Ja, nee, ich sag nur "Gott sei Dank!"...
Aber ich glaube schon
@matty , dass es in dieser Hinsicht wirklich ziemlich egal ist, wo man lebt - ein paar Ressentiments dieser Art hat es sicherlich überall.
Letztlich geht es aber schon auch darum, wieviel Raum die im Alltag einnehmen, oder ob die Leute sie nur haben oder auch ausleben.
Ein diesbezüglich wirklich großartiges Erlebnis hatte ich mal im tiefsten Pott. Zwei lesbische Bekannte von mir haben geheiratet. Und wohlmeinende Freunde hatten, ohne denen Bescheid zu sagen, das Fernsehen dazu eingeladen. Das dann tatsächlich auch kam (was wiederum mir recht erhellende Einblicke in diese Ecke des Journalismus verschaffte.) Die beiden hatten sich dem Anlass entsprechend aufgebrezelt, und das relativ schrill. (Es hatte für zartere Gemüter schon was von "Ich werde auf der Stelle blind!")
Dann sprang das Auto, mit dem die beiden zum Standesamt gefahren werden sollten, nicht an und produzierte eine recht exotische Fehlermeldung.
Und während wir noch alle herumstanden und überlegten, was nun am besten zu tun sei, und der Besitzer des Autos versuchte, jemanden von der Vertragswerkstatt seines Vertrauens zu erreichen, kam ein junger Mann um die Ecke geschluppt, der im selben Haus wohnte, und stellte sich dazu und wollte wissen, was denn hier los sei.
Wir ihm das also erzählt, worauf er sagte, er sei kfz-Mechaniker. Worauf die Frau des Autobesitzers in ihrer Verzweiflung fragte, ob er sich nicht vielleicht das Auto mal angucken möchte.
Daraus sagte er, ehrlich entsetzt: "Das Auto angucken? Auch noch vor der Kamera? - Mit
denen zusammen? - Haben Sie gesehen wie die aussehen? - Nee. Nee, das mach ich nicht. Ich meine, okay, es sind zwei Frauen... es
sind doch Frauen, oder....?" (Das kam aber so spontan, dass man ihm eigentlich nicht wirklich böse sein konnte. Bauchreaktion halt. "Sollen die machen, was sie wollen, aber
nicht mit mir im Bild!")
Naja, aber weil er neugierig war, blieb er noch ein bisschen länger stehen und guckte. Und guckte. Und während er noch guckte, fiel pfennigweise der Groschen und er meinte auf einmal... "Ach, ich werd nicht mehr... das ist ja meine
Nachbarin!" (Ich meine, was denkt der, warum wir sonst alle vor dem Haus stehen, in dem er wohnt?) - "Ist das die Frau C.? - Echt? -
Die heiratet heute? - Ist ja n' Ding." - Worauf er, jetzt ebenso ehrlich
erfreut, anfing zu winken und, Fernsehen hin oder her, quer über alle andere hinweg brüllte: " Huhu, Frau C! - Hab Sie erst gar nicht erkannt! Herzlichen Glückwunsch! Das freut mich ja für sie, dass es endlich doch noch geklappt hat mit der Hochzeit!* - Alles, alles Gute." (Und er warf dann auch noch einen Blick auf das Auto, allerdings leider auch ohne Erfolg.)
[*da es auf dem Weg dorthin verschiedene Schwierigkeiten gegeben hatte, wie bei sowas üblich teils familiärer und teils amtlicher Natur. Über die er offensichtlich im Bilde war.]
Wenn man das als direkt Betroffener liest, weiß man vermutlich nicht, ob man lachen oder weinen soll.
Ich fand es aber in dem Moment richtig nett bzw. musste mir ein Grinsen verkneifen, weil es so typisch war für ein ziemlich alltägliches: "Is's ja nicht normal, sowas... Also - außer bei unseren Nachbarn jetzt, die sind voll okay!" wie man es zum Glück doch recht häufig antrifft.
Und das ist mir in der praktischen Konsequenz allemal lieber, als jemand der grundsätzlich liberale "Gutmenschen"-Reden schwingt, aber wenn's hart auf hart kommt, lieber einen Schritt zurück macht, weil irgendwie auffällige Leute ihren Lebensstil seiner Meinung nach ja gern pflegen können, weil man ja tolerant ist - aber doch bitte irgendwo, wo er nix davon mitkriegt.
Wisst ihr, wie ich meine?