@Golden
Kann man nicht pauschal beantworten.
Das Revier eines HSH ist nicht per qm zu definieren, alle Hunde sehen das anders und reagieren entsprechend.
Es ist nicht so, daß die Hunde an der Herde kleben, das Territorium ist schon sehr weitläufig.
Natürlich sieht es in der Steppe anders aus als auf der Alm, aber auch da verlassen Hunde ihre Herden mitunter recht lange und sichern ein weites Revier. Allerdings haben die Kangals immer Hirten dabei, in der Schweiz ist das ein Kostenfaktor, den man nicht tragen will, ein weiteres Risiko.
Ich kenne ein Beispiel, bei denen 4 Kangals ein 6 köpfiges Wolfsrudel angriffen, obwohl die Schafe einen guten Kilometer von den Räubern entfernt waren. Das erhärtet auch die Theorie, daß die HSH territorial und nicht, wie oft behauptet, objektbezogen sind.
Natürlich spult ein HSH erst das ganze Repertoire der Einschüchterung ab und nur wenn das nicht hilft, sollte er angreifen. Das machen längst nicht alle Hunde, viele beschränken sich auf's Bellen. Haben die Wölfe herausgefunden, daß die Hunde es nicht ernst meinen, und das geht recht schnell, ist der vielgelobte Schutz dahin. Und genau da beginnt das Schweizer Problem. Defensive Hunde mit wenig Aggressionspotential werden sich in der Regel nicht auf einen Kampf einlassen und sich auf ihr Drohen verlassen. Lange war man hier der Ansicht (in der Türkei war man das nie, da der Herdenschutz hier gewachsene Traditionen hat und nicht neu erlernt werden muß), daß die Präsenz der Hunde die Wölfe abhält. Es ist aber so, daß die Wölfe die Entschlossenheit der Hunde testen. Nur so kann man es erklären, wieso ein Wolf eine Herde erfolgreich angreifen kann, die von 2 großen Patous bewacht wird. Er ist kein Kamikaze und macht auch kein Harakiri. Er hat schlicht erkannt, daß von diesen Hunden wenig Gefahr ausgehen wird.
Die Abwehr selbst wird organisiert, das setzt eine gemischte Gruppe und einige erfahrene Hunde voraus. Nichts ist blöder, als wenn man sich 2 Junghunde kauft, die an die Herde packt und denkt, es wird schon klappen.
Ein Teil der Hunde übernimmt die aktive Verteidigung, bis zur Verfolgung und die anderen sichern die Herde. Unerfahrene Hunde stürzen den Wölfen hinterher, tappen in die Falle und das war's dann für Schafe und Hunde. Für eine simple Verteidigung könnte ich jeden Rottweiler oder Riesenschnauzer nehmen, doch sind die noch lange keine Herdenschutzunde.
Wohlbemerkt, bei intakten Wolfspopulationen, die Rudeltaktik beim Jagen anwenden und die schon recht schlagkräftig sind. In der Schweiz haben wir momentan nur ein Geplänkel mit ein paar wandernden Einzeltieren oder maximal Paaren. Wenn da schon die Hunde versagen, will ich nicht wissen, was passiert, wenn 5 oder 8 Wölfe angreifen.
Es ist hier also der versuchte Spagat zwischen schlagkräftigen HSH und größtmöglicher Toleranz gegenüber Touris mit Hunden. Letztendlich ist der Wolf der Leidtragende. Sind de Hunde nicht effektiv genug oder das Konzept greift nicht, dann wird man andere Lösungen suchen und das Wallis zeigt auch welche.