Und so war er mit einiger Wahrscheinlichkeit ein stinknormaler Christ, und da muss das natürlich nicht thematisiert werden, dass seine Religion eine Rolle dabei gespielt hat, dass er ein Flugzeug voll Menschen mit in den Tod nahm. Ich hab jedenfalls keine derartige Debatte in Erinnerung.
Wieso wäre das anders gewesen, wenn er Moslem gewesen wäre? Ich versteh's nicht.
Es ging vorher u.a. darum, dass sich
religiöse Menschen bei ihrem Tun sozusagen bei ihrer Religion Schützenhilfe holen, und dann u.U. entsprechende Aufzeichnungen hinterlassen, die darauf hindeuten...
Damit meine ich zB u.a. gemalte Fahnen des IS, Texte, die sich mit dem Tod von Ungläubigen befassen, im Falle des Würzburger Attentäters, oder auch Briefe o.ä., die wohl (?) beim Attentäter von Nizza gefunden wurden.
Es könnte so etwas natürlich auch bei anderen Religionen geben. Edit: Und dann würde auch in diesem Zusammenhang wohl die Religion des Täters thematisiert werden. - denke ich.
Lubitz hat so etwas mW nicht hinterlassen, sondern nur Aufzeichnungen darüber, dass er eigentlich wohl konventionell Selbstmord begehen wollte, aber große Angst hatte, er kriegt das nicht hin und endet irgendwo an den Folgen dahinvegetierend im Wachkoma. (Woraus man den Schluss zog, er habe sich letztlich in depressiver Tunneldenke für das Flugzeug als Selbstmord- Werkzeug entschieden, da er dort genau wusste, was er tun musste, um das zu verhindern... Die Folgen für alle anderen wurden großzügig ausgeblendet bzw konnten nicht mehr wahrgenommen werden.)
- Ich ging beim Schreiben davon aus, dass er im typisch deutschen Sinne areligiös sei, Religion für ihn also keine große Rolle spielte, auch beim Gedanken an das Jenseits nicht. Du kannst aber auch Recht haben und religiöse Aspekte in seinem Geisteszustand wurden von der Presse einfach nicht thematisiert. Dann hätte ich hier sozusagen einen Denkfehler gemacht oder wäre den von dir erwähnten Vorurteilen aufgesessen. -
Was es nun bei einem Moslem in einer solchen Situation
unter bestimmten Umständen wahrscheinlicher macht, dass die Tat einen religiösen Bezug bekommt, als bei vielen anderen Religionen, ist, dass es einige (für mich: seltene im Vergleich zur Gesamtheit aller existierenden) Auslegungen des Islam gibt, die den Märtyrertod beim Kampf gegen Ungläubige ausdrücklich gutheißen und Betroffene ermutigen, statt ihnen beizustehen und sie in psychiatrische Behandlung zu bringen.... und sogar noch logistische Schützenhilfe leisten würden.
Das fehlt bei den meisten aktuellen Auslegungen der christlichen Weltreligionen.
Mein Gedanke war nun - aber vielleicht ist der tatsächlich etwas weit hergeholt - dass ein zaudernder muslimischer Selbstmörder/Amokläufer sich evtl. eher dort - also bei den extremen Vertretern seiner Religion- externe Ermutigung und evtl eine Anleitung holt, statt alles mit sich selbst auszumachen. Weil er weiß, dass er es kann.
Punkt 2: irgendwie ist der Grundkonflikt im Falle islamischer Extremisten ja durchaus religiös eingefärbt, selbst wenn auch anderes eine Rolle spielt. Ähnlich ist es zB im Nordirland-Konflikt gewesen - da bekam auch vieles einen 'religiös motivierten' Anstrich, das woanders, unter anderen Umständen, ein ganz normales, im Alltag begründetes Verbrechen gewesen wäre.
Und diese ganz alltäglichen Verbrechen gab und gibt es dort natürlich auch immer noch. Manchmal werden sie dann vom Täter durch den religiösen Konflikt bewusst verschleiert, um von sich abzulenken, und manchmal diesem von außen fälschlich zugeordnet, einfach weil der sonst bei ähnlichen Taten so oft eine Rolle spielt... Ich denke, wenn der Täter ein sehr religiöser Moslem ist, ist das zumindest in Europa derzeit ähnlich.
Dann ist es durchaus möglich, dass entweder er selbst, oder aber natürlich auch alle anderen, seine Tat in ein religiöse Licht rücken, die dort sonst wohl nicht stünde.
Edit zwo: Insofern ist der IS für einen gestimmten Typ labiler Jugrndlicher mit muslimisvhrm Hintergrund das, was Videospiele für viele andere sind....
Punkt 3, Palästina:
Für die Palästinenser war ihr Kampf immer in erster Linie ein politischer und erst in zweiter Linie, weil nunmal die Dinge lagen, wie sie lagen, ein religiös motivierter. Die wollten ihr eigenes Land, im Diesseits, und nicht den Islam in der Welt weiterverbreiten. Das darf (oder durfte?) man auch als Moslem ohne verstärkten religiösen Bezug tun.
Gibt ja auch dort einige religiös motivierte Fraktionen, aber selbst für die stand zumindest bis vor einigen Jahren (aktuell weiß ich es nicht) immer der nationalistische Kampf im Vordergrund.
Gleiches gilt, würde ich denken, für diverse kurdische Versuche, ein eigenes Land zu erstreiten, oder auch für Erdogan, der den Islam ja anscheinend nutzt, um seinen extremen Nationalismus zu rechtfertigen.
Wer im namen einer weltlichen Nation ein Attentat begeht, dem würde ich, egal welcher Religion er ist, erstmal nicht primär religiöse Motive unterstellen.
Wer, wie radikale Hindus in Indien, zwar nationalistisch argumentiert, sich aber v.a. gegen Mitglieder anderer Religionen richtet, die mindestens schon genauso lange im Land leben, wie man selbst, dem unterstelle ich dagegen eher primär religiöse Motive.
Ist damit etwas klarer, was ich gemeint habe?
Es kann gut sein, dass ich irgendwo einen massiven Denkfehler oder blinden Fleck habe - den seh ich logischerweise selbst dann nicht.
Wenn's so ist, meldet euch...