Der Kleine ist umwerfend. Natürlich ist er noch etwas verunsichert und "neu", aber er geht alles sehr besonnen an. Gestern Morgen war er wohl durch das Adrenalin noch munter und plärrte hinter der verschlossenen Tür. Also haben wir ihn rausgelassen und ihn in der mittleren Etage stromern lassen. Im Katzenzimmer war nur Xarou, Lucky und Trevor waren ganz weg und Muffin dräute im Garten herum. Xarou blieb ruhig auf dem Kratzbaum liegen, als Noel ins Katzenzimmer kam und alles beschnüffelte, ohne Aggressionen zu zeigen, wobei sie ihn natürlich neugierig beobachtete.
Dann kam Muffin aus dem Garten. Uns war bewusst, dass das der härteste Brocken für ihn werden wird. Muffin handelt im Katzensinn nicht höflich, sondern bedrohlich: Wenn ihm ein spannender Geruch in die Nase steigt, folgt er ihm straight. Dabei "schaut" er natürlich in die Richtung des Geruchs. Durch seine Blindheit ist das eine Auge blau und sein anderes hat eine große Pupille. Es wirkt also so, als starre er sein Ziel an. Das fand Noel gruselig und zog sich unter Fauchen unter das Gästebett zurück, das ich mit Tüchern als Versteck abgedeckt habe. Muffin folgte ihm eifrig schnuppernd, legte sich auf das Bett und schlief eine Runde. Dann zog es ihn wieder in den Garten und Noel hatte den ersten Eindruck bekommen, dass Muffin zwar kämpferisch starrt, aber eigentlich nichts macht.
Als die Luft rein war, kam er wieder auf den Flur vor den beiden Zimmern und schaute sich um. Dann Auftritt von Trevor, der müde von draußen kam und sein Polsterbänkchen im Schmollraum ansteuerte, um ein Nickerchen zu machen. Er stutzte kurz auf der Treppe, als er Noel sah, der sich wieder unter das Bett verzog, lief am Zimmer vorbei mit einem kurzen Blick auf Noel und eilte weiter in mein Zimmer, wo er sich auf seinem Lieblingsplatz zusammenrollte. Danach war Noel platt und wir schlossen die Tür hinter ihm, damit er das in Ruhe verarbeiten konnte. Er hat dann auch den Rest vom Tag nur noch geschlafen.
Heute Morgen machten wir seine Tür wieder auf. Er traf auf Muffin und diesmal schnupperten sie aneinander, ohne Fauchen. Danach lag wieder Muffin auf dem Bett und Noel drunter, beide entspannt. Nun fehlte nur noch Lucky, der wieder ausgiebig unterwegs war. Der kam gegen Mittag, sah Noel im Flur sitzen, ging auf ihn zu, gab Köpfchen, schnurrte und maunzte freundlich. Ich würde das übersetzen in: "Oh, Du bist neu hier. Herzlich willkommen! Kennst Du Dich schon ein bisschen hier aus oder soll ich Dir was zeigen?"
Den Nachmittag verbrachten alle damit, mal im Gästezimmer und mal im Katzenzimmer zu sein und es war nicht ein Mal Gefauche zu hören.
Heute Abend wurde Noel dann mutig, als das Futter für die Hunde in der Küche gerichtet wurde und die Näpfe klapperten. Er kam die Treppe herunter, die von der unteren Etage durch ein großes Gitter abgetrennt ist und spähte neugierig durch die Stäbe. Lotta warf einen Blick auf ihn, fokussierte sich dann aber weiter sabbernd auf Chris, der die Näpfe richtet. Krümel bekam es nicht mit, dafür aber Tano und Kalle. Die ließen sich durch Noel von den Futtervorbereitungen ablenken und schnupperten eifrig und aufgeregt wedelnd durch das Gitter an dem Kleinen, dem das aber bald zu viel wurde. Er zog sich in Zeitlupentempo die Treppe hoch zurück, wobei er fauchte. Tano und Kalle blieben ruhig, schauten sich ratlos an, zuckten quasi mit den Achseln und gingen zurück in die Küche. Wir fanden, dass das genug Input für heute war und nun hat er wieder bis morgen früh seine Ruhe in seinem Zimmer.
Er hat sein Fell ausgiebig in Ordnung gebracht und wirkt für das, was er in den letzten Tagen empfunden hat, recht entspannt. Natürlich ist er vorsichtig, aber er ist nicht verstört oder panisch. Er hält alle kätzischen Höflichkeitsformeln ein und macht das ganz toll. Der nächste Schritt ist nun, ihn aus dem Gästezimmer auszuquartieren, damit alle Katzen wieder ins Katzenzimmer zurückziehen. Deswegen gibt es ab Morgen sein geliebtes Nassfutter im Katzenzimmer und in seinem Zimmer nur eine kleine Portion Trofu. Dann werden die Körbchen ins Katzenzimmer zurückgestellt und das Gästezimmer ein bisschen katzenunfreundlicher gestaltet, bevor es geschlossen wird.
Janz naive aber interessierte Frage: Hätten nicht deine anderen Hunde Lotta finden können?
Wir haben tatsächlich darüber nachgedacht, aber mit wem? Tano ist ein Mäusejäger und bliebe am nächsten Mauseloch hängen. Er müsste an der Schlepp bleiben und wir hätten in den Gebüschen keine Kontrolle über ihn, weil die Schlepp oder er sich verhaken können. Das wäre nicht hilfreich, vor allem, weil er ein kleiner Hund von 7 Kilo ist.
Kalle könnte mit seinen Knochen gar nicht in für ihn tiefe/steile Böschungen oder Gräben. Suchhunde sind gesunde, durchtrainierte Hunde, die auch schwieriges Gelände hinbekommen. Tja, und Krümel hat genug damit zu tun, nicht vom Weg abzukommen, fiel also auch aus.
Wo hätten wir sie suchen lassen und wie hätten wir ihnen erklärt, dass sie suchen sollen? Ich verstecke zwar gelegentlich Gegenstände und lasse sie suchen, aber dann ist es ein Kong hinter dem Sofa
Boah, hätte uns nicht jemand vor Halloween in Frankreich warnen können? Wir hätten es ja ahnen können angesichts der Deko hier in unserem Viertel und überall drumherum. Im übernächsten Garten liegt ein Skelett. Als ich das erste Mal daran vorbeigefahren bin, habe ich tatsächlich einen Riesenschreck bekommen gg. An der Bankfiliale hat sich Mary Poppins erhängt. Lebensgroß und detailgenau.
Chris und meine Vorstellungen waren gestern nach der recht anstrengenden Woche mit Lotta, Kalle und Abholung von Noel ein ruhiger, sehr ruhiger entspannter Sonntag. Wir nennen es "Luder de luxe-Tag" nach "herumludern" und hatten nichts weniger auf dem Schirm als Halloween. Das blieb auch so bis Einbruch der Dunkelheit. Dann klingelten Kinder im Minutentakt. Kleine, ganz kleine, mittlere und größere Hexen und Vampire, Monster und Harry Potters und viele Mütter im Hintergrund. Als wir 30 Tafeln Schokolade ausgegeben hatten (die Vorratshaltung aus dem letzten Sonderangebot), wurden wir leicht nervös, denn der Strom riss nicht ab. Als opferte Chris seinen Vorrat an M&Ms in Großtüten und füllte kleine Beutel ab. Es klingelte 24 mal und im Durchschnitt standen 3 Kinder vor der Tür. Manchmal zwei Gruppen hintereinander. Offensichtlich sind wir hier ein sehr kinderreiches Viertel.
Jedes mal war die Prozedur dieselbe: Es klingelte. Die Hunde bellten und liefen zur Tür. Ich schnappte mir Tano unter den Arm, damit er nicht rauswitscht (Erfahrung macht klug) und drängte die Hunde zurück ins Wohnzimmer, damit die Kinder (und die Hunde) sich nicht erschrecken. Derweil reichte Chris den Kindern die Süßigkeiten raus. Immerhin wollten sie nicht was singen oder aufsagen, sondern grüßten nur ganz freundlich mit "Bonsoir Monsieur". Dann ging die Haustür wieder zu, ich setzte Tano ab und die Hunde legten sich zurück in ihre Kudden. Bis zum nächsten Klingeln. Ich habe heute echt Muskelkater im rechten Arm, unter den ich mir Tano geklemmt hatte. Um 20 Uhr war der Spuk übrigens schlagartig vorbei
Nächstes Jahr vor Halloween müssen wir wohl Süßigkeiten kaufen gehen.