Naja, der Geschäftsführer war etwas angepisst, dass ich die Presse reinkopiert habe
Da ich aber keiner sozialen Institution mehr glaube, wollte ich ein bisschen Druck aufbauen, damit das nicht untergeht.
Tatsächlich glaube ich dem Geschäftsführer nicht, denn er hat mich zumindest in einem Punkt belogen. Angeblich wäre er zur Zeit der Einstellung noch nicht Geschäftsführer gewesen. Nachdem ich nach ihm gegoogelt habe, weiss ich, dass das nicht stimmt.
Immerhin wird die Presse ein Auge drauf haben, dass da was passiert - das hoffe ich zumindest.
Die Taten meines ehemaligen Chefs sind so unsäglich. Es waren Jungs im Alter von 9 bis 14 und ihm wurden 170 Tateinheiten zur Last gelegt.
Er war unglaublich manipulativ und sehr geschickt in seinem Handeln. Er hatte ein klares Opferschema. Auf dem Schulhof konnte man die betroffenen Jungs problemlos herausfinden. Es waren die kleinen, zartgliedrigen Jungen mit blonden Haaren und blauen Augen.
Der Orden wollte das damals vertuschen. Ich habe dann die Staatsanwaltschaft informiert.
Als ich den Namen gelesen habe, ist mir so schlecht geworden. Die Vorstellung, dass er mit hilflosen Personen arbeitet, ist schrecklich.
Alle Erinnerungen kamen wieder hoch. Ich bin in der Einrichtung übelst gemobbt worden, nachdem ich ihn angezeigt habe.
Die Oberen wollten ihn "als Familienmitglied schützen" (er war Ordensbruder) und zunächst in eine andere Einrichtung versetzen, in der er den Sportbereich übernehmen sollte (Da kann er ja nichts mehr machen). Als ich daraufhin nachfragte, ob sie noch ganz sauber wären, entschieden sie sich dazu, ihn in einem Kindergarten einzusetzen (Kleine Kinder fallen ja nicht in sein Opferschema)
Da war dann bei mir Zappen und ich habe mich an die Staatsanwältin gewendet, die sofort mit einer Hausdurchsuchung reagiert hat.
Sie haben ihn dann auf der Flucht verhaftet.
Von Mitkollegen wurde ich böse angegangen, weil ich die Polizei informiert habe, denn durch die polizeiliche Vernehmung hätte ich dafür gesorgt, dass die Kinder noch mehr leiden mussten. Die angereiste Heimaufsicht reklamierte, dass man den Vorfall auch anders hätte regeln können, ohne die Polizei.
Das ist nun fast 24 Jahre her, aber verarbeitet habe ich das immer noch nicht richtig. Im ersten Moment vorgestern war da erst mal wieder einfach nur Angst. Chris hat mich ermutigt, die Stiftung anzuschreiben und die Presse sicherheitshalber mit reinzukopieren und eine Forumsbekannte hat meine Mail gegen gelesen und für gut befunden.
Ich merke, dass mich das immer noch so sehr aufwühlt und am liebsten würde ich mir die Decke über den Kopf ziehen.