Liebe Chay...
...vorweg erstmal: Ich versteh dich schon...
...aber...
....dies war nun einfach nicht mehr und nicht weniger als das Absetzen DEINER rosaroten Brille...
Wie ich darauf komme?
Wenn du magst,lies...sonst scroll einfach weiter zum nächsten Post.
Ich bin mit Hunden gross geworden...meine Grosseltern hielten erst einen Spitz,später einen Rauhaarteckelmix...meine Eltern einen Labbi-Mix...die Familie meiner besten Freundin einen Schäferhund.
Als Dorfkind ging ich damals schon mit 7,8 Jahren mit allerlei Nachbarshunde spazieren usw.
Ich hielt mich also,später als Erwachsene, für einen durchaus erfahrenen Hundemenschen...
Was lag also näher...dann im Jahre 1993,bestückt mit Baby,Mann und gemietetem Haus...als selbst einem *eigenen* Hund ein Zuhaus zu geben?
Aufgeklärt und taff,Gutmensch der ich nun Mal war,sollte es natürlich ein Hund ausn Tierschutz sein.
Ich informierte mich,dachte viel nach...spielte alles Mögliche durch...rechnete alles durch....
Hach,watt war ich aufgeklärt...und das damals noch ganz ohne Internet
Und natürlich sollte es kein Allerweltshund sein...es sollte schon ein Hund sein,der es schwerer hat als andere Hunde...Das war ich mir als Gutmensch schon fast schuldig
Wir fanden dann "unseren" Hund im nahen Tierheim...ein 1jähriger Doggenmixboy (
1993 gabs noch keine SoKa-Hysterie,aber durchaus schon Vorurteile gegen schwarze,grosse,muskulöse Hunde---und ICH war ja schliesslich Vorurteilsfrei...)...gingen auch brav mehrmals mit ihm spazieren und adoptierten ihn dann voller Tatendrang und guten Gewissens.
Und zuhaus erwischte es
mich dann quasi eiskalt...,von eben auf jetzt. Die absolute Unsicherheit packte mich...ich hatte Angst,irgendwas falsch zu machen...Angst mich und/oder den Hund überschätzt zu haben...Angst um mein Menschenbaby...
Und wie reagierte der Hund? Unsicher und ausweichend natürlich
mir gegenüber...
(Was ich damals aber gar nicht so einschätzen konnte...ich empfands eher so,als würde er mich fixieren,sobald ich mich mit dem Baby beschäftigte...)
Ich schwitzte also Blut und Wasser,wenn z.B. das Baby schrie...und natürlich rannte dann der Hund hektisch rum,wenn das Baby schrie. Für ihn war ja alles noch viel neuer als für mich und ICH war ja dazu Mrs Beobacht-und-fixier (
und falsch analysier )...aber soweit dachte ich schon gar nicht mehr... Da riegelte etwas in meinem blonden Hirn...und ich dachte ganz andere böse,schlimme Gedanken...
War mein (
inzwischen Ex-)Mann daheim,war hingegen alles gut...aber als dieser dann nach 3 Tagen (überraschend) für ein paar Tage wegmusste,ging gar nix mehr... <Ich wurde immer nervöser...Hundi auch. Wir umkreisten uns quasi argwöhnisch...
Ich wünschte mir,damals hätte es schon Internetforen wie dieses hier gegeben...ich glaub tatsächlich...selbst fremde www-Hilfe hätte mich ERDEN können. (Schade,das du diese Chance zum Gedankenaustausch nicht genutzt hast,oder?) Gabs aber damals nicht...und Trainer gabs auch noch nicht wie Sand und Meer (
4 Monate Wartezeit hatte der einzig erreichbare)..Tja,also gab ich auf...
Dachte...die Chemie zwischen mir und dem Hund passte nicht....zwischen Kind und Hund passte nicht..wasweiss ich.
Ich dachte tatsächlich,mit meinem Aufgeben handele ich im Sinne des Tieres...("Lieber jetzt als später")...doch eigentlich war ich so vorbereitet wie ich war (theoretisch) nämlich gar nicht vorbereitet (praktisch)!!!
Denn selbst in meinem vielen Gedankenspielen hatte ich *natürlich* immer für jegliches Problem eine mögliche Lösung parat gehabt.
Und ich hatte tatsächlich allerhand Probleme vorab gedanklich durchdacht...
Nur die Möglichkeit,das AUCH ich einfach erstmal unsicher bin...die hab ich nie bedacht gehabt. Ich hatte tatsächlich auch sämtliche Horrorszenarien gedanklich durchgespielt...aber immer,immer,immer...war ich in jeglichen Gedankenszenarien absolut souverän.
Und dann war ich doch nur nervös und aufgeregt...
Das meine ich mit rosaroter Brille...TROTZ viel nachdenkens... der einfachste Gedankengang fehlte:
"Was ist eigentlich,wenn ICH unsicher bin ...weil für mich auch alles neu ist??? Wie gehe ICH meine Unsicherheit an und kriege trotzdem alles unter einem Hut? Wohin wende ich mich,wenn ich Hilfe brauche? "
Ich wünsche mir heut noch,im TH hätte man damals genau nachgefragt,warum ich den Hund wieder abgeben will. Man hätte mich in A*** treten und mir den Kopf ansatzweise abreissen sollen (und mich gleichzeitig an die Hand nehmen müssen)...denn es gab KEINEN *logischen* Grund,warum der Hund zurück musste...ausser die Angst vor meiner eigenen Courage.
Und mit etwas Schützenhilfe wäre ich ganz sicher wieder zum *wirklichen* Denken imstande gewesen...und zum locker sein...statt zum angespannten abwarten und fokussieren...
Im TH reagierte man leider eher gleichmütig bis bissig...a la "
Schutzgebühr zurück zahlen geht nicht,aber schaun Se mal,ob da ein anderer is,der Ihnen gefällt..."
Ich rannte heulend weg.
Ich wollte ja weder Schutzgebühr zurück noch "umtauschen"...
Und tauschte vorrübergehend meine rosarote Brille (
ich bin ein souveräner Hundemensch,jawoll,der geborene Rudelsführer) gegen eine tiefschwarze (
nie werde ich einen Hundemensch sein,nie wieder werde ich einen eigenen Hund haben)
...
Naja....ein Jahr später zog meine wunderbare Schäferhündin Skyline ein und begleitete mich beinah 14 wundervolle Jahre. An ihre Seite zog einige Jahre später immer mal wieder der eine oder andere (ältere) Hund aus dem Tierschutz. Zwischendurch hatte ich gar vier eigene Hunde plus Pflegehunde (
und nen zweites Kind inzwischen)... Meine Hunde verliessen mich alle nur wegen schwerer Krankheit/Altersschwäche und ich ging jeden Weg mit ihnen!!
Es gab immer mal Unsicherheiten,laue Gefühle in ungewohnten Situationen...aber ich hab begriffen: Ich bin auch nur ein Mensch ...nicht besser (
aber auch nicht schlechter) als andere... Und ebenso wie der neue Hund "darf" auch ich mal unsicher sein und Fragezeichen auf der Stirn haben.
Nicht jede Situation muss sofort haarscharf analysiert und in absoluter Harmonie gelöst werden...manches darf man auch erstmal meiden und das Vertrauen zueinander in anderen Situationen wachsen lassen....
Ich hab nie mehr von Anfang an ne Symbiose erwartet und das sich alles fügt,weil ich ja für alles ne Lösung parat hab...
Ich hatte eben die rosarote Brille abgesetzt.
Ich wusste,das es im Zusammenwachsen Missverständnisse geben kann...zwischen den Hunden,zwischen Hund und mir und/oder zwischen Kind(ern) und Hund(en)...
Und das es eh immer anders kommt,als man denkt
Von daher gabs nie mehr grössere Probleme,die sich nicht lösen liessen.
(Ich hatte zwar nie Angstbeisser oder so,aber ganz sicher nicht
immer nur 100% "leichte" Hunde...)
Meine Mom hat/hatte übrigens immer mehrere Second-Hand Chihuahuas und ich eher mittelgrosse Böllerköppe...aber auch da war bei der Zusammenführung immer nur meine Mom das Problem (also ihre Angst um die kleinen Sch.eisserchen
)... nie die Hunde an sich...
Der 2kg Chi spricht nämlich genauso "hund" wie der 25kg Bardinomix
Ich weiss nicht,ob du irgendwas mit meinem (sorry,urlangen) Erfahrungs-Bericht anfangen kannst...aber vielleicht hast du ja tatsächlich auch einfach "nur" die falsche (=rosarote) Brille auf....
Nur son Gedanke,den ich leider nicht kürzer gefasst hinkrieg...