Also wäre es mit genug Aufwand möglich, eine inzestuöse Population gesund zu halten? An sich ist das logisch, solange man es schafft, alle krankhaften Gene auszuschließen und für gesunde identisch vorhandene Genträger zu sorgen. Aber wie genau könnte man das denn hinbekommen? Man müsste ja auch die Krankheitsträger in den Genen identifizieren, die rezessiv sind, ansonsten sind wir ja wieder bei der Problematik, dass sie ungewollt in die Rasse gezüchtet werden.
@lektoratte danke für die ausführlichen Informationen. Also wäre es mit genug Aufwand möglich, eine inzestuöse Population gesund zu halten? An sich ist das logisch, solange man es schafft, alle krankhaften Gene auszuschließen und für gesunde identisch vorhandene Genträger zu sorgen. Aber wie genau könnte man das denn hinbekommen? Man müsste ja auch die Krankheitsträger in den Genen identifizieren, die rezessiv sind, ansonsten sind wir ja wieder bei der Problematik, dass sie ungewollt in die Rasse gezüchtet werden.
Würdest du mit mir überein stimmen, dass Inzucht die Gefahr des Ausbruchs von rezessiven Erbkrankheiten begünstigt?
Darauf baue ich ja die ganze Zeit auf. Wenn ich da falsch liege, sehe ich das gerne ein.
Der kleine Genpool wäre ja mitverantwortlich für ein vermehrtes Auftreten der Erbkrankheiten.
Dass diese Krankheiten nicht immer etwas mit dem Phänotyp zu tun haben, sondern auch bei Herauszüchtung von Charaktereigenschaften auftreten können, war mir bisher nicht so sehr bewusst. Ich ging davon aus, dass alles mit der Inzest zu Zeiten der englischen Hunderassenrevolution (so nenne ich es jetzt mal) begann, als man anfing, besondere äußerliche Merkmale herausarbeiten zu wollen, um dem Standard zu entsprechen.
Gehen wir davon aus, ich würde quer durch den Garten kreuzen wollen, ginge es denn da nicht auch, dass ich ein komplett durchgetestetes reinrassiges Muttertier nehme und einen Sire von dem ich eventuell nicht jede Einzelheit weiß?
Im Endeffekt dürfte es auch außerhalb einer einzelnen Rasse funktionieren. Vor allem, weil man weiß, ob bei bei beiden Rassen eine gleiche Krankheit im Erbgut auftreten kann. So kann man zusätzlich zwei Rassen verpaaren, die keine gemeinsamen Krankheiten haben, dann in der F2 müsste man aber wohl wieder alle Krankheiten der beiden Rassen durchkontrollieren, um gesunde Hunde zur Weiterzucht selektieren zu können.
Bezüglich meiner Theorie habe ich auch die monogenen Erbkrankheiten außer acht gelassen. Ich wollte vor allem auf die rezessiv vererbten Krankheiten hinaus, die ja auch irgendwann problematisch werden, wenn man weiter den Genpool verkleinert, weil jeder Hund mit HD wegfällt.
Ja, mit einer sehr gut durchdachten Linienzucht.
Gute Züchter haben das früher sogar ganz ohne Gen-Test hingekriegt.
Ja natürlich geht es gerade um die rezessiven Gene. Nur bei denen (und dominanten Genen, die Krankheiten verursachen, die erst im Alter auftreten) sind Gentests extrem wichtig, damit eben nicht zwei Genträger verpaart werden.
Genau das tut man aber doch in vielen Zuchtverbänden.
Dadurch dass die Population klein und etwas ähnlicher als im Durchschnitt war, sind die Krankheiten teils erst aufgetreten, also weiß man, dass es sie gibt. Mittlerweile kann man auf viele im Vorfeld testen und dann entsprechend die Hunde gezielt so verpaaren, dass das nicht auftritt.
Beispiel MDR1-Defekt beim Sheltie. Hunde, die das Gen zweimal haben, reagieren auf bestimmte Medikamente überempfindlich, und können von einem Spot on oder Wurmmittel sterben. Homozygote oder heterozygote Träger dieses Allels dürfen laut Statuten des Zuchtverbands im VDH nur mit reinerbig nicht betroffenen anderen Hunden verpaart werden.
Meine Quasi-Schwägerin hat ihre Sheltie-Zucht auf einer MDR1-betroffenen Hündin aufgebaut (und sagt heute selbst, dass sie das nicht wieder so machen würde) - sie wählt aber immer unbetroffene Rüden aus - und sie wählt die Nachtzuchten, die sie behält, nach Genstatus aus, sodass es irgendwann bei ihr nicht einmal mehr Überträger des defekten Allels geben wird. Gleiches gilt für die "Collie Eye anomalie" und andere Dinge, auf die man testen kann.
Wenn sie ungerichtet betrieben wird. Also, einfach Inzucht, egal wer mit wem. Dann ja. Dann aber nicht nur bei Rassehunden, sondern auch bei Mischlingshunden in einem Dorf oder einer Region oder so, die sich immer wieder nur untereinander vermehren.
Ich finde, man sieht das sehr gut bei "Bauernhofkatzen".
Gerichtete Zucht auch mit verwandten Tieren, deren Erbanlagen bekannt sind, minimiert dagegen dieses Risiko.
Jein. Die Anlagen waren schon immer da. Oder schon länger. Und klar, wenn eine Erbkrankheit bei Hunden eines bestimmten Typs häufiger vorliegt als im Durchschnitt, oder dort sogar erst entstanden ist, ist das Risiko, dass sich zwei Träger treffen, dort höher.
Früher wusste man das nicht. Kümmernde Welpen wurden aber auch schneller aussortiert, das hat man so hingenommen. Heute weiß man es aber und kann entsprechende Vorsorge treffen, dass es eben nicht soweit kommt. Und der gute, verantwortungsvolle Züchter wird das tun und viel Hirn in die Verpaarung investieren. UNd genau dafür braucht man "Linien" (sozusagen Schläge innerhalb einer Rasse), weil man durch Aufzeichnungen oder Erfahrung weiß, was jede einzelne Linie innerhalb einer Rasse so mitbringt. Auf diese Weise ist es einfacher, einen passenden Partner auszuwählen.
"Krankgezüchtete Rassehunde" muss es nicht geben. Aber man darf eben auch nicht willkürlich zwei Tiere einer Rasse aufeinanderhüpfen lassen und dann das Beste hoffen.
Nein. Das kann immer passieren, sowie du in einer relativ kleinen Gruppe auf irgendein Merkmal selektierst und in dieser Hinsicht ähnliche Hunde miteinander verpaarst.
Wer sagt dir denn dann, dass der nicht zufällig genau das trägt, was das Muttertier auch hat? Hunde ganz ohne nachteilige Genvarianten gibt es ebenso wenig wie es Menschen ohne diese Genvarianten gibt.
Entweder, du testest beide Elterntiere, oder du lässt es gleich ganz.
Richtig. Das ist aber ja genau das Argument der Doodle-undCo Züchter: Ihre Hunde haben IMMER das beste aus beiden Welten und bestimmt keine Krankheiten.
Ob aber nicht die beiden Rassen jeweils Anlagen mitbringen, die sich ZUSAMMEN negativ auswirken (was ja auch noch eine Möglichkeit ist, etwa beim kodominanten Erbgang), beim jeweils reinrassigen Tier aber nicht, ist damit aber ja noch lange nicht gesagt...
Ähm - auch monogene Erkrankungen können rezessiv sein.GERADE Monogene Erkrankungen werden klassischerweise dominant oder rezessiv vererbt.
HD ist eine ganz andere Baustelle. HD wird sehr wahrscheinlich nicht durch ein einziges Gen verursacht, sondern durch das Zusammenspiel von vielen, plus Umwelteinflüsse. Dadurch ist es theoretisch möglich, dass ein Hund aus HD-freien Elterntieren und Großelterntieren trotzdem HD hat. Aber gerade weil in einigen Rassen die Züchter Angst um den restlichen Genpool haben, werden Hunde mit schwacher HD ja weiterhin zur Zucht zugelassen.
Das ist einer der wenigen Wege, Krankheiten aus einer Rasse zu züchten, ohne die genetische Vielfalt zu sehr einzuschränken.Oh, vielleicht habe ich das blöd ausgedrückt. Ich meinte, dass man ein komplett durchgechecktes und gesundes Muttertier nimmt und, wenn man keine Wahl hat, einen Sire, der Träger einer rezessiven Erbkrankheit ist. Ich finde das aber nach wie vor doof, weil die Krankheit dadurch eben fortbesteht, auch wenn sie nicht ausbricht.
Ja. Sogar HD freie Elterntiere können Nachkommen mit HD zeugen. Die HD Häufigkeit lässt sich aber über Zuchtwertschätzungen, in die möglichst viele Verwandte des Hundes einbezogen werden, deutlich senken.Also wenn HD multifaktorell ist, dann kann es doch auch sein, dass zwei Elterntiere mit leichter HD einen Welpen mit schwerer HD im Wurf haben? Finde das eher fraglich effektiv.
Das ist einer der wenigen Wege, Krankheiten aus einer Rasse zu züchten, ohne die genetische Vielfalt zu sehr einzuschränken.
Statistisch gesehen fallen aus einer solchen Verpaarung je 50% Träger der Krankheit und 50% genetisch gesunde Welpen. Gibt man bei der Weiterzucht bei gleicher sonstiger Eignung den genetisch freien Welpen den Vorzug, verschwindet die Krankheit in einigen Generationen aus der Rasse.
Ja. Sogar HD freie Elterntiere können Nachkommen mit HD zeugen. Die HD Häufigkeit lässt sich aber über Zuchtwertschätzungen, in die möglichst viele Verwandte des Hundes einbezogen werden, deutlich senken.
Aber solche Faktoren sind es, die Hundezucht zu etwas anspruchsvollem machen. PLL freie Hunde züchten ist einfach, HD freie schon schwieriger.
Das klingt in der Tat schwierig. Also kann man nicht vollständig garantieren, dass die Nachzucht HD-frei sein wird? Das würde im Umkehrschluss bedeuten, dass ein Restrisiko bleibt, egal was man versucht, es sei denn, man findet irgendwann heraus, wie genau HD entsteht.
Natürlich wird der Genpool in einer geschlossenen Population kleiner. Ob sich das negativ auf die Gesundheit auswirkt, hängt aber von verschiedenen Faktoren ab. Letztendlich ist auch ein verdrängen von Krankheiten eine (in dem Fall positive) Verkleinerung der genetischen Varianz. Hundeschläge die nur noch eine Farbe zeigen, haben auf diesem Gebiet an genetischer Varianz verloren, ohne dass sich das negativ auswirken muss.Soweit habe ich es verstanden, aber wird der Genpool nicht immer noch etwas kleiner, wenn man nicht einkreuzt?
Natürlich bleibt immer ein Restrisiko. Das ist auch so, wenn du irgendwann selber Kinder bekommen solltest. Selbst wenn du dich vorher auf alle zZt verfügbaren Erbkrankheiten genetisch testen lässt, kannst du Pech haben und kranke Kinder bekommen.Das klingt in der Tat schwierig. Also kann man nicht vollständig garantieren, dass die Nachzucht HD-frei sein wird? Das würde im Umkehrschluss bedeuten, dass ein Restrisiko bleibt, egal was man versucht, es sei denn, man findet irgendwann heraus, wie genau HD entsteht.
Ein "Hundeschlag
Ein Restrisiko besteht bei allen Skeletterkrankungen allein durch die Aufzucht/Belastung beim Besitzer. Kommt dann noch ein überbautes Gebäude hinzu, hast du schnell einen HD Hund, ohne dass die Genetik hier großartig zugeschlagen hat.
Natürlich wird der Genpool in einer geschlossenen Population kleiner. Ob sich das negativ auf die Gesundheit auswirkt, hängt aber von verschiedenen Faktoren ab. Letztendlich ist auch ein verdrängen von Krankheiten eine (in dem Fall positive) Verkleinerung der genetischen Varianz. Hundeschläge die nur noch eine Farbe zeigen, haben auf diesem Gebiet an genetischer Varianz verloren, ohne dass sich das negativ auswirken muss.
Natürlich bleibt immer ein Restrisiko. Das ist auch so, wenn du irgendwann selber Kinder bekommen solltest. Selbst wenn du dich vorher auf alle zZt verfügbaren Erbkrankheiten genetisch testen lässt, kannst du Pech haben und kranke Kinder bekommen.
?
Stimmt, da hatten wir ja den DSH als gutes Beispiel. Also könnte man das Risiko noch minimieren, wenn man auf einen nicht zu überbauten Körper achtet und bei der Aufzucht die Ernährung bedenkt. Das ist ziemlich einleuchtend. Habe auch gelesen, dass man Deutsche Doggen in der Welpenzeit unbedingt anders füttern sollte, wegen des Wachstums der Knochen.
Der DSH ist jetzt das genaue Gegenteil von überbaut...Stimmt, da hatten wir ja den DSH als gutes Beispiel. Also könnte man das Risiko noch minimieren, wenn man auf einen nicht zu überbauten Körper achtet und bei der Aufzucht die Ernährung bedenkt.
Nein, nicht wirklich. Ich bin da auch dafür, die genetische Varianz möglichst groß und den Inzuchtgrad so gering wie möglich zu halten. Alles andere greift erst, wenn die Krankheit bereits aufgetreten und damit bekannt ist.Das klingt einleuchtend. Würde dir denn eine Methode einfallen, präventiv gegen das Auftreten bisher unbekannter rezessiver Erbkrankheiten vorzugehen im Zusammenhang mit dem verkleinerten Genpool?
Nein. Und ich bin mir auch nicht sicher, ob es wirklich so erstrebenswert ist, den genetisch perfekten "Superhund" zu erschaffen. Alles tun für ein möglichst gesundes Tier - sicher. Denken man könne jede Krankheit und jeden Makel verhindern, ist Utopie und darf es für mich auch bleiben.Stimmt. Also sind wir mit unserem heutigen Wissensstand gar nicht dazu in der Lage, Erbkrankheiten vollständig zu vermeiden, egal ob man für genetische Vielfalt sorgt, oder auf ein Selektionsverfahren setzt.
Das klingt in der Tat schwierig. Also kann man nicht vollständig garantieren, dass die Nachzucht HD-frei sein wird? Das würde im Umkehrschluss bedeuten, dass ein Restrisiko bleibt, egal was man versucht, es sei denn, man findet irgendwann heraus, wie genau HD entsteht.
Nein. Und ich bin mir auch nicht sicher, ob es wirklich so erstrebenswert ist, den genetisch perfekten "Superhund" zu erschaffen. Alles tun für ein möglichst gesundes Tier - sicher. Denken man könne jede Krankheit und jeden Makel verhindern, ist Utopie und darf es für mich auch bleiben.
Wie willst du jemanden einbeziehen, den du noch nicht kennst oder der noch nicht mal geboren ist?Aber ich finde nach wie vor, dass das zu kurzfristig gedacht ist und nicht die zukünftige Generation der Züchter einbezieht.
Sorry, aber da musste ich herzlich lachen.Leider gibt es nach wie vor zu wenig Aufklärung wenn es ums Züchten und Zeugen von Welpen geht, sodass sicher viele Vermehrer es einfach nicht besser wissen. Man könnte zum Beispiel beim Tierarzt Infoblätter über Erbkrankheiten und deren Vererbung verteilen. Sicher gibt es das auch schon in einigen Praxen.