Ja, folgende Mail erreicht mich und bat um Hilfe, leider hat mich die Frau noch nicht angerufen!
Sehr geehrte Frau Prochnow,
sehen Sie hier eine Möglichkeit, helfend einzugreifen? Der XXXXXX käme für alle entstehenden Kosten auf.
Hilflosen Gruß XXXXXXX
WITTENBERG/MZ."Sie ist ganz lieb, aber ich würde ihr nicht trauen." XXXXXXX, Leiterin des Tierheims in XXXXXX, lässt keine Zweifel. Wenn es nach ihr ginge, sollte Lucy eingeschläfert werden. Die Boxerhündin war dabei, als am Samstag ein dreijähriger Junge auf dem Grundstück seiner Urgroßmutter in Zörnigall (Landkreis Wittenberg) totgebissen wurde. Ob Lucy selbst auch zubiss, als ein Rottweiler über das Kind herfiel, ist unklar. "Ich würde aber kein Risiko eingehen", sagt XXXXXXX. Eine Entscheidung wollen die Behörden nach Abschluss aller Untersuchungen gemeinsam treffen.
"Wir würden es befürworten, wenn sie eingeschläfert wird", sagt aber auch XXXXXXX, Tierärztin in der Wittenberger Kreisverwaltung. Schon allein, um festzustellen, ob die beiden Hunde, die von der 76-jährigen Frau auf dem Grundstück gehalten wurden, krank waren. Der am Sonnabend von einem Polizisten erschossene Rottweiler ist am Montag in ein Labor nach Stendal gebracht worden, die Boxerhündin muss noch untersucht werden - unter anderem auf Tollwut. "Wir wissen ja nicht, ob sie beteiligt war", sagt die stellvertretende Amtstierärztin XXXXXXXX.
Unterdessen wird auch die Rolle der Behörden in dem tragischen Fall beleuchtet. Schließlich war der Rottweiler vor einigen Monaten auffällig geworden. Er war vom Grundstück ausgebüxt und hatte mit gefletschten Zähnen eine Nachbarin so angeknurrt, dass sie die Polizei rief. "Wir haben die Halterin mündlich und schriftlich darauf hingewiesen, ihr Grundstück so einzufrieden, dass die Hunde nicht entweichen können", sagt Ordnungsamtsleiter XXXXXXX von der Verwaltungsgemeinschaft Elbaue-Fläming. Zudem seien ihr Auflagen erteilt worden, das vermüllte Grundstück zu beräumen, um eine artgerechte Haltung zu ermöglichen.
"Die Tiere waren in einem guten Zustand, die Frau hatte sie nach meinem Eindruck im Griff und hat uns das auch versichert", sagt XXXX. Der Vorfall im März sei der einzige mit diesen Hunden gewesen, der den Behörden bekannt geworden ist. Die Auflagen hat die Frau erfüllt - weshalb noch heute ein Müllcontainer in der Einfahrt steht. "Um Hundehaltung zu untersagen, braucht es schon triftige Gründe", sagt Karius. Bedenken, dass die 76-Jährige die kräftigen Tiere nicht jederzeit im Griff haben könnte, gab es im Ordnungsamt offenbar nicht.
Unterstützung erhält die Ordnungsbehörde von Veterinärmedizinerin XXXXXXX. "Bei einem ersten Vorkommnis wie im März wäre der Bogen mit weitreichenderen Maßnahmen überspannt", meint sie. Erst wenn ein Hund wiederholt zur Gefahr werde oder jemanden beiße, müsse das Ordnungsamt reagieren. Auch auf die Tiermediziner hätten die Hunde einen normalen Eindruck gemacht. "Dass sich Kinder gelegentlich auf dem Grundstück aufhalten, war nicht ersichtlich", so XXXXXXX.
Tatsächlich war die heute 21-jährige Mutter mit ihrem kleinen Kind 2008 aus dem Haus ausgezogen. Das Jugendamt hatte die Unterkunft für nicht geeignet erachtet. Die alleinerziehende Mutter habe sozialpädagogische Familienhilfe in Anspruch genommen und eine Wohnung in Wittenberg bezogen, wo sie bis Sonnabend mit dem Sohn und einer kleineren Tochter zusammenlebte. Von Hunden ist in der Akte keine Rede, "es ging eher um die Wohnverhältnisse insgesamt", sagt der Leiter des Jugendamtes, XXXXXXXX.
Ob die Hunde damals schon auf dem Grundstück lebten, ist unklar. Bei der Kontrolle im März hatte die 76-Jährige schriftlich bestätigt, dass die Tiere ihrer Enkeltochter gehörten und bei ihr nur untergebracht seien. Deshalb war in ersten Meldungen auch immer von einem Hund "in Pflege" die Rede. "Nach meinem Kenntnisstand waren die Hunde dauerhaft dort", sagt XXXXX. Für das Veterinäramt sei das nicht entscheidend. "Für uns ist wichtig, wie es den Hunden geht", sagt XXXXXX.
Das allerdings sieht man nicht immer genau. Tierheimleiterin XXXXXX weiß das: Sie ist selbst von einem Rottweiler schwer verletzt worden. "Der war auch ganz lieb", sagt sie, "aber plötzlich kippte ein Schalter um." Dass eine 76-Jährige Boxer und Rottweiler zusammen hält, lässt sie die Stirn runzeln. "Ein Hund mit 50 Zentimeter Risthöhe und über 40 Kilogramm Gewicht, da hätte jeder Schwierigkeiten", sagt auch XXXXXXX, Sprecher der Kreisverwaltung.
Wenn Kinder ins Revier solcher Hunde eindringen oder sie bedrängen, sind sie in Gefahr: "Fälle, bei denen es in solchen Situationen zu Bissverletzungen kommt, haben wir immer wieder", sagt Tierärztin XXXXXXX. Das Tier könne aber nichts dafür. XXXXXXXX vom Allgemeinen Deutschen Rottweiler-Klub hat daher klare Regeln: Kleinkinder nie mit Hunden allein lassen. "Wenn Kinder auf meinem Grundstück sind, kommen die Tiere in den Zwinger." Am Ende, so XXXXXX, "liegt es in der Verantwortung des Halters". Egal wie eng die Gesetze sind, "man wird nicht alle Fälle regeln können". Aber man kann Risiken verringern. Dafür plädiert Tierheimleiterin XXXXX. Lucy ist so ein Risiko. "Sie war dabei, die Hemmschwelle ist schon einmal überwunden." Man müsse nun nicht "testen, ob sie gefährlich ist oder nicht".
Ich hoffe, die Dame meldet sich noch.