Überbelegte Tierheime durch neue Verordnung
Innenminister weist Kritik von Tierschützern zurück
Schwerin (dpa/EB) Die seit August des Vorjahres geltende Kampfhundeverordnung hat überfüllte Tierheime zur Folge. "Die Heime haben Zuwachsraten von über 50 Prozent bei Hunden, die auf der Rasseliste der Verordnung als gefährlich aufgeführt sind", sagte gestern Dietmar Bonny, Vorsitzender des MV-Tierschutzbundes.
Vermehrt würden auch große Hunde, die nicht auf der Liste stehen, abgegeben. Grund sei oft die "Sorge vor möglicherweise steigenden Steuern und
Einschränkungen".
Das landesweit größte Tierheim in Schlaage (Landkreis Bad Doberan) habe zurzeit zwischen 90 und 110 Hunde, ausgelegt sei es für maximal 50 bis 60 Hunde. In Schwerin sind im vergangenen Jahr mehr als 40 Kampfhunde abgegeben worden, doppelt so viele wie in den Vorjahren, so Tierheimleiter Rainer Strelow. Er halte die Diskussion um die Kampfhunde für "ein bisschen aufgepeitscht." Diese Hunde seien nicht aggressiver als andere.
Tierschützer Bonny bezeichnete die Hundehalterverordnung erneut als "mit der heißen Nadel gestrickt, um den Bürger zu beruhigen" (Wir berichteten). Schon lange fordere der Tierschutzbund eine Verordnung zur Hundehaltung, ohne dass die Politik sich ernsthaft gekümmert hätte.
Innenminister Gottfried Timm (SPD) schätzte die Verordnung hingegen gestern als "vollen Erfolg" ein. Es gebe weniger Kampfhunde, sie würden an der Leine und mit Maulkorb geführt. Auch die Zahl der Zwischenfälle sei geringer geworden. Der Schutz der Menschen habe im Vordergrund gestanden. Die Frage der
Tierheime dürfe nicht "hinten runter fallen". Das Problem
werde man in der Landesregierung beraten müssen.
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Tierheim Petersberg
Alles besetzt im Hundezwinger
Viele Vierbeiner kaum vermittelbar
Von Claudia Friedrich
Petersberg - Das Tierheim auf dem Petersberg ist voll belegt. Alle 15 Hundeboxen sind ausgebucht. Nicht etwa, weil die Weihnachtsgeschenke zurück gegeben wurden - die kommen erst zu Ostern, meint die Geschäftsführerin des Tierschutzvereins Rhein-Berg Hedi Rupp - sondern wegen der neuen Hundeverordnung.
Insgesamt wurden im letzten Jahr in Kürten-Petersberg rund 240 Hunde abgegeben, so viele wie in keinem Jahr zuvor. Allein vier Tiere gehören zur Kategorie 1, den so genannten "Kampfhunden". Erst letzten Monat habe man einen Rottweiler gefunden, der an einem Baum angebunden war.
Einer der Problemhunde konnte jüngst vermittelt werden: "Gegen eine ganz geringe Spende. Damit er ein gutes Zuhause bekommt." Für Hedi Rupp ist es untragbar, dass ein Tier sein ganzes Leben im Tierheim verbringt. Ein Heim könne nur Durchgangsstation sein. "Das sind ja alles Junghunde. Die können noch zehn Jahre leben." Die meisten sind nach Auskunft der Tierschützer "liebe Tiere", die keinem etwas zu Leide tun. "Wir lassen keine aggressiven Hunde am Leben." Benimmt sich ein Tier auffällig, wird es durch Kreisveterinär, Tierarzt, Ordnungsbehörde und Tierschutzverein beobachtet, bevor es eventuell eingeschläfert wird.
Trotz guter Pflege und viel Werbung bleibt das Heim auf den großen Hunden sitzen. Anders als früher werden jetzt nur noch die kleinen vermittelt. Die über 20 Kilo schweren und 40 Zentimeter hohen bedeuten zu viele Steuern und zu viel Ärger.
Gerade bekam das Tierheim-Team einen Hund zurück, den es vor fünf Jahren erfolgreich vermittelt hatte. "Der Hund ist jetzt sieben Jahre alt und wir kriegen keine müde Mark von dem Besitzer."
Die Mitarbeiter im Tierheim haben alle Hände voll zu tun. Aisha und ihre sieben neugeborenen Welpen brauchen viel Zuwendung. Der fünfjährige Boris, ein Mastino, bleibt für immer da. Spike und Steffi, zwei junge Staffordshire-Terrier, warten auf Streicheleinheiten. Der Grieche Paris hat Glück: Er wird jeden Tag von einem Paten abgeholt und darf mit ihm und Mücke, dem Hund des Paten, spazieren gehen.
Um die anderen Tiere macht sich Tierschutz-Chefin Hedi Rupp weniger Sorgen. Erst vorige Woche wurden sechs Zwergkaninchen abgegeben. Die schwarzen, zwei Monate alten Langohren, sind aus einem Wurf. Gemeinsam mit Angorahasen, Meerschweinchen, einer dreibeinigen Ratte und Wellensittichen hausen sie nun in einem Zimmer.
In dem Raum nebenan warten wilde Katzen auf einen Bauernhof und viel Auslauf. Im Zimmer gegenüber gewöhnt sich eine junge Hauskatze an die neue Umgebung. "Wenn sie niemand sucht, dann wurde sie bewusst ausgesetzt."
Drei Festangestellte und zwei Aushilfen kümmern sich um die Tiere. Jetzt will der Tierschutzverein sein Team um eine Halbtagskraft erweitern. Die Mitarbeiter sind ständig auf der Suche nach Ehrenamtlichen und verantwortungsbewussten Tierliebhabern, die Vierbeiner suchen oder sich Federvieh zulegen wollen.
Interessierte wenden sich ans Kürtener Tierheim Petersberg unter [TEL] 0 22 68 62 92 oder den Tierschutzverein unter [TEL] 0 22 07/ 14 41.
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Erste "Hundeführerscheine" werden ausgestellt - im Tierheim bleibt´s eng
Unna. (wig) Verantwortungsbewusste Hundebesitzer können durchaus weiter Tiere der sogenannten "Kampfhunderassen" halten. Im Zusammenspiel von Stadt und Kreis sind die ersten "Hundeführerscheine" auch für Problem-Vierbeiner ausgehändigt worden.
Über 100 Sachkundenachweise haben die Veterinäre beim Kreis inzwischen bereits ausgestellt. Der Nachweis ist Voraussetzung dafür, bei der Stadt die Erlaubnis zur Haltung der als problematisch eingestuften Hunde zu bekommen. Ihre Sachkunde können die Halter durch die Beantwortung eines Fragekatalogs nachweisen. Das Verfahren habe sich inzwischen als praktikabel erwiesen, sagt Kreis-Tierärztin Dr. Uta Krebs.
Für die 45 derzeit herrenlosen "Pitbulls" und "Staffordshires" bedeutet das aber kaum Hoffnung. Sie gehörten früher eher weniger verantwortungsvollen Haltern - von denen ist kaum zu erwarten, dass sie jetzt den geforderten Sachkundenachweis erwerben und ihre Tiere dann zurück holen. Andere Interessenten sind für die Problem-Gäste im Tierheim auch nicht zu erwärmen.
Immerhin gibt es einige engagierte Tierheim-Besucher, die die Dauer-Gäste mitunter ausführen. Trotzdem: Je länger der Aufenthalt dauert, desto problematischer werden die Hunde. Eine Lösung ist nicht in Sicht.
Zudem nehmen die fast nicht vermittelbaren "Kampfhunde" wertvollen Platz in den Zwingern weg. Um des Andrangs überhaupt Herr zu werden, waren schon neue Zwinger angeschafft worden. Auch die Stadt Unna hatte dazu 6000 Mark locker machen müssen. Eine Ausgabe, die aber leicht durch die Hundeverordnung gegenfinanziert ist: Über 200 Hunde wurden in Unna seit Mitte 2000 neu angemeldet. Rund 34 000 Mark brachte das an zusätzlichen Steuereinnahmen.
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Innenminister weist Kritik von Tierschützern zurück
Schwerin (dpa/EB) Die seit August des Vorjahres geltende Kampfhundeverordnung hat überfüllte Tierheime zur Folge. "Die Heime haben Zuwachsraten von über 50 Prozent bei Hunden, die auf der Rasseliste der Verordnung als gefährlich aufgeführt sind", sagte gestern Dietmar Bonny, Vorsitzender des MV-Tierschutzbundes.
Vermehrt würden auch große Hunde, die nicht auf der Liste stehen, abgegeben. Grund sei oft die "Sorge vor möglicherweise steigenden Steuern und
Einschränkungen".
Das landesweit größte Tierheim in Schlaage (Landkreis Bad Doberan) habe zurzeit zwischen 90 und 110 Hunde, ausgelegt sei es für maximal 50 bis 60 Hunde. In Schwerin sind im vergangenen Jahr mehr als 40 Kampfhunde abgegeben worden, doppelt so viele wie in den Vorjahren, so Tierheimleiter Rainer Strelow. Er halte die Diskussion um die Kampfhunde für "ein bisschen aufgepeitscht." Diese Hunde seien nicht aggressiver als andere.
Tierschützer Bonny bezeichnete die Hundehalterverordnung erneut als "mit der heißen Nadel gestrickt, um den Bürger zu beruhigen" (Wir berichteten). Schon lange fordere der Tierschutzbund eine Verordnung zur Hundehaltung, ohne dass die Politik sich ernsthaft gekümmert hätte.
Innenminister Gottfried Timm (SPD) schätzte die Verordnung hingegen gestern als "vollen Erfolg" ein. Es gebe weniger Kampfhunde, sie würden an der Leine und mit Maulkorb geführt. Auch die Zahl der Zwischenfälle sei geringer geworden. Der Schutz der Menschen habe im Vordergrund gestanden. Die Frage der
Tierheime dürfe nicht "hinten runter fallen". Das Problem
werde man in der Landesregierung beraten müssen.
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Tierheim Petersberg
Alles besetzt im Hundezwinger
Viele Vierbeiner kaum vermittelbar
Von Claudia Friedrich
Petersberg - Das Tierheim auf dem Petersberg ist voll belegt. Alle 15 Hundeboxen sind ausgebucht. Nicht etwa, weil die Weihnachtsgeschenke zurück gegeben wurden - die kommen erst zu Ostern, meint die Geschäftsführerin des Tierschutzvereins Rhein-Berg Hedi Rupp - sondern wegen der neuen Hundeverordnung.
Insgesamt wurden im letzten Jahr in Kürten-Petersberg rund 240 Hunde abgegeben, so viele wie in keinem Jahr zuvor. Allein vier Tiere gehören zur Kategorie 1, den so genannten "Kampfhunden". Erst letzten Monat habe man einen Rottweiler gefunden, der an einem Baum angebunden war.
Einer der Problemhunde konnte jüngst vermittelt werden: "Gegen eine ganz geringe Spende. Damit er ein gutes Zuhause bekommt." Für Hedi Rupp ist es untragbar, dass ein Tier sein ganzes Leben im Tierheim verbringt. Ein Heim könne nur Durchgangsstation sein. "Das sind ja alles Junghunde. Die können noch zehn Jahre leben." Die meisten sind nach Auskunft der Tierschützer "liebe Tiere", die keinem etwas zu Leide tun. "Wir lassen keine aggressiven Hunde am Leben." Benimmt sich ein Tier auffällig, wird es durch Kreisveterinär, Tierarzt, Ordnungsbehörde und Tierschutzverein beobachtet, bevor es eventuell eingeschläfert wird.
Trotz guter Pflege und viel Werbung bleibt das Heim auf den großen Hunden sitzen. Anders als früher werden jetzt nur noch die kleinen vermittelt. Die über 20 Kilo schweren und 40 Zentimeter hohen bedeuten zu viele Steuern und zu viel Ärger.
Gerade bekam das Tierheim-Team einen Hund zurück, den es vor fünf Jahren erfolgreich vermittelt hatte. "Der Hund ist jetzt sieben Jahre alt und wir kriegen keine müde Mark von dem Besitzer."
Die Mitarbeiter im Tierheim haben alle Hände voll zu tun. Aisha und ihre sieben neugeborenen Welpen brauchen viel Zuwendung. Der fünfjährige Boris, ein Mastino, bleibt für immer da. Spike und Steffi, zwei junge Staffordshire-Terrier, warten auf Streicheleinheiten. Der Grieche Paris hat Glück: Er wird jeden Tag von einem Paten abgeholt und darf mit ihm und Mücke, dem Hund des Paten, spazieren gehen.
Um die anderen Tiere macht sich Tierschutz-Chefin Hedi Rupp weniger Sorgen. Erst vorige Woche wurden sechs Zwergkaninchen abgegeben. Die schwarzen, zwei Monate alten Langohren, sind aus einem Wurf. Gemeinsam mit Angorahasen, Meerschweinchen, einer dreibeinigen Ratte und Wellensittichen hausen sie nun in einem Zimmer.
In dem Raum nebenan warten wilde Katzen auf einen Bauernhof und viel Auslauf. Im Zimmer gegenüber gewöhnt sich eine junge Hauskatze an die neue Umgebung. "Wenn sie niemand sucht, dann wurde sie bewusst ausgesetzt."
Drei Festangestellte und zwei Aushilfen kümmern sich um die Tiere. Jetzt will der Tierschutzverein sein Team um eine Halbtagskraft erweitern. Die Mitarbeiter sind ständig auf der Suche nach Ehrenamtlichen und verantwortungsbewussten Tierliebhabern, die Vierbeiner suchen oder sich Federvieh zulegen wollen.
Interessierte wenden sich ans Kürtener Tierheim Petersberg unter [TEL] 0 22 68 62 92 oder den Tierschutzverein unter [TEL] 0 22 07/ 14 41.
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Erste "Hundeführerscheine" werden ausgestellt - im Tierheim bleibt´s eng
Unna. (wig) Verantwortungsbewusste Hundebesitzer können durchaus weiter Tiere der sogenannten "Kampfhunderassen" halten. Im Zusammenspiel von Stadt und Kreis sind die ersten "Hundeführerscheine" auch für Problem-Vierbeiner ausgehändigt worden.
Über 100 Sachkundenachweise haben die Veterinäre beim Kreis inzwischen bereits ausgestellt. Der Nachweis ist Voraussetzung dafür, bei der Stadt die Erlaubnis zur Haltung der als problematisch eingestuften Hunde zu bekommen. Ihre Sachkunde können die Halter durch die Beantwortung eines Fragekatalogs nachweisen. Das Verfahren habe sich inzwischen als praktikabel erwiesen, sagt Kreis-Tierärztin Dr. Uta Krebs.
Für die 45 derzeit herrenlosen "Pitbulls" und "Staffordshires" bedeutet das aber kaum Hoffnung. Sie gehörten früher eher weniger verantwortungsvollen Haltern - von denen ist kaum zu erwarten, dass sie jetzt den geforderten Sachkundenachweis erwerben und ihre Tiere dann zurück holen. Andere Interessenten sind für die Problem-Gäste im Tierheim auch nicht zu erwärmen.
Immerhin gibt es einige engagierte Tierheim-Besucher, die die Dauer-Gäste mitunter ausführen. Trotzdem: Je länger der Aufenthalt dauert, desto problematischer werden die Hunde. Eine Lösung ist nicht in Sicht.
Zudem nehmen die fast nicht vermittelbaren "Kampfhunde" wertvollen Platz in den Zwingern weg. Um des Andrangs überhaupt Herr zu werden, waren schon neue Zwinger angeschafft worden. Auch die Stadt Unna hatte dazu 6000 Mark locker machen müssen. Eine Ausgabe, die aber leicht durch die Hundeverordnung gegenfinanziert ist: Über 200 Hunde wurden in Unna seit Mitte 2000 neu angemeldet. Rund 34 000 Mark brachte das an zusätzlichen Steuereinnahmen.
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