Leider weiß ich nicht wie ich hier einen Link einsetzen kann, deswegen den ganzen Text, sorry..
Sendung vom 17. September 2000
Aggressionen bei Hunden
Von Cornelia Katharina Baumsteiger Zeadkiyahoo
Die im Eilverfahren erlassenen Hundeverordnungen der Bundesländer haben in ihrer Unterschiedlichkeit eines gemeinsam: Sie benennen Rassen, die als gefährlich oder potentiell gefährlicher als andere Rassen strengen Sicherheitsauflagen unterworfen werden. Diese Rasselisten sind aber wiederum nicht einheitlich. Gefährlichkeit einer Rasse wird von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich beurteilt.
Die Rasselisten sind der Kernpunkt der heftigen Kritik am Vorgehen der Behörden. Alle Fachleute, Tierärzte, Ethologen, Kynologen halten es übereinstimmend für unsinnig, bestimmte Rassen gefährlich zu nennen. Es gibt keine aggressiven Rassen, nur aggressive Individuen. Das ist abhängig von vereinzelten Zuchtlinien und in den weitaus meisten Fällen von Aufzucht und Haltung der Tiere.
Bereits vor dem Erlass der Hundeverordnungen wurden den so genannten Kampfhunderassen mit großer Unterstützung der Medien unterstellt, sie seien gefährlich und zwar für Hund und Mensch. Nicht zuletzt dieses Image hat die Tiere für solche Halterkreise attraktiv gemacht, die sie nicht als nettes Haustier halten, sondern aus Imponiergehabe, als Bedrohung, ja, als Waffe führen wollten. In den Händen dieser Besitzer wird den Hunden in der Regel alles verweigert, was jeder Hund braucht, um ein verlässlicher Sozialpartner des Menschen zu werden.
Eine sprunghaft angestiegene Nachfrage nach so genannten Kampfhunden, allen voran American Staffordshire Terrier und Pit Bull Terrier, hat Massenzucht, unkontrollierten Import und Hundevermehrung in Kellern provoziert. Muskulöse, nicht erzogene Kraftpakete, die in großer Zahl, mit martialischen Halsbändern bestückt, an der Seite bestimmter gesellschaftlicher Gruppen auftauchten und Kampfhunde genannt wurden, haben in der Bevölkerung zunehmend Angst erregt. Selbst seriöse Medien haben diese Angst mit Berichten über beißende Bestien bedient. Die Daten über ihre Beißkraft steigerten sich ins Blödsinnige. Dann kam der tödliche Überfall eines Hundes auf ein Kind. Damit war für den überwiegenden Teil der Bevölkerung und für die Behörden der Nachweis auf die Gefährlichkeit der „Kampfhunderassen“ erbracht.
Dabei ist der Unfall in Hamburg das Ergebnis einer schlimmen Verbindung von Behörden********rei und Kriminalität, aus der unbedingt Konsequenzen zu ziehen wären. Die Verantwortlichen haben indes vorgezogen, den schwarzen Peter abzugeben - an die Hunde. Tatsächlich aber gibt es keine Statistik, die darauf hinweisen könnte, dass so genannte Kampfhunde häufiger beißen als andere.
Tierärztin Christiane Quandt, anerkannte Verhaltenstherapeutin, betont, dass es kein Gen gibt, mit dem Aggressivität vererbt werden kann. Selbst wissenschaftliche Studien, die bei einzelnen Würfen von „Kampfhunden“ Aggression festgestellt haben, weisen ausdrücklich darauf hin, dass es sich um Einzelfälle handele. Bei Rassen, die seit Jahrhunderten zu Tierkämpfen als perverse Belustigung der Gesellschaft missbraucht worden sind, haben verantwortungslose Züchter immer wieder versucht, solche Erbanlagen zu verstärken, die in Kombination ein aggressives Tier hervorbringen. Mit der Rasse selbst hat dies nichts zu tun, wohl aber damit, dass Verbrecher und Halbkriminelle sich solche Rassen als Opfer ausgesucht haben, um ihr Ego aufzuwerten oder Angst zu verbreiten. Sie sind das eigentliche Probelm.
Wilfried Schielmann, ehemals Züchter von American Staffordshire Terriern, hat aus Liebe zu den Tieren seine Zucht aufgegeben. Er fand keine zuverlässigen Interessenten für seine Hunde mehr. Schielmann betont, wie anhänglich die Rasse ist, wie sehr sie ihren Menschen gefallen will. Deshalb seien die Tiere so gut zu missbrauchen und andererseits so liebenswerte Hausgenossen. Da sie aber immer mehr zum Statussymbol einer unseriösen Klientel wurden, zögen echte Liebhaber der Rassen sich zurück, ein schlimmer Kreislauf für die Tiere.
Aggressionszüchtungen fallen unter den Begriff der Qualzüchtung und sind per Tierschutzgesetz verboten, ebenso wie Aggressionssteigerungen durch entsprechende Konditionierung. So werden Tiere bereits im Welpenalter körperlich gequält und auf lebende Katzen gehetzt. Wenn Behörden allerdings wie in Hamburg, so verhängnisvoll, Gesetze nicht umsetzen, ist das beste Gesetz nichts wert. Tierschützer machen seit Jahren auf diese Situation aufmerksam. Bis zur Hamburger Tragödie fanden sie kein Gehör.
Aggressivität ist zunächst ein Teil des normalen Verhaltensrepertoires von Hunden, wie von Menschen auch. Sie dient zum Beispiel im Notfall der Selbstverteidigung. Unangemessenes Aggressionsverhalten beim Hund, das letztlich auch für Menschen gefährlich werden kann, muss am einzelnen Tier über definierte Merkmale bestimmt werden, nicht an einer ganzen Rasse. Da Hunde von der Zucht über die Sozialisierung bis hin zur Erziehung und Haltung vom Menschen entscheidend beeinflusst werden, ist dieser auch verantwortlich für eine gestörte Beziehung. Es ist in der Regel sein soziales Umfeld, das einen Hund aggressiv werden lässt.
Die immer wieder angeführte Behauptung, ein Hund sei nach jahrelanger Freundlichkeit plötzlich bissig geworden, wird von Experten nicht akzeptiert. Beißunfälle kündigen sich an. Soweit der Besitzer sein Tier kennt und beobachtet, wird ihm eine beginnende Veränderung auffallen. Dann muss er einschreiten und vorbeugen. Therapeuten und Trainer unterscheiden die häufigsten Formen von Aggressivität, die zunächst noch nicht gefährlich sein müssen, manchmal sogar erwünscht sind.
Günther Bloch, Wolfsforscher und Hundeerzieher, benennt die unterschiedlichen Aggressionstypen:
· die territoriale Aggression - bewachen von Haus und Hof (dazu zählt auch das Auto), von Besitz (selbst einzelnen Gegenständen)
· die Futteraggression - das Verteidigen von Futter und Knochen gegenüber Artgenossen und Menschen
· die soziale Aggression - Eifersucht, das Verteidigen von Sicherheitsabständen
· die Aggression aus Angst
Oft übersehen werden Schmerzen oder Krankheiten, die ein Tier aggressiv machen. Unsichere, schlecht sozialisierte Hunde sind unzuverlässiger als selbstsichere Tiere, die frühzeitig ausreichend Kontakt mit ihrer Umwelt, vielen Artgenossen und Menschen hatten. Dominanz und Frustration sind weitere Gründe, warum ein Hund sich gegen Artgenossen oder Menschen wendet. Nur in seltenen Fällen, meinen erfahrene Therapeuten, lassen sich aggressive Hunde nicht umerziehen. Haltererziehung ist dabei ein Teil der Therapie. Die Verantwortung für ein zuverlässiges, verträgliches Tier beginnt beim Züchter und muss vom Besitzer fortgeführt werden.
Als sinnvolle Maßnahmen zur Vorbeugung gegen Angriffe aggressiver Hunde werden von Experten übereinstimmend genannt: Kennzeichnungspflicht für alle Hunde (die erlaubt, Züchter/Besitzer eines gefährlichen Tieres ausfindig zu machen), Nachweis der Halter über Grundkenntnisse in der Erziehung und das seit vielen Jahren geforderte Heimtierzucht-Gesetz, das unkontrollierte, unverantwortliche und nicht qualifizierte Zucht untersagt.
Kontaktadresse:
· Günther Bloch
von-Goltstein-Str. 1
53902 Bad Münstereifel-Mahlberg
Tel. (0 22 57) 74 41
Dieser Text gibt den Inhalt des Beitrags der ServiceZeit Tiere suchen ein Zuhause vom 17. September 2000 wieder. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt.
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