Hallo Spikeroco
Wieder ist ein von herzen geliebtes Wesen von der Erde verschwunden, aber in Deinem Herzen bleibt eine Spur zurück die nie vergehen wird. Es ist immer schwierig Abschied zu nehmen, ganz gleich wie lange es gedauert hat. Und eines kann ich Dir versichern, es wird nie anders sein. Selbst wenn es wie bei mir in die nicht mehr zählbaren geht.
Darf ich Dir als kleines, wenn auch trauriges, Trostpflaster eine meiner Geschichten geben???
Woher bekommt man eine Katze
Das war die Frage, die ich mir nach dem offiziellen OK meiner zweiten besseren Hälfte zu stellen hatte. Noch neu in der Gemeinde, ohne den entsprechenden Background und dem Wissen das ich heute habe, ging ich zur Nachbarin. „Geh doch mal auf einen Bauernhof, hier hat es einige und die haben alle Katzen“
Na gut, ist eigentlich logisch, es ist Frühling und die Katzenkinder müssten schon da sein. Guten Mutes ging ich dann auf den nächstgelegenen Hof. „ Jaaaaaaaaaaaaa, Katzen haben wir hier genug und Kleine sind auch da. Aber so einfach kriegen kann man die nicht, wir müssen die einfangen.“ Bestens, dachte ich, kann ja nicht so schwierig sein. Pustekuchen!!!! Das was da kreuchte und fleuchte waren ja keine Schmusekatzen wie ich sie durch die eigenen Katzen im Elternhaus gewöhnt war. Hier handelte es sich um kratzende und beißende kleine Ungeheuer, und mit einem davon wurde ich zwei Wochen später belohnt.
Es war eine acht Wochen alte getigerte männliche Kampfmaschine, die wir bei der Ankunft Zuhause in die Freiheit der Wohnung entließen. Ein schwerwiegender Fehler, wie es sich im Laufe der nächsten Wochen herausstellte. Die Nähe der Menschen nur bedingt gewohnt, versteckte sich der Winzling in den unmöglichsten Ecken und Winkeln. Wir hatten eine 90qm große Wohnung, bestehend aus einem großen Flur, zwei Kinderzimmern, einem Schlafzimmer, Küche und Wohnzimmer und natürlich Bad mit Dusche und Gästetoilette. Wie viele Stunden wir damit verbrachten den kleinen Geist in dieser Wohnung aufzuspüren kann ich nicht sagen. Es waren unendlich viele. Wir fanden den Kater hinter die Lamellen des Kühlschranks geklemmt, in der Backofenschublade in einer Kuchenform, unter den Schutzstoff des Sofasitzes, hinter dem Küchenschrank versteckt. Einmal war er zwei Tage verschwunden, da hatte er sich unter der Badewanne verkrochen und war weiter unter die verkachelte Duschwanne gerutscht. Der Hausherr hatte an diesem Tag noch eine Verkleidung vor die Badewanne gemacht und der Kater konnte deswegen nicht mehr heraus. Als wir endlich ahnten wo der kleine Mann steckte, blieb uns nichts anderes übrig als die Kacheln an der Dusche herauszustemmen, damit wir an den Kater herankamen. Er dankte uns die Rettung damit, dass er mir so fest in den kleinen Finger biss, dass der Fingernagel punktiert war.
Es war eine schmerzhafte Lehrzeit für uns Zweibeiner, aber wir wuchsen zusammen. Mutz oder Mutzele, so nannten wir den kleinen Katermann, wurde zahm und schmusig, trotz unserer Unkenntnis. Wir liebten ihn und er liebte uns. Nach der Kastra, tätowieren war damals noch nicht die Regel, genoss er Freigang. Das konnten wir ihm gönnen, denn damals war die Gegend noch sehr ruhig und Verkehrsarm.
Nach 7 Jahren zogen wir um und damals hatten wir drei Kater. Den Mutz, Max, ein 4 jähriger schwarzer und noch ein junger Tiger von ca. 1 ½ Jahren. Er war ein Findling namens Katerchen. Der alte Mutz und der junge Kater waren ein Herz und eine Seele. Sie gingen meist zusammen auf Tour und kamen auch gemeinsam zurück. Einmal, kurz nach unserem Einzug, als die Katzen ihren ersten Freigang hatten, war ich auf der Suche nach Mutz. Er kam auf keinen Ruf gerannt und antwortete auch nicht, so wie er es sonst immer tat. Da sah ich den kleinen Kater vor mir in Richtung Dachboden verschwinden und ging ihm instinktiv nach. Wie ich dann auf den Gedanken kam hinter die vielen Kartonlagen zu sehen, die der Vorbesitzer als Schutz unter das Schuppendach genagelt hatte, ist mir bis heute noch ein Rätsel. Doch genau da, zwischen Ziegel und Pappe versteckt, saß mein Mutz und hechelte auf Teufel komm raus.
Wir hatten bestimmt mehr als 40ig °C da oben, denn es war Juli und der Karton staute die Hitze noch zusätzlich. Ich griff mir meinen Angsthasen und brachte ihn an einen kühlen Ort im Haus. Dann nahm ich ein nasses Handtuch und deckte den Kater damit zur Hälfte ab. Es dauerte fast 15 Minuten bis sich Mutz körperlich und seelisch wieder beruhigt hatte. Bei mir dauerte es allerdings etwas länger.
Diese Episode nahm ein gutes Ende, doch paar Monate später hatten wir nicht mehr so viel Glück. Eines Morgens wollte mein Mann wie üblich zur Arbeit fahren. Es war noch dunkel und in unserer Garage, die eigentlich ein Holzschuppen war, gab es kaum Licht. Mein Mann fuhr vorsichtig rückwärts aus der Garage heraus und ich stand in der Nähe um das Tor wieder zuzuschieben. Und da, im Scheinwerferlicht, lag unser Mutz , nur eine kleine Handbreit von den Rädern des vorher dort geparkten Autos entfernt. Er, der vor Motorengeräuschen eine Heidenangst hatte und vor fahrenden Autos flüchtete, lag bewegungslos da und hob nur den Kopf zu einem kleinen Maunzen. In diesem Moment klingelten in mir sämtliche Alarmglocken. Ich ging schnell zu unserem Kater und nahm ihn auf den Arm. Seine hintere Körperhälfte hing kraftlos herunter, er war gelähmt.
Wir klingelten schnellstens unseren Tierarzt aus dem Bett und fuhren mit unserem Schatz in die Praxis. Die Diagnose war niederschmetternd: Gift! Ohne uns große Hoffnungen machen zu können, gab der Arzt einige Spritzen und riet uns dann abzuwarten und auf das Schlimmste gefasst zu machen. Zu Hause angekommen fuhr mein Mann zur Arbeit und ich setzte mich neben meinen Kater um ihn zu streicheln und zu beobachten. Nur eine viertel Stunde später wurde mir klar, dass alles vergebens war. Sein Todeskampf begann und es war schrecklich zu erleben, wie er sich schreiend von einer Seite zur anderen wälzte. Nun war der Zeitpunkt gekommen, den ich schon seit dem Moment in der Garage auf mich zukommen sah. Dieses Mal rief ich meinen Vater an, der mich dann zum Tierarzt fuhr und der Kater bekam seine letzte Spritze. Schon in Agonie, schrie und krampfte unser Liebling immer noch. Der Arzt beruhigte uns, dass der Kater wirklich nichts mehr spüren würde, doch es ging über meine Kräfte. Zu meiner Schande muss ich gestehen, das ich das Praxiszimmer verließ und mein Vater die Stellung halten musste. Unser lieber Mutz war das erste Tier, das ich sterben sah und dann noch auf solch elende Weise. Am gleichen Tag blieb auch unser Jüngster, das Katerle weg und wir vermuten stark, dass ihn das gleiche Schicksal ereilt hatte wie unseren Mutz. Nur, er schaffte es nicht mehr bis zu uns nach Hause. Sie waren ja unzertrennlich die zwei.
Eine Woche später stand eine Katze vor unserer Haustür mit dickem Bauch und hungrig wie ein Wolf. Sie blieb bei uns und benahm sich, als wäre sie noch nie woanders gewesen. Ihre Babys kamen 3 Wochen später die wir behielten. Mamakatze suchte sich danach in unserer Nähe ein neues Zuhause, wo sie 14 Jahre lang lebte, allein. Damals wie heute bin ich der Überzeugung, unser Mutzel hatte sie als Trost zu uns geschickt um die schwere Zeit besser zu überstehen.
Unser Mutzele ist nicht vergessen, noch heute gereut es mich manchmal, damals nicht genügend Stärke bewiesen zu haben , um Mutz bis zum Schluss zu begleiten. Doch hatte mich dieses Erlebnis für die Zukunft gerüstet. Später hatte ich die nötige Kraft um noch viele andere Katzen auf ihrem letzten Weg zu begleiten und das wiederum gab mir letztendlich auch den Mut einen Traum zu verwirklichen, den Traum aktiven Tierschutz zu betreiben.
Ich wünsche Dir und den Deinigen , dass es wie bei uns wieder eine neue Sonne in eurem Leben gibt