Ich moechte nochmal zurueck zu dem Anspruch der an Politiker gestellt wird:
Wir reden immerhin von Menschen, die hier nicht nur das Land steuern, sondern auch Gesetze schaffen, die dazu gedacht sind, Recht von Unrecht zu unterscheiden. Und ja, an solche Leute habe ich einen deutlich erhoehten Anspruch! Da verlange ich Neutralitaet, den Willen sich sachkundig zu machen, etc.
Bestimmt nicht, aber die stehen nun mal in der Öffentlichkeit und grade die müssten wissen das es deren Lieblingsbeschäftigung ist, anderen ans Bein zu pieseln. Und wer dann so dumm dreist ist und denk das das niemanden auffällt... Starkes Stück.
Die Sache an sich ist nicht besser oder schlechter, aber den Ruf der Politiker ruinieren sie damit bestimmt. Grade wenn ich in der Öffentlichkeit stehe, für etwas einstehe oder auch verurteile, dann darf ich das einfach nicht wenn ich Dreck am stecken habe.
Mir ist endlich (irgendwann heute Nachmittag beim Mülltonnen reinholen...
) eingefallen, wo hier meiner Meinung nach der Denkfehler liegt...
Bzw. vielleicht, was mich an dieser Argumentation schon die ganze Zeit gestört hat.
Diese "Prominenten", an die wegen ihres hohen Amtes
jetzt so hohe Ansprüche gestellt werden (durchaus zu Recht) - die waren ja nicht immer prominent. Oder zumindest nicht
so prominent.
Und da liegt der Hase im Pfeffer.
Man promoviert nicht erst, wenn man berühmt und karrieremäßig etabliert ist, man tut das idR direkt im Anschluss an das Studium. Da weiß man als Nachwuchs-Politiker schon, dass man Politiker werden will (außer vermutlich Guttenberg, der war wohl irgendwie ein Spätstarter mit über 30???), aber wie weit man es da bringt, ob Kreisklasse, Land- oder gar Bundestag oder höhere Weihen in Europa... ist doch meist noch nicht abzusehen?
Ich hab das jetzt mal nachgesehen:
Mit der Promotion begonnen hat er 1999. Fertig wurde sie erst 2006, und zwar wohl darum, weil der Doktorvater ihm mehr oder weniger die Pistole auf die Brust gesetzt hatte (nach so einer langen Zeit nicht unüblich, eben eine Frist zu setzen, und anderenfalls das Thema quasi abzulehnen und die Dissertation nicht mehrn zuzulassen.)
2006 war Gutteberg schon seit 4 Jahren Abgeordneter, aber im Grunde Hinterbänkler. Außerhalb von Bayern kannte den kein Mensch.
Dass er 2009 mehr oder weniger durch einen Zufall Wirtschafts-, und dann im neuen Kabinett Verteidigungsminister sein würde, konnte er da noch nicht ahnen. Er bewegte sich in gehobenem, aber nicht im höchsten Rahmen und stand nicht im Licht der Öffentlichkeit. Wie x andere Doktoranden auch.
Also war nicht davon auszugehen, dass jemals irgendwen interessieren würde, was in seiner Doktorarbeit steht.
Ähnlich im Grunde Koch-Mehrin
Als Vertreterin der Jungen Liberalen (?) war sie seit 1999 im Bundesvorstand der FDP. Promoviert wurde sie 2000, was bedeutet, die Arbeit wurde vermutlich etwa zeitgleich eingereicht wie sie in den Vorstand kam.
Ins Europaparlament ist sie aber erst 2004 eingezogen, davor glänzte die FDP 4 Jahre dort durch Abwesenheit.
Ich denke, auch bei ihr war 2000 noch nicht abzusehen, dass sie es "weit bringen" und "im Licht der Öffentlichkeit stehen" würde.
Im Grunde waren beide zum Zeitpunkt ihrer Promotion stark politisch engagiert bzw. beruflich dort eingebunden, aber noch nicht unbedingt in einer Position, die höhere Weihen verhieß... "relativ normale" Promovenden halt, mit "relativ wenig Zeit" (solche gibt es auch außerhalb der Politik).
Und darum bin ich fast überzeugt davon, dass gerade auf diesem Gebiet vermutlich bei wesentlich mehr Leuten derartige Passagen in ihren Abschlussarbeiten gefunden werden würden, wenn man nur mal
suchen würde...
Und ja, man könnte daraus schließen, dass halt von den Studenten, die es gibt, offenbar nur die unanständigen Politiker werden... und darüber nachdenken, was das über unsere Politiker aussagt.
Aber
1. wird ja niemand veröffentlichen, wie viele Disserationen von Politikern er schon erfolglos durchsucht hat, bevor er fündig geworden ist... eine Liste der "ehrlichen" Schreiber gibt es ja noch nicht, oder?
und
2. wissen wir eben nicht, bei wievielen nicht ganz so prominent Gewordenen man auch Erfolg hätte, wenn man denn bloß suchen würde - was aber keiner macht, weil die ja keinen interessieren.
Ich finde es übrigens vom akademischen Standpunkt her ganz in Ordnung, dass sowas geahndet wird, alles andere ist im Grunde ein Schlag ins Gesicht der Leute, die sich die Mühe machen, Literatur zu sichten und selbst einen Text zu schreiben...
Ich finde es nur unfair, das ausschließlich als "typische Politiker-Sünde" hinzustellen und "ja klar, die Politiker..." zu sagen.
Mir zeigt das eher, dass wir hier im Lande zu einem recht großen Teil kein Unrechtsbewusstsein mehr haben, wo Leute lieber den leichteren Weg gehen, und Schummeln okay ist, solange es nicht auffliegt... und jeder irgendwo "ein bisschen" betrügt, und manche eben ein bisschen mehr.
Die Politiker auch, aber eben nicht nur.
Und das finde ich insgesamt eben schlimm.