3) was mache ich SOLLTE sie dann noch immer nicht von mir ablassen?
Meine Hundetrainin hat in solchen Fällen den Hund leidlich ruhig, aber bestimmt auf die Seite gelegt und am Boden fixiert. Und zwar
so lange, bis von Hundeseite gar nichts mehr kommt. - Geht das Spiel nach dem Aufstehen direkt weiter - zack, Hund wieder hinlegen.
Aber Achtung - und das ist der Grund, warum man das nicht einfach mal so ausprobieren sollte - Bei einem sehr willensstarken Hund kann das
sehr lange dauern. Und mit lange meine ich:
Lange.
Wir hatten einen Hund in der Hundeschule, - einen Boxer - der war ähnlich gepolt wie deiner. Hochdrehen, Hohl drehen, nur noch sein eigenes Ding machen.
Nur versuchte der erst, durch Späßchen und Unfug die Regeln zu umgehen, und erst wenn das nicht ging, packte er die Zähne aus. Das aber sehr nachdrücklich.
Der lag dann, als er anstalten machte, ernsthaft gegen seine Besitzerin zu gehen, weil die darauf bestand, dass er ein Kommando ausführte (da war er noch kein Jahr) bestimmt 20 Minuten oder länger - die Besitzerin und die Trainerin haben sich damit abgewechselt, ihn am Boden zu fixieren, und er fand das richtig, richtig kacke. Nicht Missverstehen. Der hatte keine Panik, der fand das doof und meinte auch, das der Welt mitteilen zu müssen.
Und als er irgendwann etwas entnervt nachgab und wirklich aufstehen durfte - hat er sich einmal geschüttelt und lief dann völlig entspannt, wenn auch etwas schmollend, an lockerer Leine in der Gruppe mit, als sei nie was gewesen.
Der war auch mit seiner Besitzerin danach völlig okay, hatte keine Angst vor ihr oder sowas.
Ganz toller Hund - aber nicht für die herzensguten Besitzer, die einfach nur nen netten Hund haben wollten, der auf Ansprache nicht mit Jahrmarkt im Kopf reagiert und sauer wird, wenn man ihm dann das Karusselfahren verbieten möchte.
Der musste auch später noch ab und zu in die Seitlage, wenn er doch mal wieder meinte, in Frustsituationen die Zähne gegen seine Besitzerin auspacken zu müssen - das machte die Halterin dann allein und in der Regel auch sehr souverän - aber selten länger als 5 Minuten, meist war nach ein oder zwei der Spuk vorbei.
Und davon ab hat er sich wirklich, wirklich toll entwickelt. Aber es war für seine Halter absolut nicht leicht. Der war ihr erster Hund. Klar, da wächst man und lernt ganz viel, alles super - aber den Ehrgeiz hatten die eigentlich nie gehabt.
Und jetzt kommt das "Aber"... "!wenn das so super funktioniert, warum mach ich das nicht einfach zuhause?"
Kann man sicherlich auch, aber es ist wirklich wichtig, dass man konsequent bleibt, dem Hund das klare Signal gibt: "Dieses Verhalten ist okay und mit DEM wirst du hier nur Bettvorleger!", er muss einsehen, dass du etwas willst und er an dir nicht vorbeikommt - aber man darf nicht sauer werden. Man darf sich nicht fragen: "Oh nein, wie lange dauert das denn noch... werde ich morgen noch hier sitzen? Habe ich total versagt, weil der Hund nicht nachgibt? Was passiert, wenn ich zu früh loslasse? Mache ich alles richtig???" - Oder wenn doch, sollte man unbedingt jemanden dabei haben, der einen unterstützt, entlastet, vielleicht auch sagt, wann es ok ist, den Hund wieder loszulassen, wenn man selbst sich nicht ganz sicher ist.
Die Besitzerin von dem Hund oben war nach der Stunde selbst völlig geplättet, weil die Situation für sie so stressig war, und sie sagte auch, ohne die Trainerin dabei, die sie bestärkt hat und dabei eben ganz ruhig blieb, hätte sie das nie geschafft.
Also, ich habe versucht, mal zu zeigen, wie sowas aussehen kann, damit du eine Vorstellung hast.
Aber ich kann mich den anderen nur anschließen: Das ist nichts, was man ganz ohne Hilfe allein probieren sollte, wenn man es noch nie gemacht hat.
Da braucht man wie gesagt nicht nur Anleitung, sondern auch Unterstützung. Ermutigung. Jemand, der einem hilft, damit Erfolg zu haben. Oder der einen ablöst, wenn man selbst zu emotional und damit für den Hund unklar wird. sowas halt.
Das allein hinzukriegen, vor allem, wenn man eher so ein Mensch ist, der gern immer alles freundlich lösen würde... das ist sehr, sehr schwer.
Guck übrigens mal hier:
Ist das zufällig bei dir in der Nähe?
Die arbeitet glaube ich nach einem ähnlichen Konzept wie meine frühere Trainerin, denn die (also meine, in NRW) hat auch zumindest einiges bei Thomas Baumann gelernt.
Falls das nicht so weit ist, ruf sie doch mal an. Vielleicht passt es ja mit euch beiden?
Ich sehe das reine Agieren mit positiver Konditionierung etwas kritisch, und zwar in dem Moment, wo es um sehr sture Hunde und um Verhalten geht, was für den Hund hochgradig angenehm (selbstbelohnend) ist.
Kurz und gut: Es gibt Dinge, die findet der Hund so toll - und wenn er sehr eigenwillig ist, ist er sehr überzeugt davon, sie toll zu finden und gibt nen feuchten Pfotenabdruck auf deine Meinung dazu - dass du tun kannst, was du willst, du kannst nichts anderes so viel positiver machen, dass der Hund sich damit dafür belohnen lässt, dass er mit dem aufhört, was sozusagen das Tollste auf der Welt für ihn ist.
Er macht es einfach nicht, weil für ihn der Gewinn aus dem Verhalten alles andere übersteigt.
Das einzige, was ihn dann dazu bringen kann, es zu unterlassen, ist, dass die Folgen des Verhaltens so unangenehm sind, dass er es dann lieber direkt bleiben lässt.
Das Problem ist eben, dass
wir als Halter es sind, die in solchen Fällen hinreichend "unangenehm" werden müssen. Aber das heißt nicht, dass wir zu brüllenden Monstern mutieren müssen und unsere Hunde misshandeln. Nur, dass wir da sind und den Hund - wie auch immer, das variert von Situation zu Situation und Hund zu Hund - dem Hund mitteilen müssen: "So machst du das nicht!"
Edit: Aber es muss eben die für den Hund richtige Konsequenz sein. Und der Hund muss sie mit seinem Verhalten verknüpfen können und eine Wahl haben, um es richtig zu machen.
Das für mich allein zu entscheiden, fand ich immer sehr schwer.