So stell ich mir das auch vor.
Und? - Darf man dann irgendwas sagen?
Oder ist das verboten? - In einem öffentlichen Verfahren?
Nee, verboten ist es nicht.
In meinem Fall habe ich gar nichts gesagt, weil wir mehrere Kanzleisitze haben und einen eben auch am Wohnort des Opfers. Ich wollte nicht, dass durch mich irgendwer einen Rückschluss ziehen kann, wen ich vertrete.
Würde es in dem Fall allerdings nicht ausreichen, zu sagen: "Mein Mandant sagt, es war so und so und die Zeugin tat und sagte das und das"
Statt: "Es war ganz anders. Die Zeugin sagte das und tat das."
Das eine ist die Widergabe einer Aussage. Das andere ist die Unterstellung, dass die Zeugin lügt und der Angeklagte die Wahrheit sagt. Weißt du, wie ich es meine?
Das erste muss man machen - aber das zweite finde ich persönlich ziemlich daneben.
Ehrlich gesagt, nicht so ganz.
Ein Strafverfahren besteht aus mehreren Teilen. Wenn also der Verteidiger von seinem Mandanten die Info erhält, "ich war's nicht", vertritt er diese Aussage erstmal.
Der erste Teil des Verfahrens sind die Aussagen. Als erster darf der Angeklagte etwas zur Sache sagen.
Entweder der Angeklagte sagt etwas, oder nicht.
Wenn er etwas zur Sache aussagen möchte, spricht vieles dafür, dass er das in eigenen Worten macht. Er hat aber auch die Wahl seinen Verteidiger sprechen zu lassen.
An dieser Stelle ist es völlig irrelevant, wie dieser seine Stellungnahme einleitet, weil ja klar ist, dass er die Version des Mandanten wiedergibt. Der Verteidiger war nicht dabei. Das ist jedem Verfahrensbeteiligten klar.
Im Regelfall gibt man aber durchaus an .... "Aus Sicht meines Mandanten lief das Geschehen so und so ab". Aber wie gesagt, es macht ja keinen Unterschied, weil die Aussage des Verteidigers, die Aussage des Angeklagten ersetzt.
Danach kommen die Zeugen. Und hier ist es Aufgabe des Verteidigers nachzuhaken und Widersprüche aufzudecken.
"In der polizeilichen Vernehmung haben Sie aber noch gesagt ..."
"Zeitlich kommt es aber nicht hin, von x nach y braucht man x Minuten ..."
Und im letzten Schritt, dem Plädoyer, gibt der Verteidiger eine Wertung ab, die für seinen Mandanten spricht.
"Dem Angeklagten konnte die Tat nicht nachgewiesen werden.
Er selbst gibt an (...). Die Aussagen der Zeugen, die etwas anderes schildern, sind nicht glaubhaft. Die Zeugin Z hat sich in Widersprüche verwickelt, sie hat beispielsweise, dass ..."
Und spätestens an dieser Stelle, findest du es ja daneben
Das ist Aufgabe des Strafverteidigers. Natürlich muss er den Angeklagten auch aufklären und sagen, die Karten stehen schlecht, wollen Sie nicht lieber gestehen? Aber wenn der nicht will, dann will er nicht.
Der Verteidiger muss dann die Linie seines Mandanten vertreten, oder das Mandant niederlegen.
Der Verteidiger darf auch nicht alles. Wenn der Mandant kommt und sagt; "ich war's nicht. Ich habe aber kein Alibi, aber mein Bruder lügt für mich und gibt mir eins.", darf der Verteidiger den Bruder nicht als Zeugen benennen. Aber er darf, die Version des Angeklagten vertreten. Das soll er auch.
Das ist auch der Grund, weshalb viele (ich auch) nicht auf der Pflichtverteidiger-Liste stehen.
D.h. nicht, dass wir keine Pflichtverteidigungen machen, aber wir können halt so auch Fälle ablehnen, die wir nicht verteidigen möchten.
Ich hätte die Personen in diesem Prozess nicht vertreten, aber irgendwer muss es halt machen.