Lektoratte schrieb:
Meinst du sowas wie: "Kinder sind eine solche Selbstverständlichkeit, dass manche Leute nichtmal vor sich selbst zuzgeben können, dass sie keine wollen?"
Eher so in die Richtung, dass sie ggf. nicht weiter drüber nachdenken, ob ein Lebensentwurf ohne Kinder für sie eine denkbare Alternative wäre.
Wenn man wie z.B. Nebelfee mit dieser Entscheidung nicht ernst genommen wird und immer wieder auf verschiedenste Weise zu hören bekommt, dass diese Überlegung irgendwie nicht Ernst zu nehmen ist, da frage ich mich halt schon, ob es vielleicht (weniger gefestigte) Frauen gibt, die vor diesem Hintergrund dann ggf. doch Kinder oder ein Kind bekommen, obwohl sie es ggf. besser sein lassen hätten.
Das glaube ich (heutzutage) eigentlich eher weniger.
Also, zumindest nicht, solange dieser Druck "von oben", also zB den Eltern usw. kommt...
Etwas anderes mag es sein, wenn ringsumher "alle" Freundinnen und Bekannte schwanger werden. Die können dann auf ihre Art durchaus einen gewissen Druck ausüben - manchmal auch durchaus "gut gemeint", weil sie Angst haben, die (kinderlose) Freundin sonst zu verlieren.
(Das erlebe ich gerade bei meiner Schwägerin mit, deren Freundinnen jetzt nach und nach mit Mitte 30 schwanger werden.)
Da könnte ich mir bei schwächeren Gemütern evtl. schon vorstellen, dass sie mal drüber nachdenken, auch wenn das eigentlich nicht ihre Absicht war. Einfach, um nicht allein dazustehen.
Aber in meinem Umfeld war bisher dann eher die Regel, dass die Freundschaft auf längere Sicht auseinander ging und man sich anderweitig orientiert hat (beide Seiten) - und nicht, dass jemand ein Kind bekommen hat, der eigentlich keins wollte.
Selten so einen Unfug gelesen oder gehört! Es ist in Deutschland absolut "normal" und "anerkannt", kinderlos zu sein und auch zu bleiben. Ich spreche von "der Gesellschaft". Ein paar wenige Andersdenkende bestätigen, wie immer, die Regel. Keine Ahnung, wo so manche hier ihre "Erfahrungen" und ihr "Wissen" immer so hernimmt - in meiner Realität merke ich jedenfalls absolut überhaupt nichts davon, das Kinderlosigkeit abgestraft würde - eher im Gegenteil. Vielleicht leben wir aber tatsächlich auch in verschiedenen Welten, mag ja sein ...
Meiner Erfahrung nach variiert das tatsächlich sehr stark nach dem Umfeld.
Wie gesagt: In meinem Berufsfeld war es eher normal, "später" oder gar nicht Kinder zu haben - zumindest als Frau. Männer können ja problemlos fast rund um die Uhr im Labor sein und trotzdem Nachwuchs in die Welt setzen und finanzieren...
"Druck" kam da auch eher von den Eltern - die gern Großeltern werden wollten. Von Kollegen eher nicht - da musste man sich eher dafür rechtfertigen, welche zu wollen.
Woanders ist es vielleicht wieder anders.
Meine Freundin arbeitet als Lehrerin an einer Gesamtschule in einem sozialen Brennpunkt - und beobachtete in den 9., 10. Klassen die bedenkenswerte Tendenz grade unter den Mädchen mit wenig Schulerfolg und wenig Motivation, sich ein Baby als Flucht aus dieser Misere vorzustellen. Motto: "Wenn mir die Schule zu blöd wird, krieg ich halt ein Kind!"
(Und das ist dann natürlich nur lieb, und alles ist toll, und mein Leben geht dann eben weiter wie vorher, nur mit Kind...)
Oder: "Und wenn mir die Lehre zu anstrengend ist, dann..."
Das sind so die Fälle, die ich weiter oben meinte mit: "Über ein Kind sich soziale Anerkennung holen" (die man anderenfalls nur sehr eingschränkt bekommt).
Und das sind tatsächlich so Fälle, wo ich auch meine, dass die besser (noch) keine Kinder bekommen sollten.
Sie macht jetzt in dieser Altersstufe regelmäßig ein Projekt, wo jeweils zwei Schüler/-innen (die Jungs auch) zusammen ein "elektronisches Baby" für 3 Tage betreuen müssen. Das ist ne Babypuppe, die computertechnisch so programmiert ist, dass sie sich schrei-, wickel- und füttertechnisch wie ein echtes Neugeborenes verhält. Inklusive 3-Monatskoliken, wenn's dumm kommt.
Das wirkt glaube ich extrem demotivierend, bzw. sehr gut gegen Rosinen im Kopf.
Sie ist danach von Schülerinnen unter 4 Augen sogar schon angesprochen worden, ob sie die Broschüre über Verhütungsmittel aus dem Biounterricht nochmal haben dürften (!)
Und das finde ich nicht unbedingt verkehrt.
"Sozial verpönt" ist oder war es zB in Slowenien, zumindest unter meiner älteren Verwandtschaft, keine Kinder zu haben.
Andererseits ist es da für die Omas oder Tanten aber auch ganz selbstverständlich, dass sie sich mit um die Kinder kümmern, selbst wenn sie selbst noch arbeiten gehen. Und die staatliche Betreuung ist auch relativ gut ausgebaut. Ist also auch leichter, welche zu haben.
Wir haben ja nun keine Großeltern in der Nähe wohnen - ich habe hier allerdings schon öfters mitgekriegt, dass die, so vorhanden, absolut keine Lust hatten, sich über gelegentliche Besuche hinaus um die Enkel zu kümmern.
Motto: "Nee, dann fühl ich mich so alt, ihr hättet ruhig noch warten können mit dem Kinderkriegen!"
Oder
"Ich arbeite ja selbst noch und hab genug um die Ohren!"
Oder
"Wir sind Rentner und wollen nun endlich auch mal was für uns tun. *Ihr* wolltet ja Kinder haben, dann müsst *ihr* halt auch sehen, wie ihr zurecht kommt!"
Wenn ich diese beiden mir bekannten Gesellschaften vergleiche, würde ich schon sagen, dass Kinderlosigkeit hier erheblich weniger verpönt oder erheblich akzeptierter ist als dort.
Natürlich sagt das nichts darüber aus, ob Verpöntheit überhaupt in Deutschland vorkommt... aber ich würde schon denken, es gibt Gegenden, wo sie häufiger ist.