für Haus und Rudel die Verantwortung tragen zu müssen.
Ich mache bei meinen Hunden viel über Bewegung. Aber nach dem ausgiebigsten Laufen und Toben muss unbedingt eine Entspannungsphase folgen. Spielzeuge verschwinden langsam und ich setze mich z.B. auf eine Bank, dann hat er Zeit rumzuschnüffeln und auszuspannen. (Dazu muss ich sagen, dass wir eigentlich fast immer ohne Leine gehen und er sich dann frei bewegen kann)
Dem Hund zeigen, dass man ihn in gefährlichen Situationen beschützt. Wenn z.B. große LKW von hinten kommen, habe ich ihn immer in den Arm genommen. Auch beim Spielen mit anderen Hunden, den Hund immer genau beobachten. Meiner würde z.B. nie zugeben, dass es ihm zuviel wird(er ist ja Welpe). Aber wenn ich dann abbreche und ihn in den Arm nehme, merke ich richtig, dass er super froh ist.
Mir fällt noch mehr ein
aber zu spät heute
gute nacht