Pfote schrieb:
Da lese ich hier : Habe gerade im Radion gehört , das Kind sei tot... Das hat er oder sie bestimmt gehört, aber war es wahr?
Nein, das war offenbar eine Falschmeldung, die von der Webseite des entsprechenden Radiosenders bereits zum Abend zu wieder gestrichen worden war. - Wie sich zum Glück auch recht schnell herausgestellt hat.
Wenn nicht in dem Moment, als ich das hörte, mein Besuch vor der Tür gestanden hätte, hätte ich die Quelle verlinkt, um zu schauen, ob ich richtig gehört habe - dann wäre es nachvollziehbarer gewesen, wie dieser Beitrag zustande gekommen ist - oder es hätte sich gleich herausgestellt, dass es nicht stimmte.
Ich glaube, bewusst
gelogen hat in dem Fall niemand. Ich nicht, und die Leute von Radio Bremen auch nicht.
Aber vielleicht erklärt es wenigstens, wie solche Falschmeldungen zustande kommen - durch übergroße Eile, mangelnde Sorgfalt und eine Verkettung unglücklicher Umstände (war wegen des Besuchs den Rest des Tages nicht mehr on und habe auch kein Radio gehört oder Ferngesehen, sonst hätt ich das selbst noch richtiggestellt.)
Gelogen oder doch die Dinge verzerrt dargestellt hat allerdings teilweise unser aller Lieblings-Revolverblatt - hier in den regionalen Medien hat sich der behandelnde Oberarzt wegen mehrfacher entsprechender Anfragen aufgrund der Berichterstattung bemüßigt gefühlt, das Ausmaß der Verletzungen richtigzustellen.
(Auch wenn die immer noch schwer sind... das ist auch nicht der Punkt.)
Dass man, wenn man sich schon mit den Medien auseinandersetzt, dieses mit der gebotenen Vorsicht tut, ist (eigentlich... - in dem Fall ist es mir einmal nicht gelungen) selbstverständlich.
Es wird in der Presse selten die ganze Wahrheit gesagt, weil niemand die ganze Wahrheit kennt...
Aber darum komplett den Kopf in den Sand zu stecken, damit man an seiner Meinung festhalten kann und nicht runtergezogen wird, halte ich nur teilweise für sinnvoll.
Du schreibst:
Pfote schrieb:
niemals möchte ich einen anderen Hund haben. Sie sind einfach die Besten... nur es gibt Menschen die das nicht erkennen und dadurch passieren diese Unfälle...
Genau das hat der Besitzer dieser Hunde auch gedacht. Der war (und ist es vermutlich recht verzweifelt immer noch) der Ansicht, er habe zwei ganz tolle, kinderliebe Hunde, die alles und jeden lieben, und mit allem und jedem verträglich sind.
Das hier war
kein Vorfall wie der in Hamburg 2000, wo es Warnsignale en masse gegeben hätte, und der vermutlich nicht passiert wäre, wenn die bereits von den Behörden verhängten Auflagen eingehalten worden wären.
Sondern es war ein schrecklicher Unfall, wie er mit einem Hund beliebiger Rasse ab Kniehöhe hätte passieren können und gegen den Rasselisten ohnehin nichts genützt hätten, weil er auf eigenem Grundstück passiert ist.
Und von dem ich mittlerweile glaube, dass er in dieser Form kaum zu verhindern war, einfach weil vorher noch nie so eine Situation aufgetreten war und niemand wusste, dass der Hund so reagieren würde.
Der Halter mag ein typischer niedersächsischer Nösel gewesen sein, aber er hat seine Hunde genauso geliebt, wie wir das tun, und war genauso davon überzeugt, liebe, im Prinzip missverstandene Tiere zu besitzen, wie wir.
Und ich denke sogar, bis zu diesem Punkt hatte er
Recht.
Was er bzw. seine Stiefmutter nicht bedacht hat (und in diesem Zusammenhang vielleicht nicht bedenken
konnte) ist, dass jeder Hund bis zu einem gewissen Grad ein triebgesteuertes Wesen ist, und gelegentlicht quasi "fremdgesteuert" daherkommt.
Hab mal einen Beitrag im Fernsehen von Günther Bloch über Jagdverhalten gesehen, der mir sehr geholfen hat, meinen eigenen Hund besser zu verstehen.
Und da sagte er sinngemäß: "Wenn eine bestimmte Reaktionskaskade beim Hund einmal ausgelöst ist, läuft sie automatisch bis zum Ende ab und lässt sich nur noch durch massive Einwirkung beenden."
Ich kann (natürlich) nur spekulieren, dass sowas hier der Fall war. Aber ich glaube durchaus, dass ein Hund, der noch nie in einer ähnlichen Situation war (strampelndes, schreiendes Kleinkind wird von Bezugsperson gepackt und weggeschleppt) auch noch nie auch nur ansatzweise ähnliches Verhalten gezeigt hat, und es schafft, alle beteiligten Personen höchst unangenehm zu überraschen.
Die Leute
müssen sich nicht in ihrem Hund getäuscht haben, und sie müssen sich nicht absolut gedankenlos und falsch verhalten haben, und sie müssen sich auch nicht (wie die Besitzerin der Hündin damals in Hamburg) ihren Hund schöngeredet und vor Wanrsignalen die Augen verschlossen haben - und trotzdem
kann so etwas passieren, weil der Hund an sich nunmal ein Beutegreifer ist.
Das ist die unangenehme Wahrheit, vor der viele Leute Angst haben. Und das ist vermutlich auch der Grund, warum jetzt wieder einmal auf bestimmten Rassen herumgeritten wird.
Wäre wirklich jedem bewusst, dass so etwas theoretisch
jedem Hundehalter passieren kann, würde niemand mehr einen Hund haben wollen oder könnte ruhig schlafen. Also, Rasseliste raus, Schuld zugeschoben (sind ja nur die mit den breiten Köpfen... und den zwei Zahnreihen), und ruhig auf die andere Seite gedreht und mit dem eigenen Hund an der Seite weitergedöst...
Und alles ist gut!
Bis zum nächsten Vorfall, wo es vielleicht ein netter Collie war, der zugelangt hat...
Als hier im Ort ein Jagdhund ein kleines Mädchen (Enkelin der Besitzer) schwer verletzt hat - und das auch aus heiterem Himmel - war es plötzlich so, dass niemand, der gerade kleine Kinder hatte, mehr einen Hund wollte. Egal welcher Rasse. Einfach weil den Leuten aufgegangen war: Sowas kann immer passieren. Herr und Hund waren bekannt, Hund war gut erzogen und ausgebildet und stand gut im Gehorsam, kannte das Kind seit Jahren, weil es regelmäßig bei den Großeltern war, und man weiß bis heute nicht, was ihn zu dem Angriff veranlasst hatte (vielleicht hatte er nur schlecht geträumt.)
Es gab zu der Zeit Colliewelpen im Ort, die eigentlich alle schon vergeben waren, und unsere Nachbarn mussten ihren halbwüchsigen Berner wegen schwerer Allergie der Besitzerin abgeben - und plötzlich ging in Sachen "Hund" gar nichts mehr.
Hier nebenan haben viele junge Familien gebaut, und einige hatten sich irgendwie nen Hund dazugeholt - die sind alle in dieser Zeit verschwunden. Ganz schnell...
Aus dem einfachen Grund, weil dieser Vorfall nicht das Etikett "Listi beteiligt" oder "Kind ist schuld" oder "Halter hatte keine Ahnung von Hunden" als Erklärung und "Entschuldigung" hatte.
Sondern den Leuten klar gemacht hat, dass Hunde durchaus auch so ein Risiko sein können.
Lest das bitte nicht als Plädoyer gegen die Hundehaltung allgemein. Das meine ich damit gar nicht.
Auch Autofahren ist ein Risiko. Vieles ist ein Risiko.
Aber es spricht für mich durchaus auch für Respekt vor dem Hund, wenn man sich dieses Risikos bewusst ist (auch ohne deswegen zitternd in Panik zu versinken). Wären sich mehr Leute dessen bewusst, würde vielleicht ein allgemeiner Sachkundenachweis für Hundehalter o.ä. auf mehr Gegenliebe stoßen.
Hoffe, das war jetzt nicht zu wirr.
LG,
Lektoratte