du hast doch gesagt, dass es erbliche Eigenschaften seien:
Nehmen wir mal an, ruhiger und fester Griff wird durch die Kombination ABC und die Kombination DEF vererbt. Hündin und Rüde haben phänotypisch einen perfekten Griff. Die Hündin hat genetisch ABC und der Rüde DEF.
Die zwei verpaart man und heraus kommt: ABF oder BCD oder AFE oder...
Das meinte ich mit "ungeklärte Vererbung".
Vielleicht sollte man mal über das Klonen nachdenken.
Sollte man vielleicht wirklich, aber dafür bin ich glaube ich nicht aufgeschlossen genug. In mir sträubt es sich einfach gefühlsmäßig dagegen, obwohl rationale Argumente sicher überzeugen könnten.
Und die "ersten Anzeichen" einer Inzuchtdepression sind doch nicht "Probleme mit der Reproduktion", sondern eine schlechtere Anpassungsfähigkeit an die Umwelt, weil die Einzeltiere weniger unterschiedliche Gene zur Verfügung haben...also erstmal nicht direkt ersichtliche Anzeichen bzw. Anzeichen, die man verwechseln oder fälschlicherweise und unbewusst nicht unter Inzuchtdepression einordnen könnte...oder?
Inwiefern verändert sich denn die Umwelt, in der Hunde leben? An was müssen sie sich noch genetisch anpassen, wenn die natürliche Selektion entfällt? Wie könnte man eine solche unzureichende Anpassungsfähigkeit jemals feststellen? Und wenn man sie nicht feststellen kann - ist das dann sachlich wichtig oder eher ethisch zu sehen? Wie konnten sich Wildtierbestände, die nur auf eine Handvoll Exemplare zurückgehen, kurz vor dem Aussterben wieder erholen? Bei dem Inzuchtgrad müssten die ja lebensunfähig sein...?
Das sind keine rhetorischen Fragen, sondern Gedanken, die ich mir natürlich sehr wohl mache, insbesondere bei einer Verpaarung wie dem A-Wurf. Selbst da ist aber die phänotypische Streuung (bis jetzt) so groß, dass ich mir um enge verwandtschaftliche Verhältnisse nicht mehr ganz so viel den Kopf zerbreche.
Ich weiss, es ist wirklich kompliziert und übertriebene Scheue kann wirklich auch "aufzuchtbedingt" sein. Aber das ist ja eventuell für einen Züchter nachvollziehbar, wenn er engen Kontakt zu den Welpenkäufern pflegt!?
Theoretisch ja, praktisch ist das, glaube ich, trotz Kontaktes nicht so einfach. Man müsste viel persönlichen Kontakt haben und den Umgang mit dem Hund im Alltag oft genug miterleben. Das geht über normales "Kontakt halten" hinaus. Im Zweifel muss man solche Dinge wie auch gesundheitliche Mängel eben auf die Genetik schieben und entsprechend reagieren.
Leider ist es ja nicht so einfach, dass man sagen kann "Scheue=1 Gen", "Griff= 1 Gen" etc., so dass jeder "genetisch scheue" Hund dies einfach von seinen Eltern geerbt haben muss. Viele Dinge ergeben sich aus der ganz bestimmten Kombination, oder durch einen Schwellenwert, oder Kreuzwirkungen, Dominanz/Rezessivität etc..
Aber wenn ein Nachkomme wirklich eine vererbte Scheue (nur mal als Beispiel) hat, so kann man doch ziemlich sicher davon ausgehen, dass zumindest die "Verwandten 1. Grades" auch dieses "Defektgen" (wenn ich das mal so nennen darf!) in sich tragen - zumindest in einfacher Dosis?
Was ich damit sagen will: Ist es nicht "Der Vorteil" der Linienzucht, dass sich "versteckte Defekte" früher oder später zeigen (aber eben auch "manifestiert" sind)?
Richtig. Oder eben das frei-Sein von Defekten. Guck' dir mal diesen Stammbaum an, ein sehr bekannter Vererber mit einer sehr hohen Inzucht:
Wenn du auf "Kinder" klickst siehst du, dass selbst unter Berücksichtigung der nicht ausgewerteten Hüften der Rüde HD-mäßig nicht belastet sein kann, sonst wäre bei der Vielzahl von Kombinationen irgendwann mal HD aufgetaucht. Bei derartigen Inzuchtgraden kann dann auch seine Verwandtschaft nicht schwer belastet sein. HD-mäßig eine tolle Linie. Interessant übrigens, dass kaum ein Hund in Otis' Stammbaum geröntgt wurde
.
HD-frei heißt aber nicht gesund, da gibt's ja noch viel mehr zu bedenken. Ich würde mir ab und an eine Geschwisterverpaarung o.Ä. wünschen, weil das rezessive Defektgene sofort sichtbar machen würde. Selbst in der Linienzucht können sich solche Defekte noch ganz gut "verstecken".
Selbst wenn man alles bedacht hat, zwei Top-Hunde aus Top-Linien hat, die beide schon mit anderen Partnern Top-Nachzucht gebracht haben - kann es passieren, dass sie einfach nicht "zueinander passen", und der komplette Wurf schlecht wird.
Und schon kann man alle genetischen Theorien in die Tonne werfen und wieder den alten Züchtern zuhören, die das irgendwie nach Gefühl machen und schon ewig Erfolg haben, ohne je ein Genetikbuch angefasst zu haben
.
LG
Mareike