So, nun mal Butter bei die Fische...
Alle jetzt angegebenen Artikel bzw. ihre Kurzzusammenfassung findet man, wenn man die Abkürzungen auf folgender Seite in das Suchfeld eingibt (alles leider Englisch
"Merle" und die
einheitlich blaue Farbe werden nachweislich
nicht durch dasselbe Gen verursacht. Sie können aber gemeinsam auftreten, und ergeben im ungünstigsten Fall einen tauben Hund (Merle - Störungen in der Pigmenteinwanderung, gibt "scheckig verdünnt gefärbtes Fell) mit Hautproblemen durch Fehlfunktion der Haarfollikel bei schwarzen Haaren ("blau", bzw. verdünnte Pigmentierung).
Das Gen für den Merle-Faktor liegt auf dem kurzen Arm von Chromosom 12 des Hundes und heißt SILV
2006 Jan 31;103(5
1376-81
Das Genprodukt scheint an der Bildung von Pigmentkörpern beteiligt zu sein, die schließlich in die Haut transportiert werden oder sich dort einlagern - sowie an der Bildung der Zellen im Innenohr (wenn es da nicht ankommt, haben diese Zelle die falsche Form, das Innenohr wächst verkrüppelt und Taubheit ist die Folge).
Die (in Merle-Shelties) gefundene Mutation in diesem Gen ist jedenfalls eine solche, die teilweise funktionsfähiges und teilweise defektes Genprodukt erzeugen kann - darum auch die "scheckige" Verteilung des Merle-Effektes, sowie die alte Züchtweisheit: "Wenn am Kopf keine hellen Flecken sind, ist der Hund nicht taub" - das stimmt darum, weil dann der Kopf zufällig eben funktionierendes SILV-Protein abgekriegt hat.
(Wem das hier zuviel wird, der möge einfach nicht mehr mitlesen).
Wenn ein Hund also im Original schwarz wäre, und den Merle-Faktor geerbt hat, wird er "blue-merle" und er hat, wenn die Ohren defektes Protein abgekriegt haben, gute Chancen, taub zu werden. (Sind die Augen betroffen, können auch die missgebildet sein).
Wäre der Hund im Original braun, wird er 'red-merle', hat aber wieder dasselbe Problem bezüglich der Ohren.
So - "blaue" Staffies, Doggen, Dobis, Schnauzer oder Dackel allerdings sind nicht gescheckt, sondern gleichmäßig blau. Auch bei denen tritt eine "Pigmentverdünnung" auf (die bei Dobis erwiesenermaßen mit Haarproblemen gekoppelt ist, jedoch kaum oder selten mit Taubheit).
Hier wurde ein anderes Gen als Ursache der Farbe identifiziert (das auch für die Blaufärbung bei Katzen eine Rolle spielt
Das MLPH-Gen.
Dieses liegt auf dem kurzen Arm des Hundechromosoms 25, also genetisch "ganz woanders" als SILV, spielt aber auch bei der Pigmentierung eine Rolle.
Und zwar bei der Einwanderung der pigmentgefüllten Zellen in das Haar.
2005 Jun 16;6:34
Es scheint in diesem Gen viele verschiedene Mutationen in verschiedenen Rassen zu geben, die aber alle zu einem "Totalausfall" führen.
In Menschen verursacht eine Mutation in diesem Gen das "Griscelli-Syndrom Typ 3", eine sehr seltene Störung, in der die Betroffenen auch silbergraue Haare haben.
Da MLPH im Innenohr keine Rolle spielt, ist das Ohr nicht betroffen, wenn MLPH nicht richtig funktioniert.
Es kommt in diesem Fall zu Fellproblemen, weil die Pigmentzellen mit defektem MLPH-Protein einfach am Haarschaft stecken bleiben und nur zu einem geringen Teil weiter transportiert werden. Sie bilden unten dort Klumpen, die dann unter anderem Probleme in den Haarwurzeln hervorrufen, weil die da, grob gesagt, "alles verstopfen".
Untersucht wurde das bei Hunden bisher nur an großen Münsterländern
2006 Jun;17(3
182-8. (Dummerweise haben sie da aber nur die Hunde untersucht, aber nicht deren Gene - vielleicht arbeiten sie daran im Moment noch).
Also: Mutation in MPLPH: Farbzellen bleiben größtenteils in der Haarwurzel stecken, nur ein Bruchteil kommt "oben", im Haar an. Dadurch ist das Haar nicht schwarz, sondern grau gefärbt. Sie verklumpen da irgendwie die zugehörigen Talgdrüsen, eventuell wächst das Haar auch gar nicht, oder nur stockelig kurz.
Faustregel: Je dunkler der Hund, desto funktionsfähiger sein MLPH, und desto besser werden die Farbzellen ins Haar transportiert. Und desto geringer die Chance auf Fellprobleme.
Wenn MLPH die Ursache für die Blaufärbung ist (wie das Beispiel Merle zeigt, gibt es mindestens zwi unabhängige Gene, die einen ähnlichen Defekt hervorrufen), dann hat der Hund IMMER mehr oder weniger schlimm Probleme mit dem Fell. - Ist der "dunkelblau", dann hat er weniger Probleme, aber er hat sie zumindest theoretisch immer noch. In dem Fall ist es völlig egal, ob der Hund ein ABPT oder ein AmStaff oder ein frach mich was anderes ist (großer Münsterländer, Dackel, Dobi...) - das Gen macht bei allen Hunden das gleiche, bzw. wenn es mutiert ist, macht es das eben nicht.
Es könnte allerdings zusätzliche genetische Faktoren geben, die Fellprobleme fördern oder eben auch unterdrücken. (Dh: in der Praxis haben eben nicht alle blauen Hunde Fellprobleme - Auch "Griscelli-3"-Menschen haben zwar Zellklumpen in den Haarwurzeln, aber im Allgemeinen keine "Fellprobleme!") Diese Faktoren könnten direkt im MLPH-Gen liegen, oder eben wieder ganz woanders. - Und leider hat man sie, soweit ich grad gesehen habe, noch nicht gefunden.
So - lange Rede, kurzer Sinn:
Mir scheint es nicht unwahrscheinlich, dass blaue AmStaffs oder Pits wie andere blaue Hunde auch gehäuft unter Fellproblemen leiden. Auch wenn sie gut aussehen: Muss doch nicht sein, dass man sie darum gehäuft vermehrt.
Dass einheitlich blau durchgefärbte AmStaffs oder Pits häufiger taub sind als nicht-blaue AmStaffs, halte ich demgegenüber nach Datenlage für unwahrscheinlich, weil der Zusammenhang blau/taub wohl vom Merle-Faktor herrührt - und bei dem ist es nunmal so, dass er charakteristischerweise zu einer "scheckigen" (ungleichmäßigen) Aufhellung führt.
Ja - nun hab ich solange recherchiert, dass ich vergessen habe, was ich eigentlich am Anfang gesucht habe und aussagen wollte.
Kurzfazit: Zusammenhang einheitliche Farbaufhellung / Hautprobleme ist wissenschaftlich belegt.
Zusammenhang scheckige Farbaufhellung (Merle) und Taubheit/Innenohrmissbildung ist belegt.
Zusammenhang einheitliche Aufhellung / Taubheit ist nicht belegt.
Und damit Schluss für heute.
Es grüßt Lektoratte, KSG-Hobby-Frankenstein