Naja, weißt du, heutzutage ist es halt modern, immer
nur auf das zu zeigen, was schlecht an der Kirche ist.
Da gibt es genug von, keine Frage, und auf manches davon kann man auch gar nicht penetrant genug hinweisen.
Und dann gibt es eben auch noch eine andere Seite. Eben Einrichtungen in kirchlicher Trägerschaft wie Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser, im Kleineren Jugendcafes, Kinderbetreuung, Altennachmittage - die ihren Sinn haben, ihren Zweck erfüllen, und oft gute Arbeit machen.
Das wird aber von den Kirchen-Abwatschern in der Tat als selbstverständlich hingenommen, und auf alles andere zeigt man dann auch gern mal, um von der eigenen Bequemlichkeit abzulenken.
Nun komm ich ja aus dem relativ hohen Norden, wo der Umgang mit Religion ohnehin ein definitiv anderer ist als etwa in Bayern oder auch hier im Rheinland. Sodass die negativen Aspekte des Ganzen (gesellschaftlicher Druck usw. für Ungetaufte zB), die es mit Sicherheit noch in meiner Jugend in anderen Gegenden noch gegeben hat, zum größten Teil an mir vorbeigegangen sind. Sodass es mir ebenso wie dem GG vielleicht leichter fällt, es so zu sehen.
Und der Männe denkt sich eben: Wenn er diese Vorzüge in Anspruch nehmen möchte, ist es nur fair, wenn er auch Kirchensteuer bezahlt.
Ist ein Standpunkt, den ich nachvollziehen kann. Ehrlich.
Nur, wie gesagt, da ich persönlich etwas spiritueller denke, und für mich Religion mehr ist als Kirche, sehe ich nicht ganz ein, warum ich jetzt eintreten sollte, nur weil zufällig der Nachwuchs dort seinen Kindergartenplatz bekommen hat. Das erschiene mir vom
religiösen Standpunkt aus... naja... inkonsequent. Quasi verwerflich.
Übrigens ist mein Bruder der zweite Kandidat, den ich kenne, der es mit Kirche und Religion hält wie beschrieben. Der ist aus Liebe zum Katholizismus konvertiert, und jetzt nicht etwa voller echter Begeisterung dabei, weil er nun zum gläubigen Christen mutiert wäre (zumindest ist so mein Eindruck) sondern weil kirchliches Engagement ihm
Spaß macht.
Naja nun. Wäre nicht meins, aber ich finde auch ehrlich, es gibt schlimmere Dinge, um seine Zeit zu verplempern.
Bizarr finde ich in diesem Zusammenhang eher folgendes:
Ich las vor einigen Jahren mal einen Artikel über die Stelle der ev.-luth. Landeskirche, die in Hannover für Kirchenaustritte zuständig war. Damals sagte der dort Vorsitzende, etwa jeder Dritte käme mit der Begründung an, er würde austreten wollen, weil der Papst gegen Abtreibung und er damit nicht einverstanden sei... wenn man die Leute dann darauf hinwiese, dass der Papst für die Weltanschauung der
evangelischen Kirche nicht zuständig und diese nicht gegen Abtreibung sei, fingen sie an zu stammeln und meinten dann in der Regel, sie wollten aber trotzdem - dann kam halt noch was anders hinterher...
(Eigentlich lustig, wenn's nicht so traurig wäre. Ich bin nie getauft worden, aber sowas wäre mir nicht passiert.)