Verwirrspiel um die Kampfhunde
Hamburg, 3.9.01
Maulkorb, Leine und Wesenstest sollen vor gefährlichen Rassen schützen. Doch jedes Bundesland hat eine andere Hundeverordnung.
In Rheinland-Pfalz müssen sie, in Hessen nicht, in Schleswig-Holstein eigentlich auch nicht, in Hamburg aber ganz bestimmt. Welcher Kampfhund wo einen Maulkorb tragen muss und wie gehalten werden darf, ist bundesweit kaum noch zu durchschauen. Zwei Gerichtsurteile zu den eilig erlassenen 16 Hundeverordnungen der Bundesländer haben in der vergangenen Woche für zusätzliche Verwirrung gesorgt. "Für den Bürger auf der Straße bringt das keine Sicherheit", sagt Thomas Schröder vom Deutschen Tierschutzbund. Nur eine Verordnung gilt sei Sonnabend bundesweit: ein Einfuhr- und Zuchtverbot für bestimmte Kampfhunderassen.
Da Innere Sicherheit - und damit auch der Schutz der Bevölkerung vor Kampfhunden - Ländersache ist, kann die Bundesregierung nur die Einfuhr und Zucht einheitlich regeln. Die Länder hingegen, so sagt ein aufgebrachter Thomas Schröder, hätten noch nie den Versuch gemacht, sich auf eine gemeinsame Verordnung zu einigen.
So kommt es, dass in Nordrhein-Westfalen 42 Rassen und Hunde, die mehr als 40 Zentimeter groß und 20 Kilogramm schwer sind, als gefährlich eingestuft sind. In Rheinland-Pfalz sind nur die Pit Bull Terrier, American Staffordshire Terrier und Staffordshire Bullterrier "unwiderleglich gefährlich" und unterliegen, ebenso wie in Hamburg, auch bei bestandenem Wesenstest der Maulkorb- und Leinenpflicht sowie dem Kastrations- oder Sterilisationszwang.
In Hamburg wird aber bei zehn weiteren Rassen eine "Gefährlichkeit vermutet". Die können sich durch einen Wesenstest von den Auflagen befreien. Hessen stuft zusätzlich zu den drei "unwiderleglich gefährlichen" Rassen zwölf weitere als "widerlegbar gefährlich" ein. Genauso verfährt Schleswig-Holstein mit insgesamt elf Hunderassen auf der Liste und Niedersachsen mit insgesamt 14.
Doch die Verordnungen von Hessen, Schleswig-Holstein und Niedersachsen stehen jetzt noch einmal auf dem Prüfstand. Die Richter haben zu entscheiden, ob allein eine Rasse über die Gefährlichkeit des Hundes entscheidet oder nicht viel mehr der individuelle Charakter. Auch bei Tieren muss der Gleichheitsgrundsatz gewahrt bleiben.
Während das Oberverwaltungsgericht in Schleswig deswegen die Kieler Verordnung kippte, ließen die Richter in Rheinland-Pfalz wie auch in Hamburg die besondere Gefährlichkeit von Pit Bull Terrier, American Staffordshire Terrier und Staffordshire Bullterrier gelten. Hessen unterlag ebenfalls vor Gericht. Bestehen diese drei besonders gefährlichen Rassen den Wesenstest, sind sie dort künftig vom Maulkorb- und Leinenzwang befreit. Ob Hessen in Revision geht, ist noch nicht sicher. Schleswig-Holstein will Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht in Berlin einlegen. Wer aber hat noch einen Überblick?
Seit den eilig verabschiedeten Hundeverordnungen nach dem Tod des sechs Jahre alten Volkan in Hamburg präsentieren dennoch alle Erfolgszahlen. 3612 Wesensprüfungen hat Hessen im vergangenen Jahr bewältigt, 126 Tiere fielen durch, 36 mussten getötet werden. In Hamburg, so sagte Bürgermeister Ortwin Runde im Juni, wurden 500 gefährliche Hunde eingezogen. Die Bissvorfälle reduzierten sich von einst 50 im Monat auf inzwischen unter 20. Manchmal, so die Auskunft der Sozialbehörde, wurde monatlich sogar nur noch ein Biss gemeldet. 40 Tiere wurden getötet.
Dennoch glaubt Thomas Schröder vom Tierschutzbund nur an eine "Scheinsicherheit". "Mit den Verordnungen wird es keinen dauerhaften Schutz geben", sagt er. Er lehnt es ab, Rassen kategorisch als gefährlich einzustufen. Sinnvoller sei eine Registrierpflicht für alle Hunde, damit ähnlich wie beim Auto deren Halter lückenlos nachvollziehbar sind. Außerdem müsse man die Hobbyzucht stärker kontrollieren. "Im Moment", sagt er, "wird das politische Versagen nur an der Tür des Tierheims abgekippt."
Queele:Hundejo.de
Das sag ich dazu
Hamburg, 3.9.01
Maulkorb, Leine und Wesenstest sollen vor gefährlichen Rassen schützen. Doch jedes Bundesland hat eine andere Hundeverordnung.
In Rheinland-Pfalz müssen sie, in Hessen nicht, in Schleswig-Holstein eigentlich auch nicht, in Hamburg aber ganz bestimmt. Welcher Kampfhund wo einen Maulkorb tragen muss und wie gehalten werden darf, ist bundesweit kaum noch zu durchschauen. Zwei Gerichtsurteile zu den eilig erlassenen 16 Hundeverordnungen der Bundesländer haben in der vergangenen Woche für zusätzliche Verwirrung gesorgt. "Für den Bürger auf der Straße bringt das keine Sicherheit", sagt Thomas Schröder vom Deutschen Tierschutzbund. Nur eine Verordnung gilt sei Sonnabend bundesweit: ein Einfuhr- und Zuchtverbot für bestimmte Kampfhunderassen.
Da Innere Sicherheit - und damit auch der Schutz der Bevölkerung vor Kampfhunden - Ländersache ist, kann die Bundesregierung nur die Einfuhr und Zucht einheitlich regeln. Die Länder hingegen, so sagt ein aufgebrachter Thomas Schröder, hätten noch nie den Versuch gemacht, sich auf eine gemeinsame Verordnung zu einigen.
So kommt es, dass in Nordrhein-Westfalen 42 Rassen und Hunde, die mehr als 40 Zentimeter groß und 20 Kilogramm schwer sind, als gefährlich eingestuft sind. In Rheinland-Pfalz sind nur die Pit Bull Terrier, American Staffordshire Terrier und Staffordshire Bullterrier "unwiderleglich gefährlich" und unterliegen, ebenso wie in Hamburg, auch bei bestandenem Wesenstest der Maulkorb- und Leinenpflicht sowie dem Kastrations- oder Sterilisationszwang.
In Hamburg wird aber bei zehn weiteren Rassen eine "Gefährlichkeit vermutet". Die können sich durch einen Wesenstest von den Auflagen befreien. Hessen stuft zusätzlich zu den drei "unwiderleglich gefährlichen" Rassen zwölf weitere als "widerlegbar gefährlich" ein. Genauso verfährt Schleswig-Holstein mit insgesamt elf Hunderassen auf der Liste und Niedersachsen mit insgesamt 14.
Doch die Verordnungen von Hessen, Schleswig-Holstein und Niedersachsen stehen jetzt noch einmal auf dem Prüfstand. Die Richter haben zu entscheiden, ob allein eine Rasse über die Gefährlichkeit des Hundes entscheidet oder nicht viel mehr der individuelle Charakter. Auch bei Tieren muss der Gleichheitsgrundsatz gewahrt bleiben.
Während das Oberverwaltungsgericht in Schleswig deswegen die Kieler Verordnung kippte, ließen die Richter in Rheinland-Pfalz wie auch in Hamburg die besondere Gefährlichkeit von Pit Bull Terrier, American Staffordshire Terrier und Staffordshire Bullterrier gelten. Hessen unterlag ebenfalls vor Gericht. Bestehen diese drei besonders gefährlichen Rassen den Wesenstest, sind sie dort künftig vom Maulkorb- und Leinenzwang befreit. Ob Hessen in Revision geht, ist noch nicht sicher. Schleswig-Holstein will Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht in Berlin einlegen. Wer aber hat noch einen Überblick?
Seit den eilig verabschiedeten Hundeverordnungen nach dem Tod des sechs Jahre alten Volkan in Hamburg präsentieren dennoch alle Erfolgszahlen. 3612 Wesensprüfungen hat Hessen im vergangenen Jahr bewältigt, 126 Tiere fielen durch, 36 mussten getötet werden. In Hamburg, so sagte Bürgermeister Ortwin Runde im Juni, wurden 500 gefährliche Hunde eingezogen. Die Bissvorfälle reduzierten sich von einst 50 im Monat auf inzwischen unter 20. Manchmal, so die Auskunft der Sozialbehörde, wurde monatlich sogar nur noch ein Biss gemeldet. 40 Tiere wurden getötet.
Dennoch glaubt Thomas Schröder vom Tierschutzbund nur an eine "Scheinsicherheit". "Mit den Verordnungen wird es keinen dauerhaften Schutz geben", sagt er. Er lehnt es ab, Rassen kategorisch als gefährlich einzustufen. Sinnvoller sei eine Registrierpflicht für alle Hunde, damit ähnlich wie beim Auto deren Halter lückenlos nachvollziehbar sind. Außerdem müsse man die Hobbyzucht stärker kontrollieren. "Im Moment", sagt er, "wird das politische Versagen nur an der Tür des Tierheims abgekippt."
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