WTF ?!-Thread

Wobei ich mich jetzt schon frage, was genau eine 18 jährige in der damaligen Zeit und ihrer spezifischen Situation und Position hätte tun sollen. Das waren ja jetzt keine drei Leut in einem funktionierenden Rechtsstaat, die da Grenzen überschritten haben und sie hat zugeschaut.

Das ist schon wirklich schwierig, da über Schuld, Verantwortung, Teilhabe und dergleichen zu urteilen.
Na ja, sie hätte wahrscheinlich schon die Wahl gehabt dort zu arbeiten oder eben auch nicht. Was an den Verhältnissen ändern sicherlich nicht, aber zuschauen und das als normalen Job nehmen ist schon eine ganz andere Hausnummer.
Ich hab jetzt kein Beispiel eines KZ Angestellten, der ausgestiegen ist parat aber eines ebenso jungen SS- Angehörigen der auf Wunsch in die Wehrmacht gegangen ist statt der Waffen-SS als es in den Krieg ging.
 
  • 17. Mai 2024
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Hi Carli ... hast du hier schon mal geguckt?
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Sie wurde ja nicht verurteilt, weil sie keinen Widerstand geleistet hat, sondern weil sie mitgemacht hat.
Klar "nur" als Rädchen im Getriebe, aber mitgemacht.
Ich glaube nicht, dass dort Leute eingesetzt wurden, die nicht bereit waren, mitzumachen.
Und ich glaube, dass das oftmals eben so einfach und so schwarz weiß nicht war und nicht ist. Und natürlich würde ich mir wünschen, dass ich eine Sophie Scholl gewesen und ihren Mut gehabt hätte. Nichts desto trotz ist es doch viel wahrscheinlicher, dass ich versucht hätte, den eigenen Hals zu retten.
 
Sie war Zivilistin und wurde dementsprechend nicht zur Arbeit im KZ verpflichtet. Sie musste dort nicht arbeiten.

Mich macht es wütend, dass so viele davon gekommen sind und gar nicht, zu spät oder zu wenig zur Verantwortung gezogen wurden.

Auch wenn sie nur ein "kleines Rädchen" war: Der Holocaust war nur möglich, weil es neben den Oberen jede Menge "kleiner Rädchen" gab.
 
Natürlich ist sowas nur möglich, wenn genug mitmachen. Zahlreiche Experimente belegen aber, dass es gar nicht so vieler spezieller Umstände bedarf, dann machen Menschen bei allem möglichen mit, was sie zuvor selbst ausgeschlossen hätten.

Und natürlich möchte und muss jeder von uns glauben, dass man selbst ein/e Scholl, Stauffenberg oder dergleichen gewesen wäre. Ich bezweifle nur, dass das so zutreffend ist. Daher macht mich gerade die Einzelfallbetrachtung bei vielen dieser kleinen Rädchen oft sehr nachdenklich.

Bei den großen Architekten dieses Völkermordes, dieses Krieges, können die allermeisten Menschen mit Fug und Recht behaupten „niemals!“ Aber gerade bei den Mitläufern, den Wegsehern, kann und sollte man das nicht so vorschnell.

Und das sage ich nicht, um Schuld oder Verantwortung der einen zu schmälern. Aber wenn wir nicht endlich zu einer ehrlichen Auseinandersetzung und Aufarbeitung kommen, dann kommen wir auch nicht an den Punkt, an dem die Wiederholung der Geschichte unmöglich wird.
 
Mich macht es wütend, dass so viele davon gekommen sind und gar nicht, zu spät oder zu wenig zur Verantwortung gezogen wurden.

Ja, so richtig gelungen ist die damalige Entnazifizierung leider nicht - und das merkt man mMn noch bis heute.

Was mich aber auch immer wieder ziemlich fassungslos macht, ist die heutige gesellschaftliche Klitterei bzw. Relativiererei.
 
Ich meine, sie ist jetzt auch nicht wirklich “hart” verurteilt worden, aber sie ist verurteilt worden.

Und ich finde, soweit das aus heutiger Sicht überhaupt möglich ist, wurde sich im Urteil schon darum bemüht, ihren Grad an gesellschaftlichem Einfluss und persönlicher Verantwortung, der ihr damals zugestanden wurde, zu berücksichtigen.

Einen KZ-Kommandanten oder kommandierenden Offizier, der Erschießungen angeordnet und/oder selbst ausgeführt hätte, zB, hätte man sicher nicht „zur Bewährung“ verurteilt.
 
Es gab in den Medien schon einige Artikel über Frauen, die im KZ als Zivilistinnen gearbeitet haben. Das Leben im Umkreis vom KZ war für die Frauen angenehm. Es gab keine Versorgungsengpässe, es gab viel Alkohol und es wurde viel gefeiert. Den einen oder anderen Pelz oder das eine oder andere Schmuckstück, natürlich von KZ-Insassen gab es schon mal obendrauf.
 
Wie das aufgearbeitet wurde ist meiner Meinung nach ein Schlag ins Gesicht für die Opfer und Hinterbliebenen.
Und die Frage sollte nicht sein, wie man eine so alte Frau verurteilen kann, sondern wie die Frau ohne je verurteilt worden zu sein so alt werden konnte.
 
Ich wollte weder die Frage aufwerfen oder beleuchten, ob das Urteil angemessen ist, noch ob man Stauffenberg und Scholl in einem Atemzug nennen darf.

Ich frage mich nur, warum alle es immer so „unbegreiflich“ finden. Und ob man wirklich glaubt, dass ein solcher Standpunkt geeignet ist, es künftig besser zu machen. Denn eigentlich kann man etwas, das man nicht begreift, auch nicht verhindern.
 
Ich frage mich nur, warum alle es immer so „unbegreiflich“ finden.

Vermutlich, weil niemand gern darüber nachdenkt, dass es ihm oder ihr genauso ergehen könnte?

Reflexives Abblocken, intuitiv.

Ist eigentlich ziemlich häufig. Und erschwert, weil es unbewusst geschieht, tatsächlich auf persönlicher Ebene die kritische Auseinandersetzung mit dem Thema.

Allerdings hat hier eigentlich niemand etwas von "unbegreiflich" geschrieben, und dein

"Wobei ich mich jetzt schon frage, was genau eine 18 jährige in der damaligen Zeit und ihrer spezifischen Situation und Position hätte tun sollen." sich für mich durchaus las, als würdest du das Strafmaß oder überhaupt die Anklage in Frage stellen.

Ich denke: Wenn man einmal festgelegt hat, dass etwas strafrechtlich verfolgt werden darf, obwohl es zum Zeitpunkt der Tat geltendem Recht entsprach, muss man die Beteiligten auch anklagen.

Und, wie gesagt, ich denke durchaus, dass das Urteil ihren damalige gesellschaftliche Position und fehlende Lebenserfahrung berücksichtigt hat.

Wenn du das als generelle Frage siehst:

Ich denke, wir wissen zu wenig über den ganzen Fall.

Ich glaube, solche Stellen bekam man nicht einfach so, sondern entweder über Empfehlung (als besonders linientreues BDM-Mädel. vielleicht) oder über Vitamin B, sei es, weil sie eine Affäre mit ihrem Chef hatte oder weil der ihr Patenonkel war oder ihre Patentante ihr die Stelle besorgt hat oder weiß der Henker.

Und je nachdem folgt daraus, was sie hätte tun können oder auch nicht. Die Stelle, die einem ein Verwandter verschafft hat, gibt man vielleicht darum nicht auf, weil man ganz naiv Stress mit der Familie fürchtet.
Steht man voll dahinter - okay, dann gibt man die Stelle auch nicht auf.
Und wenn Frau sie sich erschlafen hat, ist sie vielleicht noch stolz drauf gewesen und zu dumm oder auf dne eigenen Vorteil bedacht, das wieder aufzugeben.

Und all das muss jetzt 70 Jahre später ausgegraben, geprüft und dann beurteilt werden, weil nur so ein faires Urteil möglich ist.

Und all das würde auch für mich, vorausgesetzt ich wüsste es, einen Unterschied machen, wenn ich speziell ihre Rolle bewerten sollte.

Generell zu sagen; "Als Frau in dem Alter hatte man damals doch sowieso keinen Einfluss", oder pauschal: "Jeder andere hätte mit einiger Wahrscheinlichkeit ebenso gehandelt", greift hier zu kurz, weil der Fall doch sehr speziell ist.
 
Meine Familie ist väterlicherseits von jüdischer Herkunft. Wir hatten das Glück, dass mein Vater bei dem Arbeitseinsatz zu dem er als Halbjude gezwungen wurde, Glück mit dem Einsatzort hatte. Er hat überlebt, wie auch mein Großvater das KZ.
Mein Vater hat mir aber auch gesagt, dass mann, wenn man in dieser Zeit aufgewachsen bist, kaum drum herumgekommen bist, an die Propaganda und die Lehren zu glauben.
 
Du missverstehst mich, wie so oft :D Ich kommuniziere irgendwie zu kurz. Also nochmal.

Es geht mir NICHT um diese spezielle Frau und diesen speziellen Fall. Und es geht mir NICHT darum Schuld zu relativieren.

Ich will vielmehr darauf hinaus, dass es dringend notwendig ist, sich eingehender mit der Frage, wie das hat passieren können, auseinanderzusetzen. Damit meine ich nicht explizit jemanden bestimmten. Sondern vielmehr jeden einzelnen, der nicht möchte, dass sich so etwas wiederholt. Also einerseits die gesamte Öffentlichkeit im allgemeinen und so viele individuelle Einzelpersonen wie irgend möglich.
 
Meine Familie ist väterlicherseits von jüdischer Herkunft. Wir hatten das Glück, dass mein Vater bei dem Arbeitseinsatz zu dem er als Halbjude gezwungen wurde, Glück mit dem Einsatzort hatte. Er hat überlebt, wie auch mein Großvater das KZ.
Mein Vater hat mir aber auch gesagt, dass mann, wenn man in dieser Zeit aufgewachsen bist, kaum drum herumgekommen bist, an die Propaganda und die Lehren zu glauben.
Das ist ein ganz wichtiger Aspekt. Indoktrination. Ein anderer ist Angst. Druck. „Herdentrieb“. Usw.

Und auch individuelle Beweggründe, die häufiger auftreten, müssen viel offener diskutiert werden.
 
Edit: ich glaube tatsächlich, dass das ein großes Problem bei der Auseinandersetzung mit diesem Thema ist. Schaut man genauer hin, hinterfragt, betrachtet das warum, die Beweggründe, wie es hat dazu kommen können, seziert das ganze Konstrukt - was letztlich nur über detaillierte Einzelfallbetrachtungen funktioniert - hat man sofort diejenigen auf dem Plan, die glauben, man wolle entschuldigen und relativieren.

Dabei geht ums verstehen und nachvollziehen um in Zukunft zu verhindern. Nochmal. Man kann nicht verhindern, was man nicht versteht. Wir MÜSSEN diese Mechanismen und persönlichen Beweggründe verstehen und offen diskutieren, wenn wir endlich wirklich daraus lernen wollen. Wenn wir es endlich wirklich beenden wollen.
 
@La Traviata

Ach so. :)

Na, da rennst du bei mir offene Türen ein.

Ich hatte ja ziemlich überzeugte Nazis in der Verwandtschaft (und irgendwie wurde das auch nie verschönert oder verschwiegen).

Meinem Opa hat die Kriegsgefangenschaft in Frankreich da die Augen geöffnet, meine Oma hat bestimmte Dinge bis zum Ende nicht kapiert oder ausgeblendet (das konnte sie generell gut). Das war bis zu seinem Tod wohl ein steter Streitpunkt zwischen ihnen und das damals auch sehr rechtslastige politische Engagement meines Vater hat die zwei ernsthaft entzweit. Also, sowohl meinen Vater und meinen Opa (der ihm im letzten Jahr vor seinem Abschluss alle finanziellen Zuwendungen gestrichen hat), als auch meine Oma und meinen Opa einmal mehr.

Und sowas bringt einen dann schon irgendwann ins Überlegen.

Also, zB mal ganz spannend: Meine Oma war ein etwas verwöhnter Nachkömmling, und hatte zwei viel ältere Brüder. Der eine war ein überzeugter Nazi, Mitglied der Waffen-SS, als schneidiges arisches Mannsbild irgendwie in dieses Lebensborn-Projekt verstrickt - und ist zur Erleichterung aller Überlebenden im Krieg an der Ostfront verschollen. Das war wirklich so ein 150-prozentiger.

Der andere war ebenso überzeugter Kommunist, musste in den Untergrund gehen, und ist nach dem Krieg freiwillig in die DDR gezogen, um den sozialistischen Staat mit aufzubauen - ich schätz mal, die Familie machte ungern halbe Sachen. :D

Der verschollene Bruder war ihr Lieblingsbruder, der war halt immer nett zu ihr, hat sie gefördert, wo es nur ging, fand es toll, dass sie voll auf sener Linie war, sie kriegte da Anerkennung und wurde wohl auch ein wenig protegiert, bei der Stellenvergabe - der andere hat zu ihr gesagt, sie sei ne dumme Gans.

Da sie immer schon ein wenig eitel war, war irgendwie (zumindest für jeden, der sie kannte), klar, wer (und damit welche Ideologie) für sie "gewonnen" hat.

Und weil ihr Meinung eben sowieso immer die beste Meinung war, wurde dann alles andere die meiste Zeit über ausgeblendet.

Tatsächliche Berührungspunkte mit Ereignissen, die sie hätten anders denken lassen können, über ihren Bruder im Untergrund hinaus, mit dem sie ja quasi zerstritten war, hatte sie keine, also blieb es dabei.

Und nichtmal ihr Mann, der bis zum Krieg auch ziemlich überzeugt gewesen war, und der ansonsten für sie auf dem ganz hohen Sockel stand, konnte sie überzeugen.

Manchmal ist es so banal wie traurig.
 
Ich muss noch dazu sagen:

Meine Oma redete mit jedem, war extrem hilfsbereit, redete nie schlecht über Ausländer - über "Juden" nur, wenn es sich um Bankiers handelte und auch das nur selten - aber Hitler war ein großer Mann, dass die Juden so schlecht behandelt wurden, lag nur an den Bankiers, die sich zuerst schlecht benommen hatten und vor denen man das Land schützen musste... was dann mit den Juden passiert ist - naja... (blendete man elegant aus) und alle anderen waren am 2. Weltkrieg schuld und nicht Deutschland. :wand:

Mittlerweile habe ich gelernt, dass man sowas kognitive Dissonanz nennt.

Ich weiß nicht, wie es anderswo ist, aber in meiner eigenen Familie gab es da extrem viel von. Auch in Leuten, die ich normalerweise als vernünftig und als logische Denker eingeschätzt hätte.

Mich hat das, als ich das bemerkt habe - muss so in der Grundschule gewesen sein - einige Zeit komplett verwirrt und dann habe ich mich damit abgefunden, dass Menschen anscheinend so sind. Ein Bündel Widersprüche in sich.

Was wiederum sowas wie das dritte Reich jederzeit möglich macht. Eigentlich lehnt man die Ideen ja ab, aber uneigentlich hat man das Gefühl, man könne eh nichts ändern und lässt die Ideen-Erfinder einfach gewähren und tut, als sähe man nichts. Eigentlich hat man privat eine ganz andere Meinung, aber wenn man verbeamtet werden will, muss man halt auf Parteilinie sein, zumindest offiziell. Eigentlich...
 
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