Zusatz zu VOX-Beitrag von Thomas Baumann
Ein voller Drehtag und letztlich bleiben 10 Minuten Sendezeit, die dem Zuschauer etwas Bestimmtes vermitteln soll. Am Anfang sieht man drei aggressive Hunde und am Ende sind die Hunde weitgehend aggressionsfrei. Für VOX ist das Sendeziel erreicht und für die meisten Zuschauer auch. Die offensichtliche Botschaft: aggressive Hunde nicht gleich einschläfern lassen, sondern mit ihnen arbeiten und möglichst erfolgreich unter Anleitung therapieren! Das genau war auch meine Botschaft und deshalb halte ich unter Berücksichtigung der Kürze des Beitrages dieses Ziel für erreicht! Zumal ganz offensichtlich und nach persönlicher Erfahrung für erschreckend viele Hundehalter und leider auch Hundetrainer und Verhaltensberater das Einschläfern eines Hundes Vorrang vor einer Verhaltenskorrektur oder einer sinnvollen Therapie hat. Das viel zu häufig sinnlose Euthanasieren von aggressiven Hunden ist einer der ganz wenigen Aspekte in meinem Leben, der mich nicht nur traurig, sondern auch wütend stimmt.
Um aber jeden der einzeln gezeigten Sachverhalte in vollem Umfang zu demonstrieren, hätten wir eine Sendelaufzeit von mindestens drei Stunden benötigt – dabei standen ursprünglich nur sechs Minuten zur Verfügung und der Beitrag wurde „ausnahmsweise“ um fast vier Minuten verlängert.
Deshalb bringe ich abschließend folgendes zum Ausdruck: selbstverständlich ist ein Verhaltensabbruch oder eine Verhaltenskorrektur bei einem aggressiven Hund nur das einzelne Element eines meist umfangreichen Maßnahmenpaketes; selbstverständlich dauert eine ausführliche Anamnese inklusive Verhaltensanalyse bei jedem einzelnen Hund schon alleine rund eine Stunde; selbstverständlich müssen in fast allen Fällen individuelle Beziehungsreformen erfolgen, die auf den ersten Blick scheinbar gar nichts mit dem aggressiven Verhalten zu tun haben; selbstverständlich müssen Verhaltenskorrekturen kompensiert werden durch eine zielgerichtete Zuwendung und soziale Unterstützung NACH einer Einwirkung; selbstverständlich gehört bei vielen Hunden auch eine im Vorfeld durchzuführende tiermedizinische Untersuchung dazu, um schmerz- oder erkrankungsbedingtes Aggressionsverhalten ausschließen zu können. Und selbstverständlich wird der Halter eines futteraggressiven Hundes lernen, dass er seinem Hund nicht als Ressourcen-Konkurrent sondern als Ressourcen-Verwalter begegnet. Wenn der in der Tat bissige Mittelschnauzer gelernt hat, dass ihm sein Besitzer das Futter nicht wegnimmt, sondern lediglich die Vergabe koordiniert, wird er sich immer mehr entspannen und alles andere als noch „explosiver“. Und selbstverständlich leisten Spielzeug und Leckerli nicht annähernd den Therapieerfolg wie eine ausschließlich Soziale Unterstützung (körpersprachlich, verbal, taktil).
Das Gesamtpaket beinhaltet aber auch noch weitere Elemente, wie beispielsweise individuell zugeschnittene Auslastungs- und Beschäftigungsmodelle, Bereichsregeln in der Wohnung bis hin zur inhaltlichen Zusammensetzung des Futters.
Allem voran aber steht erst einmal die Aufgabe, dem Hund klar zu machen, dass aggressives Verhalten zur Konfliktlösung unerwünscht ist und dazu gehören insbesondere bei den sogenannten Härtefällen stets individuell einzusetzende Verhaltensabbrüche.
Würden tatsächlich durch meine Arbeit und meinem Umgang mit aggressiven Hunden die Vierbeiner noch aggressiver und gefährlicher, wäre ich schon lange kein Hundetrainer mehr. Die persönliche Erfolgs-Bilanz zeigt hingegen deutlich, dass (fast) alle unangemessen bis gefährlich aggressiven Hunde, die zu mir kommen, mittel- und langfristig eine immense Verhaltensstabilisierung erhalten und deren Besitzer auch wieder von einer glücklichen Mensch-Hund-Beziehung (ohne unangemessene Aggression) sprechen.
Nicht mehr und nicht weniger ist gewollt! Wer tatsächlich jetzt seinem Hund zuhause unbedarft mit Wasser das Gesicht vollspritzt oder an einem Halti herumreißen sollte, der wird sicher die Sinnlosigkeit seines Tuns schnell erkennen und sich –zig andere Hundesendungen anschauen, mit deren Inhalte er genauso wenig weiterkommen wird.
Deshalb nochmals die gut gemeinte VOX- und Baumann-Botschaft: aggressive Hunde nicht gleich einschläfern lassen, sondern mit ihnen arbeiten und möglichst erfolgreich unter Anleitung therapieren!
Thomas Baumann