Ich möchte aber nochmal deutlich machen, (nicht dass ich jetzt missverstanden werde), dass wir nicht versuchen, Pacos Zeit unnötig hinaus zu zögern.
Er hat von uns ab sofort quasi das "Go". Ich bin sicher, dass weiss er auch.
Manchmal habe ich den Eindruck, dass er sehr viel versteht von dem, was wir über ihn reden.
Als wir darüber gesprochen haben, dass wir nun an dem Punkt sind, wo es nur noch um Tage geht und wir überlegten, ob Freitag ein guter Tag wäre, schlief er tief und fest vor dem Sofa in seiner Lieblingskudde.
Chris schlug Freitag vor. Paco wachte auf, hob den Kopf und sah uns an. Ich meinte zu ihm, dass das natürlich nicht fest ist, wenn er dann noch nicht möchte. Er legte seinen Kopf wieder ab und schlief tief und fest weiter.
Mit Franzi damals war es ja auch so schwer. Wir wussten, sie hat Krebs. Da sie sich nicht anfassen liess, war jede Untersuchung und Behandlung schwierig (Untersuchung) bis unmöglich (Behandlung). Deswegen wurde nur in Narkose die kleinen Tumore an der Gesäugeleiste entfernt. Eigentlich hätte man viel grösser operieren müssen, aber da eine Pflege nach einer OP nicht möglich war, musste das reichen.
Irgendwann hustete sie gelegentlich. Wir liessen sie noch mal in Narkose legen und es wurde ein ganz kleiner Punkt auf der Lunge gefunden. Chris und ich hatten vorher vereinbart, dass, wenn sie Metastasen hat, wir sie noch in der Narkose gehen lassen. Der TA schlug einen Versuch mit hochdosiertem Cortion vor und ich kam ins Zweifeln. Deswegen rief ich Chris auf der Arbeit an. Ich erzählte ihm von der Diagnose und fragte, ob wir sie einschläfern lassen sollten. In dem Moment löste sich eine Träne aus ihrem geschlossenen Auge und lief langsam die lange Nase herunter. Worauf ich mich mitten im Satz unterbrach und meinte, dass Franzi die Entscheidung getroffen hätte. Wir würden es mit Cortison versuchen.
Die Träne kam natürlich von den Augentropfen, die sie während der Narkose bekommen hatte, aber es war trotzdem schräg.
Das war Mitte April.
Dann hat die Kleine erst mal einen Strandurlaub an der Ostsee mitgenommen. Sie schwamm ja auch so gerne.
Im Juli fuhren wir zum Heiraten nach Österreich und waren jeden Tag mit ihr am See. Kurz vor Abreise hat sie dann innerhalb von wenigen Stunden gesagt, dass sie keine Lust mehr hat. Auf dem Weg zum TA hielten wir an "ihrem" See und sie holte noch zwei Bälle mit leuchtenden Augen auf dem Wasser. Mehr liess ihre Lunge aber auch nicht mehr zu.
Als sie dann narkotisiert war, konnten wir sie streicheln und waren erschrocken, wie dünn sie geworden war. Durch ihr wuscheligen Fell war das nicht erkennbar.
Beim Gespräch mit dem TA vor der Euthanasie sass sie zwischen uns und dem TA und schaute aufmerksam zu dem, der grade sprach. "Sie weiss, dass wir über sie sprechen", meinte der TA.
Aber ja, Paco macht es uns richtig schwer. Aber es passt zu seinem Charakter: So, wie er am Ball festhält, hält er auch am Leben fest. Bloss nicht loslassen
Und man könnte ja was verpassen. Er wollte immer mittendrin sein.
Wir hatten ihn ein Jahr, da fuhren wir mit ihm zum Sommerfest der Grenzenlosen Hundehilfe. Mittlerweile vertraute ich ihm, hatte aber noch immer Sorge, dass er auch ohne Schuld in einen Vorfall mit anderen Hunden geraten könnte und er aufgrund seiner Rasse automatisch die A...karte hat.
Deswegen liess ich ihn nicht zu fremden Hunden.
Leinenführig war er damals auch noch nicht richtig, zumindest nicht in aufregenden Situationen. Er sprang aus dem Auto, sah das abgezäunte Feld mit den vielen frei herumlaufenden Hunden und sein Blick sagte deutlich: "Frauchen, Hunde. Ganz viele. Is dolle spannend. Da müssen wir hin"
Er warf sich also mit wedelndem Schwanz ins Geschirr und zog los.
Wir öffneten die Tür, gingen aufs Gelände und ich hielt Paco an der Leine. Die ersten Hunde näherten sich und Paco war freundlich-souverän. Die Leine war beim gegenseitigem Beschnuffeln hinderlich und ich machte ihn los, leicht nervös. Paco trabte neben mir her, begrüsste freundlich andere Hunde und fand alles super. Ganz super fand er dann, als wir am anderen Ende auf einen aufgebauten Agilityparcour stiessen, auf dem später eine Vorführung stattfinden sollte.
Da ich mehr auf die anderen Hunde achtete als auf das , was da in der Ferne ist, kam mein entsetztes "Nein" zu spät. Da war Paco schon los gesaust und apportierte einen Pylonen. Ich versuchte, das Teil abzutauschen, was Paco witzig fand und mit dem Kopf schlackernd wie ein junges Fohlen um uns herumgaloppierte. Watzig halt.
Mann, war mir das peinlich. Wir hatten natürlich auch einige Zuschauer. Glücklicherweise waren die Umstehenden richtig belustigt. Aufgeregt hat sich keiner und der Fotograf vom Fest hat währenddessen noch tolle Aufnahmen von ihm gemacht.
Als ich die endlich Pylone hatte, war sie an ein paar Stellen getackert. Zerknirscht gab ich sie an den Agilityclub zurück und bot an, sie zu bezahlen.
Wir mieden fortan den Teil des Feldes und irgendwann war auch die Agilityvorstellung vorbei und die Pylone weggeräumt. Ab da habe ich ihn frei sausen lassen und nur gelegentlich geschaut, wo er grade war. Er wurde unglaublich viel gestreichelt und von allen toll gefunden.
Er sah aber auch klasse aus mit seinem grünen "Colmar"-Halstuch mit eingesticktem Namen.
Nach vier Stunden war er so fertig, dass er mitten im Gewusel tief schlief.