Wer mich kennt, weiß, dass ich einen Charakter wie Stahl habe: Von meinem damaligen Plan, mir einen Hund anzuschaffen, konnten mich weder Wolfgang noch meine Eltern abbringen. Ich sah mich schon im Sessel sitzen, zu meinen Füßen das edle Tier, lang hingestreckt wie die Königin von Saba. Bedauerlich, dass ich keinen Kamin besitze! Große Hunde wirken besonders gut am Kaminfeuer. Aber das Rauchen mit Zigarettenspitze wollte ich mir angewöhnen. Diese spillrigen Zigaretten allein, passten nicht zu einem großen Hund. Ich wollte das geheimnisvolle Tier durch die Straßen führen, und die attraktivsten Männer würden mir bewundernd nachblicken ...
Eines Montags trudelte der Züchter, ein verwitterter Zeitgenosse namens Spaltzmann, mit einer großen Einkaufstasche an. Ich wunderte mich, dass er den Hund nicht bei sich hatte. „In ihrer Tasche läuft etwas aus, Chef!“ bemerkte ich, denn unser neuer Teppich hat 775,- DM gekostet.
Da stellte der Züchter die Tasche ab, und heraus schob sich der Kopf eines unwahrscheinlich dicken Lebewesens mit feuchter Nase. ‚Ein junges Nilpferd’, dachte ich.
„Das ist er – genau zehn Wochen alt!“, sprach Spaltzmann und setzte das dicke Tier auf den Teppich. Es schielte mich mit nassen Augen an.
„Das ist ja ein eingelaufenes Bullenkalb, ein verhunzter Elefant – fehlt nur noch der Rüssel!“, rief ich erschüttert. Das Bullenkalb schlackerte mit einer Art Bockwurst, die wohl sein Schwanz darstellen sollte. Dieses Schlackern nahm mich für das Tier ein.
„Sieht so ein junger Schäferhund aus?“, fragte ich staunend. „Er hat das klassische Aussehen eines kerngesunden Rasserüden“, sprach der abgebrühte Züchter und erzählte mir, der Hund hätte unter einem Holunderbaum das Licht der Welt erblickt. „Seine Mutter hat sich dort eine Höhle gegraben und die Jungen geworfen. Er ist der einzige Knabe in der Familie, sonst nur Weiber, nur Weiber.“
Sofort erschien mir der Hund in einem romantischen Licht. Ich dachte an „Wolfsblut“ von Jack London und drückte dem Züchter dankbar die hornhäutige Pranke, wobei 400,- DM den Besitzer wechselten.
Der Holunderbaumwolf taumelte indessen auf dicken Stempeln durch die Wohnung und schluchzte herzzerreißend. „Jetzt sucht er seine Mama und seine Schwestern“, erklärte Spaltzmann kaltblütig. „Das gibt sich. Junge Hunde sind vergesslich. Wie Menschen.“ Mir brach fast das Herz, und der Hund lief auf meinem Teppich aus. Spaltzmann unterrichtete mich och über Behandlungsmethoden, dann ließ er mich brutal im Stich.
Allein mit dem Hund, blickten wir einander in die aufgerissenen Augen und hatten Angst. Der Hund roch kräftig nach Fisch und nach Hühnerstall. Nach Holunderbaum roch er nicht.
„Du stinkst, mein Junge“, flüsterte ich. Das schluchzende Bullenkalb nickte und machte eine weitere Pfütze auf meinen Teppich.
Von nun an verbrachte ich einen Großteil meiner Freizeit mit der Beseitigung von Pfützen und der Herstellung von Hundemenüs. Täglich musste ich Unmengen von Fleisch durch den Wolf drehen, rohes Ei besorgen und Bernburger Wirkstoffkonzentrat und rohe Heringe und Buttermilch und saure Milch und Haferflocken und Reis mit Fleischbrühe. Und zarte Kalbsknochen. Und möglichst auch Grünes wegen der Vitamine. Ein Luxussäugling! Der Hund fraß alles.
Er wurde groß und knochig dabei und begann mich zu lieben. Ich ließ ihm von meiner Tante Elfriede einen Balg zum spielen anfertigen. „So was haben junge Hunde besonders gern!“ hatte mir der Züchter unter dem Siegel der Verschwiegenheit mitgeteilt. Der Hund betrachtete den Balg voller Ekel. Angerührt hat er ihn nie. Meine Socken liebte er um so heftiger. In meinem ganzen Leben hatte ich nicht so ansehnliche Bollen in den Socken wie in jener Zeit, als der Hund im Stimmbruch war.
Fortsetzung folgt ...
Eines Montags trudelte der Züchter, ein verwitterter Zeitgenosse namens Spaltzmann, mit einer großen Einkaufstasche an. Ich wunderte mich, dass er den Hund nicht bei sich hatte. „In ihrer Tasche läuft etwas aus, Chef!“ bemerkte ich, denn unser neuer Teppich hat 775,- DM gekostet.
Da stellte der Züchter die Tasche ab, und heraus schob sich der Kopf eines unwahrscheinlich dicken Lebewesens mit feuchter Nase. ‚Ein junges Nilpferd’, dachte ich.
„Das ist er – genau zehn Wochen alt!“, sprach Spaltzmann und setzte das dicke Tier auf den Teppich. Es schielte mich mit nassen Augen an.
„Das ist ja ein eingelaufenes Bullenkalb, ein verhunzter Elefant – fehlt nur noch der Rüssel!“, rief ich erschüttert. Das Bullenkalb schlackerte mit einer Art Bockwurst, die wohl sein Schwanz darstellen sollte. Dieses Schlackern nahm mich für das Tier ein.
„Sieht so ein junger Schäferhund aus?“, fragte ich staunend. „Er hat das klassische Aussehen eines kerngesunden Rasserüden“, sprach der abgebrühte Züchter und erzählte mir, der Hund hätte unter einem Holunderbaum das Licht der Welt erblickt. „Seine Mutter hat sich dort eine Höhle gegraben und die Jungen geworfen. Er ist der einzige Knabe in der Familie, sonst nur Weiber, nur Weiber.“
Sofort erschien mir der Hund in einem romantischen Licht. Ich dachte an „Wolfsblut“ von Jack London und drückte dem Züchter dankbar die hornhäutige Pranke, wobei 400,- DM den Besitzer wechselten.
Der Holunderbaumwolf taumelte indessen auf dicken Stempeln durch die Wohnung und schluchzte herzzerreißend. „Jetzt sucht er seine Mama und seine Schwestern“, erklärte Spaltzmann kaltblütig. „Das gibt sich. Junge Hunde sind vergesslich. Wie Menschen.“ Mir brach fast das Herz, und der Hund lief auf meinem Teppich aus. Spaltzmann unterrichtete mich och über Behandlungsmethoden, dann ließ er mich brutal im Stich.
Allein mit dem Hund, blickten wir einander in die aufgerissenen Augen und hatten Angst. Der Hund roch kräftig nach Fisch und nach Hühnerstall. Nach Holunderbaum roch er nicht.
„Du stinkst, mein Junge“, flüsterte ich. Das schluchzende Bullenkalb nickte und machte eine weitere Pfütze auf meinen Teppich.
Von nun an verbrachte ich einen Großteil meiner Freizeit mit der Beseitigung von Pfützen und der Herstellung von Hundemenüs. Täglich musste ich Unmengen von Fleisch durch den Wolf drehen, rohes Ei besorgen und Bernburger Wirkstoffkonzentrat und rohe Heringe und Buttermilch und saure Milch und Haferflocken und Reis mit Fleischbrühe. Und zarte Kalbsknochen. Und möglichst auch Grünes wegen der Vitamine. Ein Luxussäugling! Der Hund fraß alles.
Er wurde groß und knochig dabei und begann mich zu lieben. Ich ließ ihm von meiner Tante Elfriede einen Balg zum spielen anfertigen. „So was haben junge Hunde besonders gern!“ hatte mir der Züchter unter dem Siegel der Verschwiegenheit mitgeteilt. Der Hund betrachtete den Balg voller Ekel. Angerührt hat er ihn nie. Meine Socken liebte er um so heftiger. In meinem ganzen Leben hatte ich nicht so ansehnliche Bollen in den Socken wie in jener Zeit, als der Hund im Stimmbruch war.
Fortsetzung folgt ...