Ich vermute, es liegt irgendwo grundsätzlich an mangelnder Unterordnung.
Ich vermute, es liegt grundsätzlich an zuviel Stress in dem Moment.
Du kannst Spielzeug, Leckerli und Handstand machen vergessen, wenn dein Hund, aus welchem Grund auch immer, der Ansicht ist, das Wichtigste (und damit meine ich nicht unbedingt: das Interessanteste oder Spaßigste) sei es, den anderen Hund im Auge zu behalten, und notfalls schon von Weitem die Welle zu machen.
Ob das für den betreffenden Hund in dem Moment "der Kick" ist, oder einfach Unsicherheit ("Ich bell mal sicherheitshalber - oh, der andere Hund geht vorbei. Super, es hat geklappt! - Bzw.: "Oh, der andere Hund bellt zurück. Wusst ich's doch, dass es besser ist, drauf vorbereitet zu sein!") ist für das Resultat dabei relativ egal.
In so einer Situation den Hund anschreien, um ihn noch irgendwie zu erreichen, ist auch relativ sinnlos, weil der Hund das (zumindest ist mir das oft so vorgekommen) eher so empfindet, als würde man gemeinsam mit ihm versuchen, den "bösen fremden Hund" zu verscheuchen. Auf jeden Fall vergrößert man den Stress und trägt nichts zur Beruhigung der Situation bei.
"Weitergehen" und den tobenden Hund einfach mitziehen ist dann eine Maßnahme, wenn der Hund vom Format so ist, dass man ihn gut managen kann. Schon bei zwei Hunden, die sich beide aufführen wie blöd, würde ich das auf keinen Fall mehr empfehlen.
Zur Unterordnung:
Viele Hunde haben einfach nicht gelernt, dass solche Situationen
an der Leine nicht von ihnen gelöst werden müssen - entweder, weil sie nie einen Besitzer hatten, oder der der Ansicht war: "Hunde machen sowas unter sich aus."
Also tun sie genau das: Sie kümmern sich - in dieser konkreten Situation - nicht um den Menschen.
Das hat aber nicht nur mit "mangelnder Unterordnung" zu tun (a la: "Ich sage dem Hund, was ich will, aber er macht es einfach nicht!") - sondern auch mit mangelndem Vertrauen.
Ich weiß ja nicht, wie der Hund sonst so ist - unter Umständen ist er in so gut wie jeder Situation die Unterordnung in Person und du kannst alles mit ihm machen - nur in dem Moment eben nicht. Weil er irgendwann mal gelernt hat: "Da kann mir kein Mensch helfen, da bin ich auf mich allein gestellt."
Und ob du ihn zuhause vom Sofa verbannst, im Flur schlafen lässt, nur "bei der Arbeit" fütterst, ihn nur einmal die Woche streichelst oder was weiß ich was einem in so'nem Fall oft geraten wird, wird an diesem Problem nichts ändern.
Hmmh. Was also tun?
Ich finde es ganz ehrlich gesagt die Situation mit dem Pflegehund etwas unglücklich - war die denn von Anfang an genauso, oder hat sie sich den Leinenaufstand von deinem alten Herrn abgeguckt?
Auf jeden Fall ist es erheblich schwerer bis eventuell unmöglich (wäre mein Bauchgefühl), an diesem Problem zu arbeiten, solange deine zwei Spackos sich immer wieder darin bestätigen, dass "gegen andere Hunde Front machen" ganz toll ist.
1. Vom praktischen Ansatz her wäre es das Sinnvollste, wenn du nicht mit beiden Hunden gemeinsam raus gehst - ist mir aber schon klar, dass das vermutlich zeitlich nicht anders zu schaffen ist.
2. Ich würde dir auf jeden Fall ein Halti empfehlen, wenn du es nicht ohnehin benutzt. Das erleichtert (je nach Format des Hundes) das "einfach weitergehen" oder auch das "Hund im Sitz halten" nicht unerheblich.
(Was ich noch nie probiert hab, ist, mit zwei Hunden mit Halti gleichzeitig zu gehen. Es könnte etwas wirr werden, eventuell hilft da aber die Thomas-Baumannsche Duplex-Leine weiter. Die ist mit 14,95 auch nicht so teuer).
Eventuell könntest du einmal am Tag mit beiden Hunden dorthin gehen, wo nicht viel los ist, einfach zum Spazierengehen, und mit jedem einzeln dann nochmal mit Halti rausgehen und gezielt üben.
3. Unabhängig vom Halti (also, ob du es nun benutzt oder nicht), würde ich folgendes empfehlen:
Es ist sehr wichtig, dass du nicht die Kontrolle verlierst und, egal was die Hunde machen, jederzeit das Gefühl hast, du hast die Lage im Griff. Beim "um jeden Preis weitergehen" ist das nach deiner Schilderung nicht der Fall, hab ich das Gefühl (wenn ich mir mich in derselben Lage vorstelle, sehe ich mich über Hunde, Leinen und die eigenen Füße stolpern und letztlich fluchend auf dem Bauch landen...)
Also: Vergiss den "um jeden Preis weitergehen"-Tipp, solange du
zwei Knallfrösche an der Leine hast. Der Tipp ist nicht schlecht, aber: Sinnvoll ist er nur, solange das Weitergehen gefahrlos möglich ist.
Wenn ihr also einem anderen Hund begegnet und nicht auf einen unkritischen Abstand ausweichen könnt oder wollt, und du merkst, mindestens einer von deinen beiden fängt an, Druck aufzubauen: Nimm beide so weit wie möglich an die Seite (das kann auch schon 50 m vor dem Zusammentreffen sein), lass sie absitzen (einen rechts, einen links) und nimm beide so kurz wie möglich, ohne die Leine direkt unter starke Spannung zu setzen.
Das widerspricht vermutlich allem, was in jedem guten Hundebuch steht (von wegen: Leine lockerlassen, keinen großen Aufstand machen, Hund nicht unter Druck setzen usw.)
Aber: Den Druck machen deine Hunde sich selbst. Egal was du machst, du kommst da im Moment in dieser Situation (noch) nicht gegen an. Du kannst diesen Druck im Augenblick nur verwalten.
Du bringst den Hund durch das "Sitz!" in eine defensive Position. Die für dich aber einfach zu kontrollieren ist als "Platz!"
Und indem du die Leine kurz nimmst und wirklich festhältst, nimmst du dem Hund die Möglichkeit, großartig auf den anderen zuzuspringen. - Du nimmst ihm den Erfolg. Und du kannst dein Kommando durchsetzen - bei mir ist es so, dass "Sitz!" solange gilt, bis ich es durch "Auf!" aufhebe.
Springt der Hund auf (und sofort in die kurze Leine), kommt das Kommando: "Nein, sitz!" - Der Schwung des Hundes, der sich durch das Aufspringen selbst ruckt, wird zur Korrektur genutzt.
Außerdem nimmst du ihm die Möglichkeit, großartigen Speed zu entwickeln (rein physikalisch gesehen ist in so nem Fall die lange, durchhängende Leine nach meiner Erfahrung einfach nicht sinnvoll.)
Ist der andere Hund vorbei, gibst du das Kommando: "Auf!" (es sei denn, die Damen und Herren hängen schon im Halsband...
- dann stellst du sie einfach wieder ab, und zwar in die richtigen Richtung), gibst das Kommando: "Weiter!", oder "Komm!", und gehst in die gewünschte Richtung weiter.
So - das hier beschriebene ist natürlich in erster Linie "Stressverwaltung", aber: Es stärkt deine Position, weil du dabei ruhig bleiben kannst - und dich und deinen Führungsanspruch einfach statisch über das "Sitz!" durchsetzen kannst. Etwas beizubehalten, ist für den Hund u.U. einfacher, als etwas anderes zu tun, als ihm gerade notwendig erscheint.
Richtig an diesem Problem üben kann man wirklich besser mit nur einem Hund.
In dem Fall würde ich sagen: Hund mit Halti führen.
Bei "unausweichlicher Hundekonfrontation" Hund wieder an die Seite nehmen, ins Sitz bringen.
Hier hab ich schon oft gehört, es sei am sinnvollsten, wenn der Hund dem "potenziellen Feind" den Rücken zukehrt. Dies hat den großen Vorteil, dass DU den anderen Hund und dessen Halter dabei genau im Auge hast.
Es hat allerdings zumindest bei uns den Nachteil, dass mein Untier mit "dem bösen Feind im Nacken" erst so richtig ausrastet.
Ich setz also meinen Hund mit dem Gesicht zum Weg und stelle mich selbst direkt davor, mit dem Gesicht zum Hund (also dem Rücken zum Weg). Schirme den Hund so ab, und hab die Leine so kurz, bzw. beide Hände am Halsband, dass jeder Versuch, aufzuspringen, schon im Keim erstickt wird (wieder mit Anweisung: "Nein, Sitz!"). Ist der andere Hund vorbei, wird der Weg fortgesetzt.
Jeder Versuch, sich umzudrehen und dem anderen hinterherzupöbeln, wird mit Leinenruck in die richtige Richtung, "Nein! Weiter!" korrigiert (samt dickem Lob, wenn Hund ein, zwei Schritte in die richtige Richtung tut.) - Mit Halti sollte das noch besser gehen, weil du damit die Richtung noch besser vorgeben kannst.
Das hat in unserem Fall immerhin dazu geführt, dass die endlose Aufregerei hintherher (noch zigmal umdrehen, hinterherpöbeln, laut jaulen, in die Leine springen) mittlerweile Geschichte ist. Der Hund ist vorbei, der Fall ist erledigt.
Auch zum "sich schon vorher Aufputschen" durch ständiges in die Leine Springen, Druck Machen, auf Durchzug Schalten kommt es nicht mehr. In dem Moment, wo das anfängt, wird Hund ins Sitz gebracht (notfalls durch leichten Druck auf die Hinterseite), Ende und aus. Mich zieht niemand durch die Gegend, nur um die optimale imponierende Körperhaltung an der Leine einnehmen zu können.
Ob das nun der Grund ist, oder alles andere, kann ich nicht sagen, aber der kritische Abstand ist im Schnitt mittlerweile deutlich kleiner als noch vor einem Jahr.
Parallel würde ich das "Leckerli geben bei anderem Hund in Sicht" auf viel größeren Abstand üben (wieder mit nur einem Hund zurzeit).
Am besten wäre ein Hund in unkritischem Abstand auf einer Parallelstraße, hinter einem Zaun oder sonstwo, wo gewährleistet ist, dass direkte Konfrontation nicht passiert.
Du bringst deinen Hund in die Distanz, dass er grade so unruhig wird. Da lässt du ihn absitzen. Und dann bietest du ihm in regelmäßigen Abständen auf das Kommando "Schau!" hin Leckerli an.
Irgendwann, wenn er gemerkt hat, dass der andere Hund nicht näher kommt, wird er sie nehmen (passiert das nicht, Abstand vergrößern). Dann gibt es natürlich ein dickes Lob und gleich noch ein Leckerli.
Und nach zwei, drei Leckerli wird der Abstand etwas verkleinert.
Damit sollte man es erstmal gut sein lassen und lieber am anderen Tag weitermachen. Auf diese Weise hat der Hund die Chance, überhaupt mal mitzukriegen, dass es beim Anblick anderer Hunde unter Umständen was Gutes gibt - zeigt man ihm die Leckerli erst, wenn er schon voll im Stress ist, bemerkt er sie unter Umständen gar nicht mehr.
Auch da wird sich mit der Zeit der kritische Abstand verkleinern, und dann kann man schaun, was man aus der neu erlernten Fähigkeit: "Leckerchen nehmen, auch wenn anderer Hund im Gesichtsfeld auftaucht", noch machen kann.
Hoffe, das hilft dir etwas weiter.
Liebe Grüße,
Lektoratte