Ich hatte eine allerallerbeste Freundin. Nicht gerade eine Kindergartenfreundin, aber wir waren 19 und 21 als wir und trafen und vom ersten Tag an beste Freundinnen waren. Wir studierten das selbe, lernten zusammen und feierten zusammen. Als mein Mann (damals noch Freund) eine schwere Krise hatten, zog ich zuhause aus und bei ihr ein. Als ich mich mit meinem Mann wieder zusammen gerauf und sie aber Liebeskummer hatte, zog sie bei uns mit ein. Wir hingen nächstelang zusammen rum, gingen aus. Irgendwann kam sie mit einem guten Freund meines Mannes zusammen und das war toll - wir hingen auch noch ständig zu viert ab, sie zogen in die Nachbarschaft. Es war perfekt.
Und das endete als ich mir einen Hund anschaffte (wir hatten in all den Jahren vorher tatsächlich nie über Hund egesprochen). Und es ging ganz bös auseinander. So bös, dass die beiden 3 Jahre später meinen Mann zu ihrer Hochzeit einluden, aber nur wenn er mich nicht mitbrächte. Das hatte vielerlei Gründe und es würde sich vermutlich aus unseren beiden Mündern sehr unterschiedlich anhören, was nun der eigentliche Grund war...
Fakt ist: Sie mochte keine Hunde. Sie hat immer eine Hundephobie vorgeschoben und dafür hätte ich großes Verständnis gehabt und ihr mit viel Geduld und Empathie versucht, diese zumindest vor meinem Hund zu nehmen. Aber die Art und Weise, wie sie über Hunde und Hundehalter sprach... Selbst wenn sie sich vor mir versuchte zusammenzunehmen, ihre Gesichtsausdrücke wenn sie darüber sprach. Oder was sie sagte, wenn sie nicht mitbekam, dass ich mithörte. Diese wirklich tiefe Abneigung - die sie dann als Angst tarnte, um mehr Verständnis dafür zu bekommen. Die abwertende Art und Weise, wie sie über Menschen sprach, für die ihre Hunde "Kinderersatz" sind und die ohnehin "meist asozial" sind, "weil sie ihren Hund über alles andere stellen"... Das war mein Grund, warum ich irgendwann nicht mehr wollte.
Und ihr Grund war sicher, dass ich genau zu so einer "asozialen Hundehalterin" mutiert war. Und dass - tatsächlich, obwohl es NUR um die Anschaffung eines Hundes ging - sich eigentlich alles an mir dadurch veränderte.
Ich war vorher kein Hundemensch - eigentlich war ein Hund nur ein Zugeständnis an meinen Mann gewesen. Ich hätte keinen gewollt. Und dann kam Shiwa. Und durch Shiwa kam ich in Kontakt zum Tierschutz, zur KSG. Und ich lebenslange Stubenhockerin, fuhr plötzlich mitunter 1-2 Stunden einfache Strecke, um mit anderen KSGlern Gassi zu gehen. Jedes Wochenende trafen wir andere Hundehalter. Fuhren sogar auch über Nacht zu Treffen mit Hunden. Statt mich auf Weiberabenden aufzuhübschen zog ich immer seltener Kleider, Stiefeletten und Co an und deckte mich mit Treckingschuhen und Jeans ein, weil ich stundenlang durch Wälder und auf Halden rumstreifte. Ich half in Tierheimen als GAssigängerin, führte TH-Hunde zur Verhaltensprüfung, lief auf SOKA-Runs mit. Insbesondere das Thema "Kampfhundaufklärung" nahm meinen ganzen Ehrgeiz in Anspruch... Ganztägige Ausflüge und Treffen - gar mit Übernachtung - waren kaum möglich, wer bleibt beim Hund? Und mitnehmen durften wir sie ja nie - meine Freundin wünschte keinen Kontakt. Bat mich gar, wenn sie zu uns in den Garten zum Grillen kamen, den Hund so lange im Haus einzusperren... Was verband uns denn noch? Wir brachen den Kontakt ab und ich holte Hund 2... Was bei ihr passierte kriegte ich nicht mehr mit, sie zogen auch weiter weg.
Wenn schon die Anschaffung eines Hundes solche Veränderungen mit sich bringt... Und was denkt ihr wieviel umfassender dies noch ist, wenn man ein Kind bekommt? Lustig an oben geschilderten Fall ist übrigens: Nach 5 Jahren Kontaktabbruch fanden wir uns wieder - in einem Mütterforum im Internet. Zufällig! Wir hatten beide Töchter bekommen und kriegten danach Söhne. Und plötzlich teilten wir wieder eine Welt. Und waren quasi sofort wieder befreundet (wenn auch nicht in der Tiefe wie vorher, bestimmte Dinge vergisst man halt auch nicht - insbesondere die Anschaffung von Micki hat da auch nochmal alte Wunden aufgerissen und dass sie Micki nie kennenlernen wollte hat mich wieder sehr verletzt).
Ich habe heute kaum noch kinderlose Freunde. Okay okay, ich hatte allerdings nie viele Freunde. Dennoch. Ich wollte mit niemandem befreundet sein, der keine Hunde mag und von dem ich wusste, dass sie quasi alles was ich tue dahingehend beäugt, ob ich jetzt auch eine der Asi-Halter geworden bin. Und auch die Perspektive, dass sie meinen Hund irgendwann mal akzeptiert und vielleicht erlaubt, dass er uns bei einem Spazierang angeleint begleitet, hätte mir schlicht nicht gereicht. Und der Terz wohlmöglich bei jedem neuen Hund von vorne... ansonsten
Und ich möchte heute keine Freunde, die (meine) Kinder nicht mögen. Sie nur akzeptieren oder sich halt auch mal anhören, was sie so machen, weil das dazu gehört. Und mich beäugen, ob ich jetzt auch so eine übergluckende Helikoptermum geworden bin. Das ist mir schlicht zu anstrengend.
Die wenigen kinderlosen Freunde, die ich habe, die lieben meine Kinder. Sie toben, schmusen und spielen mit ihnen, bringen ihnen Dinge mit, stellen Fragen über sie, weil es sie wirklich interessiert, was sie machen. Reden mit mir gern über Kita, Schule, Kinderkrankheiten etc. Weil es eigentlich ausnahmslos selbst Erzieher, Lehrer oder Kinderärzte sind. Ich möchte mit niemandem berfreundet sein, der mit Kindern nichts anfangen kann. Meine Kinder sind mein Leben.
Und nein, mich interessiert ehrlich gesagt nicht mehr besonders, wie die Karrierefortschritte meiner ehemaligen Freundinnen aussehen - weil das nicht mehr mein Leben ist. Wenn sie von ihren Promotionen, Forschungsvorhaben, Habilitation etc. sprechen ist das aus einem anderen Leben, das ich bewusst hinter mir gelassen habe und es langweilt mich zu Tode. Warum sollte ich dafür Interesse vorgaukeln? Warum sollten sie Interesse an Details der Leben meiner Kindern vorgaukeln - wenn es doch viel einfacher ist, dass wir und jeder mit unseresgleichen umgeben?
Das klingt vielleicht härter als es gemeint ist: Natürlich freut es mich, wenn ich höre, dass es gut bei ihnen läuft. Ich bin auch als Überraschung auf der Defense einer vormals guter Freundin aufgetaucht, weil ich ihr Mut zusprechen wollte. Aber mir reicht es eben zu wissen, was so grob passiert und dass es ihr gut damit geht. Ich möchte nicht über Forschungsprojekte sprechen, ihre möchte keine Doktorarbeit lesen oder im Detail über die Bücher und Artikel reden, die sie schreibt. Obwohl es sogar auch mein Fachgebiet war. Aber ich lese heute lieber Kinderbücher (eine echte Sucht, wir haben über 600 Stück) und kann mich damit stundenlang beschäftigen, ich schreibe z.B. für Antolin Quizze. Das widerum langweilt meine ehemaligen Freundinnen... Mein Thema ist eben eher der letzte Elternabend als der letzte Forschungskongress...
Und es ist auch einfacher so, weil ich mich beim Treffen nicht drum kümmern muss, dass die Kinder uns möglichst nicht stören (wann wird es der Freundin zu viel, zu nervig, immer wieder unterbrochen zu werden? Werden da auch direkt die Augen vedreht, weil ich mir vermeintlich auf der Nase rumtanzen lasse uns jetzt so ne Asi-Mutter bin, die sich alles gefallen lässt?). Weil meine Kinder bei meinem Mütter-Freundinnen einfach mit deren Kindern spielen können.
Ich bedauere Kontaktabbrüche eigentlich nicht. Ich hatte eine dieser kinderlosen Karrierefreundinnen tatsächlich mal gefragt, ob sie Patin eines meiner Kinder sein will. Sie hat abgelehnt. Ich war damals einen kurzen Moment sehr gekränkt, aber ich bin heute sehr sehr danakbar dafür - hab ich das auch nochmal gesagt. Es ist nicht ihr Ding. Okay. Besser gleich nein sagen als dann den Erwartungen nie gerecht werden. Für mich war das aber tatsächlich der letzte Nagel im Sarg der Freundschaft. Nicht weil ich deshalb sauer war, sondern weil es einfach der letzte Beweis war, dass es keine Überschneidungen in unserem Leben mehr gibt... Ich wollte ihr Verantwortung für das Wichtigste in meinem Leben anvertrauen und für sie wäre es eine Bürde gewesen.
Ich mag sie trotzdem sehr und wünsche ihr alles Liebe und ab und an sehen wir uns an der Uni und quatschen und das ist dann schön!!! Aber ich bedauere nicht, dass es nicht häufiger ist. Vielleicht eines Tages, wenn die Kinder aus dem Haus sind, und wir dann wieder irgendein verbindendes Thema haben. Vielleicht auch nicht. Ich finde verschiedene Freunde für verschiedene Etappen des Lebens nichts falsches. Überdauernd reichen mir Partner und Familie.