Noch mal zu den ach so aggressiven Hunden, die man ja nicht anders als mit Unterwerfung trainieren kann. Ich finde das kann man sehr wohl, dauert aber halt seehhhhr viel länger als die Methoden in einer kurze Show -egal jetzt ob CM oder was auch immer für ein Trainer in den Medien.
Hier mal die Methode, wie ich es gemacht habe, beide Male als Helfer im Tierheim mit Patenhunden.
Kandidaten: 1x Dobermann 40 kg, gegen sämtliche Hunde extrem aggressiv, starker Jagdtrieb. 1x American Bulldog Mix, sehr aggressiv bei Rüden aller Größen und Rassen.
Ausstattung: Doppelleine mit einem Ende am normalen Halsband und einem am Halti. Im Gelände Schleppleine am Geschirr. Leckerli und Spielzeug in der Tasche. Beide Hunde hatten sowieso gesetzlich verordneten Maulkorbzwang, der war also dran.
Ort: Eine große Wiese, daneben ein riesiges brachliegendes Feld, daneben ein Wäldchen. Der offizielle Weg war von beiden ca. 70-80m entfernt, knickte aber 90° weg, bevor das Wäldchen anfing.
Zeit: Wir trainierten 3x die Woche, Sa, So und Mi.
Vorgeschichte: Der Dobi hatte eine abgebrochene Schutzhundausbildung und kannte die Grundbefehle schon, war aber bis dahin schon Menschen gegenüber aggressiv gewesen (Abgabegrund). Das Vertrauen zu ihm hatte ich schon vorher aufgebaut. Er hatte einen starken Jagdtrieb und konnte so leicht mit einem Leder an der Schnur motiviert und belohnt werden, Leckerli mochte er monatelang gar nicht.
Der AB war ein „Fundhund“ (wer’s glaubt
), kannte noch keinen Grundgehorsam und interessierte sich überhaupt nicht für Spielzeug, dafür aber sehr für Leckerli.
Im TH bin ich zügig und ohne große Aufregung zum Ausgang, kein Einwirkungsversuch, weil das eh zwecklos gewesen wäre. Das Weggehen wurde immer so abgestimmt, dass uns niemand auf dem Weg nach draußen begegnete, anders hätten die Hunde gar nicht aus dem Zwinger gedurft. Anschließend ging es auf direktem Weg zu der großen Wiese. Wir sind auf die andere Seite, dabei durfte der Hund schnüffeln, pieseln etc, aber sich nicht zu lange aufhalten. Wollte ich weiter bin ich einfach losgelaufen, habe ein kurzes Kommando gegeben und wenn das nicht gereicht hat den Kopf vorsichtig mit dem Halti in neue Gehrichtung gerichtet. Haben beide schnell (am ersten Wochenende) kapiert, dass nicht ewig rumgeschnüffelt und übermäßig markiert wird. Auf der anderen Seite (gut 70 m) kam dann die Schleppleine dran, die 2 m Leine ab. Jetzt durfte der Hund eine Zeit lang frei laufen. Dobi hat dann mit mir spielen dürfen, AB Leckerlis suchen dürfen. Von Anfang an schon ab TH wurde jede Aufmerksamkeit Richtung Hundeführer mit mündlichem Lob belohnt, auf der Wiese dann auch mit Clicker, anschließend Leckerli oder Spielzeug (unterwegs konnte ich die Leine nicht loslassen, musste unbedingt zwei Hände dranhaben).
Den ersten Monat wurde nur Aufmerksamkeit trainiert und beim Dobi das „Aus“ fürs Spielen. Danach wurden immer kleine Gehorsamsübungen geprobt wie "Sitz", "Platz" oder "Hier". Nie alle, immer eins solange, bis es geklappt hat, also erst tagelang Sitz, dann Platz, dann Hier. Ab der Woche, wo alle drei Kommandos klappten, kam dann "zufällig" ein Hund auf der anderen Seite der Wiese vorbei. Abgesprochen war, dass der Fremdhund hinterm Busch hervorkam und sofort außer Sichtweite verschwand wenn mein Hund zu mir sah, auf keinen Fall solange er noch aggressiv war. Ziel war, dass mein Hund mich ansehen sollte, am besten im Vorsitz und nicht den anderen Hund beachtet. Klappte das gar nicht, habe ich mich weiter vom Fremdhund entfernt, meinen Hund mit kurzem Befehl und wenn das nicht reichte Haltiführung zum Mitkommen bewegt. Sobald er sich wieder beruhigt hatte musste er trotzdem noch vorsitzen und mich ansehen, dafür gab’s dann super viel Lob. Sofort wenn das klappte war der andere Hund (hoffentlich unbemerkt) wieder hinterm Busch verschwunden. Dann bin ich weitergegangen bis hinters Wäldchen, damit der Fremdhund wieder hinter Busch hervorkommen und weitergehen konnte.
Beim AB war die Reaktion auf das erste Erscheinen des Fremdhundes bei 70 m Entfernung nur Er- und Anstarren und er ließ sich gleich durch „hier“ rufen und wurde extrem gelobt. Das haben wir trotzdem die ganze Woche lang gemacht. Jede Phase des Trainings wurde immer so lange trainiert, bis sie eine Woche (also 3 Tage) geklappt hat. Dann habe ich den Abstand um jeweils ca. 5 m verkürzt. Das klappte gut, obwohl ich drei Tage wenig finde für eine Festigung. Beim AB wurde es dann ab 50 m schwieriger, das dauerte drei Wochen. Danach haben wir angefangen, dass ich nicht hinters Wäldchen gehe, sondern der Fremdhund noch mal aus dem Busch kommt und direkt weitergeht. Das dauerte dann logischerweise wieder einige Wochen. Irgendwann waren wir bei einem Abstand von 5 m angekommen. Da mittlerweile auch die Grundkommandos sehr gut klappten, wurde jetzt statt mich ansehen und Vorsitz auch mal Platz oder Sitz neben mir probiert, wenn der andere zügig vorbeigeht. Als das klappte, fing ich an selbst auf dem Weg zu gehen, der andere Hund stand am Rand. Sobald mein Hund die geringste Reaktion zeigte, wurde sofort gerufen und umgedreht. War er ruhig ging es einen Schritt weiter. Reagierte er wieder ging es eben wieder zurück. Ehrlich, das war noch mal eine schwierige Phase, nachdem vorher alles schon so gut geklappt hatte. Aber irgendwann war es soweit, dass wir an einem anderen Hund vorbeigehen konnten.
Beim Dobi war es nicht so einfach, der Anfang dauerte viel länger, da er schon bei den 70 m voll ausrastete und viel mehr Energie hatte. Mit drei Spaziergängen nur an der Leine war er sowieso unterfordert, aber als TH Hund ging’s halt nicht anders. Aber auch er hat es geschafft
Beim AB dauerte das Ganze 5 Monate, den letzten Monat hat er jeden Tag trainiert. An den Tagen wo nicht offiziell geöffnet war sogar nur mit seinen Interessenten, die ihn dann auch mitgenommen haben
Den Maulkorb wurde er nach Wesenstest auch los.
Beim Dobi dauerte es 10 Monate. Aber die Hauptsache ist, es klappte am Ende doch. Leider klappte es nur mit mir zusammen, andere Gassigänger und TH Mitarbeiter konnten sein Vertrauen nicht gewinnen, bzw. trauten ihm nicht. Da er außerdem den Maulkorb trotzdem behalten musste, weil er eben sein früheres Herrchen gebissen hatte, konnte er nicht mehr vermittelt werden und kam auf einen Gandenhof. Das wäre aber nicht möglich gewesen, wenn er weiterhin so aggressiv gegenüber Hunden gewesen wäre, also hat sich das Training doch gelohnt. auf dem Gnadenhof hat er sich dann sogar mit einer Hündin angefreundet und mit ihr seinen Zwinger geteilt.