Ich schließe mich meinen Vorrednern an. Denke auch, hier ist ganz wichtig, dass Du Dir und dem Hund gleich auf mehreren Wegen weiterhilfst, sonst bist Du wahrscheinlich irgendwann an dem Punkt, an dem Du keine Lust mehr auf ihn hast oder einfach nur keinerlei Bock mehr, mit ihm rauszugehen.
Und solche Stimmungen übertragen sich unmittelbar auf Deinen Hund. Der merkt die Abneigung. Dein Hund will aber Spass. Und deshalb schliesst sich hier ein Teufelskreis bei Euch, wenn Du nicht aufpasst.
Je weniger Fun Du für Deinen Hund bist, umso weniger wird er sich für Dich interessieren und das bei jeder sich ergebenden Gelegenheit bei anderen Hunden/ Menschen suchen.
Dazu kommt aber auch, dass Dein Hund Respekt vor Dir haben muss. Erst dann wird er Dich 100%ig als Bezugsperson annehmen und sich auch von Dir führen lassen. Ansonsten wirst Du mit Glück nie mehr als den Stellenwert eines Spielkameraden oder halt des Leinenhalters haben, selbst wenn es Dir gelingen sollte, Dich beispielsweise mit viel gemeinsamer Beschäftigung interessanter für Deinen Hund zu machen. Du musst unbedingt an Eurer kompletten Beziehung arbeiten.
Gute “Takelage” (z.B. Harness usw.) würde ich auch als Erstes empfehlen, einfach, um Dich selber ein bisschen besser zu schonen und den Hund nicht zu verletzen.
Wenn Leine um den Bauch keine Sturzgefahr für Dich bringt - Dalmis sind ja doch recht gross und dadurch sicherlich trotz schlanker Statur auch recht kräftig - dann ist die Idee von Kathi mit Leine um den Bauch vielleicht auch wirklich mehr Schonung für Deinen Arm.
Und dann solltest Du daran arbeiten, wie Du Dich bei Deinem Hund durchsetzen kannst. Das betrifft nicht nur Euer Spazierengehen, sondern Euer ganzes Leben. Deshalb solltest Du JEDE Gelegenheit nutzen, um das mit Deinem Hund zu üben.
Wie das im Einzelnen aussehen würde, das würde diese Antwort jetzt sprengen. Aber ein guter Trainer kann Dir da mit Sicherheit weiterhelfen. Das Zerren an der Leine ist nur der für Dich gerade offensichtlichste Teil des Problems. Ich glaube deshalb auch, dass ein Einzeltraining mit einem guten Trainer Dir momentan mehr helfen würde, als die Hundeschule.
Wichtig ist auch, dass Du Dich nicht davor scheust, dem Hund auch mal eine wirklich klare Ansage zu machen.
Viele sagen, man muss einem Hund gegenüber nicht laut werden und man kann das alles mit Geduld hinbekommen usw. Das mag für viele Hunde und Situationen auch durchaus zutreffen.
Aber es gibt Hunde und Situationen, die können ein Machtwort absolut gut vertragen, gehen daran nicht kaputt und sie sind danach auch meist wie ausgewechselt. Hunde sind manchmal nicht anders, als überdrehte oder übermüdete Kinder.
Situationen, um sowas zu üben, erlebt man auch zuhause. Dann muss man sich auch nicht vor den Augen anderer Peinlichkeiten oder der Gefahr aussetzen, dass jemand die Situation vollkommen missversteht.
Mit klarer Ansage meine ich keinesfalls, dass man gewalttätig dem Hund gegenüber werden sollte. Das zerstört die Beziehung eher nur noch mehr.
Aber auch bitte nicht das genervte, wütende Zurückrufen oder Ankeifen des Hundes, das er sowieso nichtmal mitbekommt, wenn er beim Gassi gehen auf dem Weg zu anderen Hunden ist. Diese Situation wirst Du noch lange Zeit einfach erstmal managen müssen.
Denn in dieser vollkommen überreizten Stimmung, wenn er andere Hunde trifft, hast Du momentan wahrscheinlich fast egal was Du tust wenig Chancen, dass er Dich überhaupt wahrnimmt.
Da Eure Beziehung noch nicht so richtig stimmig ist, funktionieren Richtungswechsel und diese ganzen anderen Tipps momentan auch noch nicht. Denn die sind unter Anderem auch dazu da, seine Aufmerksamkeit auf Dich umzuleiten. Aber er nimmt Dich in diesen Situationen überhaupt noch nicht wahr.
Den oft von Trainern geäußerten Tipp, sich "einfach interessanter" zu machen, als die anderen Reize, finde ich genauso lustig, wie realitätsfern (vor allem das "einfach").
Vor allem, weil es sich immer anhört, als ob das etwas ist, das von jetzt auf gleich funktionieren müsste.
Damit Dein Hund auch an Deiner Ausstrahlung, Körpersprache und Stimme erkennen kann, wann er sich auf dünnem Eis bewegt, müssen diese in solchen Situationen dazu geeignet sein dem Hund unmissverständlich zu vermitteln, dass Du nicht verzweifelt bist, sondern sein Verhalten nicht tolerierst.
Ganz wichtig sind dafür auch Bestimmtheit und Konsequenz.
Das alles sollte er idealerweise deshalb auch in anderen Situationen mit weniger Einflüssen schonmal kennenlernen, damit Du überhaupt eine Chance bekommst, dass er sich irgendwann selbst in sehr reizüberladenen Situationen überhaupt erstmal dafür interessiert, was Du von ihm willst. Erst wenn es Dir gelingt, auch unter starken Umweltreizen seine Aufmerksamkeit zu erhalten, kannst Du an dem Zerren mit ihm arbeiten. Bis dahin habt Ihr ein bisschen Weg vor Euch.
Das Treffen auf andere Hunde würde ich an Deiner Stelle zur Zeit zwar nicht komplett vermeiden - geht vielleicht auch gar nicht.
Aber solange er zerrt, würde ich ihn auch nicht zu den anderen Hunden wirklich hin lassen. Maximal würde ich in ein Auslaufgebiet mit ihm gehen, wo er ohne Leine laufen und Kontakt zu anderen Hunden haben darf und sich so gar nicht erst durch das Zerren den Kontakt mit anderen Hunden erzwingen kann, sondern einfach in einer ganz anderen Ausgangssituation ist, die er auch nicht mit erfolgreichem Zerren verbinden kann. Oder wenn das vielleicht mangels guter Abrufbarkeit auch eher ein Konfliktrisiko ist, würde ich vielleicht regelmäßige "Play-Dates" mit einem Hundekumpel aus der Nachbarschaft auf einem sicheren Terrain unangeleint arrangieren (vielleicht in einem großen eingezäunten Garten, wenn möglich).
Solange er in der Leine hängt und zieht, dürfte er bei mir nicht zu den anderen Hunden hin, wenn er angeleint ist. Denn damit bestätigst Du ihm, dass er mit dem Ziehen die richtigen Prioritäten setzt, weil er damit erreichen kann, was ihn da grad am meisten interessiert. Wenn er damit erfolgreich ist, warum sollte er’s sein lassen.
Den angeleinten Kontakt mit anderen Hunden - sofern die überhaupt wollen - würde ich in ganz kleinen Dosierungen nach viel Training als BELOHNUNG einsetzen, wenn sich Besserung beim Ziehen zeigt.
Ich denke, da erzähl ich Dir auch nix neues. Du warst ja schon in der Hundeschule.
Dein Hund tickt im Prinzip ganz einfach: Er will immer das, was ihm den meisten Fun bereitet oder anderweitig den meisten Nutzen bringt (Essen, Leckerchen und was Hunde eben so alles wichtig/ sinnvoll finden können …).
Momentan sind das beim Gassi gehen andere Hunde und auf seiner Liste stehen Deine Wünsche derzeit weit unten.
Wenn sich Eure Beziehung ändert, dann wird auch DEIN Lob, DEINE Aufmerksamkeit oder auch der Wunsch, den Familienfrieden nicht zu stören, eine wesentlich höhere Priorität für ihn bekommen.
Ich habe keine Erfahrung mit Dalmatinern, aber ich habe selber einen Hund aus einer Rasse, die bei Besitzern mit gutem Durchsetzungsvermögen und -willen am besten aufgehoben sind. Und ich vermute, dass sich die Erfahrungen an dieser Stelle durchaus übertragen lassen.
Da Dein Hund noch jung ist, wirst Du ganz bestimmt noch eine ganze Weile Geduld aufbringen müssen, bis sich merkliche Besserung einstellt.
Das ist auch ein weiterer Faktor.
Training braucht seine Zeit. Gerade wenn es um Verhalten geht und insbesondere solches, das noch nicht kanalisiert ist oder umgekehrt sich falsch eingeschliffen hat, muss man oftmals eher in Monaten rechnen, manchmal in Jahren und dabei aber kontinuierlich dran bleiben. Jedes Schleifenlassen rächt sich meist dreifach.
Geduld wirst Du selbst dann noch brauchen, wenn Du einen guten Weg für Euch gefunden hast.
Das Problem liegt nicht bei Deinem Hund. Der ist vermutlich einfach nur genau so quirlig wie viele andere Dalmis.
Ich bin mir ganz sicher, dass das größte Problem in Eurer Beziehung zueinander liegt. Und dass es deshalb auch am wichtigsten ist, dass Du daran arbeitest, damit das Gehorsamstraining dann auch eine Chance hat, für Euch vor allem im Alltag zu funktionieren.