Ich glaube - wie viele hier - zwar auch, dass in der Mehrheit aller Fälle von destruktivem Verhalten eher zu wenig Auslastung und Langeweile eine Rolle spielen.
Aber ich sehe es auch so, dass es gefährlich ist, pauschal MEHR Auslastung oder generell ein in Stunden bemessenes Maß an "grundsätzlich notwendiger Auslastung für DEN Hund (egal welcher Rasse)" zu empfehlen.
Auslastungsbedarf ist nach meiner Ansicht auf jeden Fall Rasse- und innerhalb der Rasse sogar nochmal Typ-abhängig. Das zeigt ja schon der Umstand, dass von zwei Hunden derselben Rasse in etwa im selben Alter der eine destruktiv ist, der andere nicht.
Manche Hunde sind trotz ausgewogener Auslastung und Beanspruchung generell neugierig und erkunden gerne. Für den Hund ist DVD’s Schreddern auch sicher nicht “kaputt machen”, sondern “untersuchen, kosten und reinschauen”. Kann er halt nur auf eine Weise, bei der es wahrscheinlich kaputt geht.
Ich finde, auch der Umstand, dass der Hund nicht täglich etwas zerlegt, sondern offenbar nur ab und zu den “Marco Polo” in sich entdeckt, sprich eher für Neugier (als für reine Langeweile), die nicht unbedingt mit Unterforderung erklärbar sein MUSS.
Und ich bin mir deshalb auch nicht unbedingt sicher, ob man in wirklich jedem Fall mit MEHR Auslastung sicherstellen kann, dass der Hund das nicht mehr macht.
Da es sehr schwer ist, in Abwesenheit dem Hund klar zu machen, dass die DVD-Sammlung einem heilig ist, er den Schuhkarton aber haben kann, muss man dann eben managen und für die eigenen Abwesenheiten eine Umgebung schaffen, in der der Hund möglichst wenig Dinge, an denen einem etwas liegt, als Reiz entdecken kann.
Oder man nimmt den Hund mit, sorgt für Betreuung oder … oder …
Ohne die Situation zu sehen ist es schwierig, generell zu sagen, ob ein Hund zu wenig Auslastung hat oder unter Dauerstrom steht, weil ihn zu viel Auslastung auf einem konstant hohen Erregungsniveau hält.
Letzteres ist sicherlich der seltenere Fall, kommt aber immer noch oft genug vor.
Einem Hund, der Probleme mit dem Runterkommen hat, kann ich mit Auslastung (allein) nicht beikommen, egal ob körperlich oder mental. Da gibt es kein “Genug”.
Mein Hund ist zwar nicht hyperaktiv - auch wenn mir der Ausdruck ab und an rausrutscht - aber sie ist in jedem Fall ganz am oberen Ende der Aktivitätsskala und hat ihre Schwierigkeiten, runterzukommen.
Sie macht 5 Minuten Pause und dann könnte ihretwegen die Action weitergehen, notfalls bis zum Umfallen.
Wir haben das gut im Griff, weil ich es bei ihr als Welpe schon recht schnell bemerkt und es dann auch den Versuch unterlassen habe, sie mit immer mehr Bewegung und Mental-Spielen bis zur Erschöpfung auspowern zu wollen.
Alle Spiele und Bewegung trainieren den Hund gleichzeitig geistig und körperlich und erzeugen daher bei einem Hund, der nur die Spirale nach oben kennt, einen fortdauernden Bedarf nach “MEHR”.
Natürlich braucht so ein Hund auch trotzdem Bewegung und Beschäftigung. Die bekommt mein Hund auch. Wir sind auch ca. 2-3h am Tag mit Spielen, Powern und Gassi beschäftigt (dazu kommen weniger wilde "Inter-Aktivzeiten" im Haus). Ganz wichtig ist beim Hund dabei auch das WIE. Die Beschäftigung muss zum Hund passen. Mein Bulli legt Wert auf Interaktion - mit seinen Menschen. Stelle ich Mila eine Stunde mit andern Hunden in den Hundepark, langweilt sie sich und ist danach genauso wenig ausgelastet wie vorher.
Ansonsten nehme ich sie auch auf kleinen Wegen mit, wenn's geht, und wenn's nur bis zum Briefkasten ist. Ist auch Abwechslung.
Das Zusammenleben so richtig angenehm machen dann die ruhigen Spiele und unser Training zuhause, Ruhe- und Kuschelsituationen und vor allem geregelte Abläufe, in denen sie auch genau weiss, wann nochmal Action kommt und wann sie ruhen kann, ohne etwas zu verpassen.
Wir haben kleine "Ruherituale" entwickelt. Im Haus gibt’s auch vorwiegend Mentalspiele und Tricktraining für den Kopf, nur extrem selten mal wilde Kalbereien. Manchmal lege ich sie auch heute noch aktiv zur Ruhe, wenn sie selbst nicht so gut rein findet. Das kann genauso wichtig sein bei einem Hibbelhund, wie angemessene Auslastung.