Hätte ich einfach mal meine Klappe gehalten und geschluckt ...
Außerdem gibt es ja auch Leute, die adoptieren zu ihren eigenen Kindern noch welche dazu.
Ja.
Nicht, weil sie auf etwas anderes verzichtet haben oder verzichten mussten, weil es mit eigenen Kindern nicht geklappt hat, sondern weil sie darüber hinaus vielleicht noch Gründe dafür haben.
So - tun sie das nun aus Egoismus oder Altruismus - oder gar aus beiden Gründen?
Am Ende ist auch Altruismus eine Form von Egoismus - zumindest dann, wenn man bestimmten philosophischen Ansätzen Glauben schenkt. Tut man dies nicht, wird die weitere Diskussion schwierig, da wir uns in dem Fall nicht am gleichen gedanklichen Ausgangspunkt befinden.
Ich würde demnach nicht zwischen Ego-, und Altroismus unterscheiden, sondern z.B. medizinische Kinderlosigkeit (weil der Mann oder die Frau unfruchtbar sind) als mögliche Gründe für einen Adoptionswunsch nennen wollen. Ein Kinderwunsch ist für mich weder Ego-, noch Altroistisch - sondern ein natürlicher Wunsch, ausgelöst durch verschiedene physische Prozesse (im weiblichen Körper - man würde dies vermutlich als "das Ticken der biologischen Uhr" bezeichnen) und/oder auch gesellschaftlich bedingt.
Ist es für ein Kind aus, sagen wir, einem Heim in Russland, der Ukraine oder aus Indien wirklich "besser", dort aufzuwachsen als hier, nur damit wirklich niemand seinem "Egoismus" nachgegeben hat?
Das zu entscheiden möchte ich mir eigentlich nicht anmaßen - zu schnell rutscht man in eine "welches Land hat mehr zu bieten und wo geht es wem aus welchen Gründen besser" Diskussion, welche ich mehr als ungerne führe, da sie in der Regel (wenn man ALLE - also auch die kulturellen, sprachlichen usw. Hintergründe mit einbezieht, auf welche ein Kind bei Adoption - so es denn kein Baby mehr ist, was ja die Regel ist - "verzichten" müsste bzw. aus welchen es "umgepflanzt" wird) eigentlich kaum noch zu greifen ist ...
Um aber Deine Frage in irgendeiner Form zu beantworten, werde ich es versuchen - auch wenn der Rahmen meines Posts sicher nicht im entferntesten an die in Wirklichkeit zu bedenkenden Punkte heran reicht (was ich mir, wie gesagt, auch nicht anmaßen möchte
Wenn wir von (unseren europäischen oder denen der westlich zivilisierten) monetären Gesichtspunkten ausgehen, von der Möglichkeit der Bildung, der bestehenden Infrastruktur etc. ist Deutschland sicher sehr viel "besser" ausgestattet und ein "besseres" Land, als viele andere Länder - zumindest, wenn wir bei den Beispielen aus dem Ostblock, Ländern wie Indien etc. bleiben.
Wie es einem - beispielsweise - farbigen Kind aus Afrika, welches vierjährig ausgeflogen wurde und dann in einer weißen, deutschen Famile aufwächst / aufwachsen soll (zuerst als Pflegekind - die "Option auf Übernahme" stand aber von Seiten des Jugendamtes und auch der der zukünftigen Eltern aus) weiß ich leider anhand eines sehr schlechten Beispiels aus meiner eigenen Familie. Hier wurde alles - aber auch alles! - falsch gemacht, was man falsch hätte machen können (inkl. dem - durchaus laut ausgesprochenen - Gedanken: WIR haben dieses Kind gerettet, dieses Kind MUSS nun einfach funktionieren - egal, ob es "aus dem Busch" kommt und bisher unter völlig differenten Lebensbedingungen gelebt hat, oder nicht ...).
Nun - ich denke nicht, das man ein derart sensibles und vielschichtiges Thema wie "Adoption" anhand von ein paar wenigen "Fallbeispielen" der positiven oder negativen Art erörtern kann. Die Adoption ist sehr viel mehr, als die Aufnahme eines (unterschiedlich alten) Kindes in die Familie - es bedeutet, das man sich - und zwar sehr intensiv und teilweise schmerzhaft! - mit seiner eigenen "Geschichte" und der der Famile, sowie manigfaltigen psychologischen, kulturellen (so das Kind aus einem anderen Kulturkreis kommt), gesellschaftlichen etc. Problemen und Fragen beschäftigen muss. Selbstreflexion immer vorne weg - und das alleine wagen die meinsten schon gar nicht zu bedenken geschweige denn, das sie sich diese Probleme vorher so vorgestellt hätten ...
Lange Rede, kurzer Sinn: Ich KANN Deine Frage nicht beantworten - zumindest nicht mit einem klaren "Ja oder Nein". Niemand kann das. Einzelschicksale und die Geschichten von Familien sind so Vielschichtig und sensibel - denn wir sprechen hier über Menschen! - das wir unmöglich zu einer allgemeingültigen Antwort kommen können.
(Es sei denn, wir schenken Douglas Adams Glauben und nehmen die allumfassende "42" )
Dürfen nur adoptierte Leute wieder adoptieren, und wenn ja, warum?
Nein. (Hä?)
Ich denke, was die Adoption angeht, würde ich sagen, bei der Beurteilung kommt es auf die Umstände an, und darauf, wie das umgesetzt wird.
Natürlich. Das ist ja immer und bei jeder Entscheidung des Lebens so - wird aber, meiner (so verstandenen) objektiven und damit auch subjektiven und durch meine eigene Geschichte gefärbten Erfahrung oft zu sehr "auf die leichte Schulter" genommen.
Die "Schuldfrage" ist hier noch sehr interessant (so man denn bei "Beurteilung" und somit auch "Wertung" bleibt, was man meiner Meinung nach - speziell bei diesem Thema, wie ich meine - sehr schlecht oder gar nicht kann
Angehende Adoptiveltern durchlaufen einen - mehr oder weniger intensiven - "Durchleuchtungsprozess" des Jugendamtes. Geprüft wird das Alter (nicht älter als 35 beispielsweise), das Einkommen, die Lebensumstände, die Wohnung / das Haus und der entsprechende "Platz", welches dem Kind dann zugewiesen werden soll etc. pp. Alles ganz toll - und alles herrlich oberflächlich (angelehnt an die "Werte" unserer Gesellschaft eben). Man bleibt also auch bei der "Vorkontrolle" bei den monetären "Werten" unserer Gesellschaft. So weit, so gut?!
Es GIBT "Erfahrungsaustauschgruppen", welche vom Jugendamt angeboten werden. Es GIBT unterstützende Hilfe seitens der beim Jugendamt angestellten Sozialarbeiter und Psychologen. Es GIBT dieses und jenes zur Vorbereitung auf die Adoption - auf das kommende Kind! - ABER - zumindest war das zu meiner Zeit so - keine Verpflichtungen diesbezüglich teilzunehmen. Jemand kommt vorbei, unterhält sich mit Dir, mehrfach, über Wochen/Monate, prüft Dein Gehalt, Deine Hütte ... Und dann hast Du ein Kind - und stehst da. Ist das Kind noch ein Baby, hast Du Glück gehabt (so wie so - denn weiße, weibliche Babys sind weltweit am beliebtesten, dicht gefolgt von den weißen, männlichen Babys. Nicht behindert. Versteht sich von alleine.) - denn dann ist es ein "Rohdiamant", hat noch keine nennenswerten Erfahrungen gemacht und man kann es leicht in die bestehende Struktur integrieren. Ist Dein Kind aber älter, hat schon Erfahrungen gemacht, kennt ein Leben vor der Adoption (und kommt dann noch aus einem fremden Kulturkreis) ... Ja - holla die Waldfee!
Darauf werden werdende Eltern einfach unzureichend vorbereitet. Bereiten sich auch selber nicht ausreichend darauf vor. Sind - nicht selten - mit kommenden Problemen überfordert. Das ist verständlich (würde mir vermutlich auch so gehen) - kann aber verheerende Folgen für das Kind haben - und spätestens hier (!) zählt der eigene Egoismus nicht mehr! Sollte er nicht mehr. Mh ...
Wenn das Kind später ständig vorgehalten (oder auch nur den Eindruck) kriegt, es müsse "dankbar" für die Adoption sein, obwohl es gar keine Wahl hatte - dann ist das sicher nicht gut.
"Nicht gut" ist ganz süß ausgedrückt.
Andererseits hatte ich beim Adoptiv-, Stief- und Pflegekindern im Bekanntenkreis oft den Eindruck, eigentlich sehr typische Probleme (Trotzphase, Pubertät) würden oft von beiden Seiten, aber besonders von den Kindern, enorm dramatisiert und dann auf die Adoption/Scheidung/Patchworkfamilie geschoben, weil es ja immer die Begründung "Ich hab noch "echte Eltern" irgendwo" - bzw. "Das sind bestimmt die Gene - von uns kann sie das ja nicht haben!" im Hintergrund gibt - sprich, eine Entschuldigung, die "echte" Familien nicht haben, und die im schlimmsten Fall verhindert, dass man sich mit dem eigentlichen Problem auseinandersetzt.
Der Klassiker. Überhaupt nicht untypisch - sondern eher die Regel, wage ich zu behaupten. Wie wird mit diesem Problem (mit diesen Problemen) umgegangen? Nun - nichts genaues weiß man nicht - hat man sich vorher auch anders vorgestellt - und das "vorschieben" der Adoption (ist ja nicht mein Kind, kann es nicht von mir haben) ist doch dann noch das Einfachste.
Was ich DAVON halte, habe ich - hoffentlich - nun ausreichend dargelegt. Eltern von Adoptivkindern (Pflegekindern, Stiefkindern ...) MÜSSEN sich im Vorfeld darüber im Klaren sein und sich damit auseinander setzen, das Probleme auftauchen (können), welche leiblich verwandte Familien in dieser Form nicht haben. Es ist ein Unterschied, ob ich adoptiert bin oder nicht, ob ich leibliche Kinder großziehe oder nicht - und das ist nicht wegzudiskutieren - auch wenn manchereiner das gerne möchte. Punkt.
Adoptiveltern SIND die RICHTIGEN Eltern ihrer Adoptivkinder und ich kenne keines, welches seine/ihre Eltern nicht als solche ansieht und nicht in dieser "Funktion" liebt (und umgekehrt lieben Adoptiveltern ihre Kinder natürlich genau so) - dies ist nicht nur vor dem Gesetz so, sondern auch gefühlt (zumindest behaupte ich, das dies die Regel ist) und ein ganz wichtiger Punkt!
ABER das - gerade in der Pupertät, also in der Selbstfindungs-, und Identitätsfindungsphase (viele Adoptivkinder interessieren sich für ihre "Wurzeln", was von vielen Eltern als Katastrophe angesehen wird. Und als persönliche Beleidigung - hat man sich doch jahrelang abgemüht und die "Brut" will auf einmal wissen, wer die leiblichen Eltern sind. Dies nur mal als Beispiel zum Thema Identitätfindung.) - Probleme der oben beschriebenen Art auftauchen (können) gehört einfach dazu. Das IST eben der Unterschied (oder einer der Unterschiede) und willige Adoptanten müssen sich auch diesem "Problem" stellen (und psychisch stellen können) und stellen wollen.
(Fast) jedes Kind stellt seine Eltern während der Pupertät in Frage. Adoptivkinder sind da keine Ausnahme. Warum sollten sie auch?
Der UMGANG mit diesem "Problem" ist entscheidend - und hier werden, meiner Meinung und meiner Erfahrung nach, sehr viele (für die Entwicklung des Kindes zum Teil schwerwiegende) Fehler gemacht.
Eigentlich genau wie wenn man einen Hund aus dem Tierheim aufnimmt, der sich eben nicht als der mit allem verträgliche Traumhund herausstellt, enttäuscht reagiert, und dann jahrelang alles auf: "Er hat halt im TH/beim Vorbesitzer/in der Tötung schlechte Erfahrungen gemacht" schiebt, statt es anzugehen.
Guter Vergleich. Viele hier werden nachvollziehen können, das ein Hund, welcher ständig und lebenslang den "Tierheimbonus" (oder "-fluch") aufgedrückt bekommt, in seiner Entwicklung nicht weiter kommt oder es zumindest schwerer hat, sich einzufügen. Bei einem Menschen(-kind) können die Folgen selbstverständlich sehr viel fataler sein.
Das sehe ich durchaus problematisch, aber - sollten darum die Kinder, die keine Eltern mehr haben oder abgegeben werden, eben besser im Heim aufwachsen?
Nein. Aber ... (siehe Ausführungen oben).
Brisantes Thema. Sensibles Thema. Ein Thema mit vielen Graustufen. "Richtig" oder "Falsch" ist pauschal nicht zu beantworten. Der Mensch ist vielschichtig, kompliziert, verfügt über eine ausgeprägte Psyche, wünscht sich Identität, ist sensibel, will geliebt werden (um seiner selbst willen - ich schrieb es schon mal irgendwo), verzeiht nicht alle Fehler, kann zerstört werden.
Ihr mögt mir verzeihen - ich spreche aus Erfahrung, wie vielleicht bereits heraus zu lesen war - aber dieses Thema ist bitte mit viel Sensibilität anzugehen, so es denn überhaupt für einen "Witz" herhalten muss.