Bobby
Mai 1983 - 22. Dezember 2000
Als Welpe einer Rauhaardackelhündin wurde er in einer kleinen Küche geboren. Sein Vater war wahrscheinlich irgendein Dorfstreuner, die es damals noch ganz selbstverständlich gab. Durch merkwürdige Zufälle kam er dann zu mir oder besser ich bekam, nach einer Woche Dauerheulen - man sagte "wenn die Welpen keiner nimmt, werden sie eingeschläfert" - meinen Hund. Die dreißig DM für ihn konnte ich sogar noch selber aufbringen. Nicht ganz ernst gemeint, sagte ich später oft, daß ich mir stattdessen auch eine CD hätte kaufen können.
Ich weiß noch, ich hoffte immer, daß er größer werden würde, meine Freundin hatte damals neben einer Dackelseniorenhündin auch eine Schäferhündin, die den kleinen Racker auch gesellschaftsfähig machte, doch er war halt ein zu groß geratener Dackel - nur viel sportlicher. Er selbst hielt sich allerdings für etwas größer, mit dem positiven Nebeneffekt, das es nie Streit mit gleichgroßen oder kleineren Hunden gab. Die nahm er erst gar nicht für voll.
Genauso wie ich damals freundlich bis naiv auf alles und jeden zuging, wurde er ein aufgeschlossener und alles und jeden mögender Hund, der mit seinen vier Pfoten fest im Leben stand, ohne sich vor irgendetwas zu fürchten. Außer vielleicht vor Gewitter und Musikumzüge. Er war auch recht selbstständig und ging gerne mal alleine spazieren.
Bei der Erziehung hätte man sicherlich vieles anders machen können, doch wir wußten es damals einfach nicht besser. Sitz fand er blöd, Platz war ein Fremdwort, bei "aus" hätte er auf die nächsten Silben gewartet - "gehen."
Aber dennoch konnte man ihn überall mithinnehmen. Er war einer von diesen Hunden, die überall Anklang finden. Und von der äußeren Erscheinung war er nie zu groß als das Leute Angst gehabt hätten, aber er war auch nicht zu klein, als das man ihn nicht ernst nehmen müßte.
Tagsüber war er oft im Garten und paßte auf. Mit 16 Jahren hielt er immer noch zwei Eismänner in Schach, indem er mit seinem ungewöhnlich tiefen Bellen sich in einen Busch versteckte und ordentlich Radau machte. Besuch ließ er oft rein, aber nicht immer wieder raus.
Kam ich von der Schule nach Hause, rief ich manchmal schon zwei Häuserblöcke vorher und er antwortete mir dann. Später hat er mich dann am Auto erkannt.
Zeitlebens war er richtig bockig - wie das Frauchen - aber besser klingt doch "Bobby ist ein Charakterhund." oder "Bobby ist halt Bobby." Selten war er krank. Ließ sich von Wehwechen auch nicht leicht unterkriegen. Bis zuletzt blieb er eine Kämpfernatur mit starken Willen.
Viele Jahre fuhren wir gemeinsam an die Nordsee. Mama sagt immer noch, daß er deswegen so alt geworden ist. Ich erinnere mich, daß wir gemeinsam über die Dünen flitzten. Ich sprang vorweg und er dann über mich rüber, rein in den Sand.
Nie werde ich vergessen, wie ich und meine Eltern sich an der Kurpromenade trennten, er sollte mit ihnen weitergehen und ich lief unterhalb des doch recht steilen Betondeiches lang.
Aufeinmal läuft dieser verrückte Hund mit einem Affenzahn den Deich runter. Die schräge endete nur leider in ca. 1, 50 m Höhe, was er von da oben ja auch gar nicht hätte einschätzen können. Mir blieb sprichwörtlich der Atem weg. Aber er, was sollte er auch sonst machen, sprang einfach und war nur froh mich wieder gefunden zu haben.
Ja, Urlaub fand er klasse. Ins Wasser ging er aber nie, nachdem er im Winter als Lütter bei den Versuch ein Blatt rauszufischen in die Wassertretstelle gefallen ist. Stattdessen stellte er sich an den Strand und bellte bis man wieder rauskam. Genauso nett war auch seine Angewohnheit vor Supermärkten zu jaulen. Ich wurde an der Kasse immer vorgelassen.
Aber viel Lärm um sich, hat er sonst nie gemacht. Nun, gut er forderte seine Streicheleinheiten manchmal ein.
Mit dem Kuscheln fing er aber erst richtig an, als er alt wurde, vorher war er dazu zu zappelig. Streicheln durfte ihn einfach jeder - ich hätte mir nie Gedanken darüber gemacht.
Er war auch kein Sensibelchen, nahm einen so schnell nichts übel und war nie nachtragend oder, solange er gesund war, auch nie launisch. Er war das, was ich salopp "trittfest" nenne, ohne daß ich ihn je mit Absicht getreten hätte.
Er mochte es, wenn man ihn Beatles vorsang, besonders Norwegian Wood. Dann war für ihn die Welt in Ordnung und man konnte die Uhr danach stellen, wann er einschlief.
Er liebte sein Leberwurstbrot wie auch Nudeln und hat immer gut gegessen, genauso wie er nie den Mädels abgeschworen hat. Hätte er Engelchen noch kennengelernt - aber als er jünger war - hätte er wahrscheinlich gesagt "Hey, warum habt ihr die süße Maus nicht eher angeschafft?" Irgendwie haben die beiden gewisse Gemeinsamkeiten. Das ist bestimmt kein Zufall.
Ich werde jetzt aber mal zum Ende kommen, denn alles kann ich sowieso nicht festhalten. Es bleibt nur noch zu sagen, ich habe von ihm gelernt. Was alles, ist wohl ein Thema für sich. Daher wollte ich auch nichts Trauriges schreiben.
Er wußte, die guten Seiten des Lebens zu schätzen. Wie lang sind die Tage für den, der zu leben weiß?
Er hüpfte im Sommer durch die Wiesen und im Winter, wenn es denn welchen gab, was leider in den letzten Jahren selten war, durch den Schnee. Als er letztes Jahr dann starb und es tags drauf an zu schneien fing, nach Jahren das erste Mal wieder zu Weihnachten, war ich einen Moment lang versucht zu denken "Schnee nur für Bobby."
Ich besaß ihn nie, aber er besaß mein Herz.
Moe.
Mai 1983 - 22. Dezember 2000
Als Welpe einer Rauhaardackelhündin wurde er in einer kleinen Küche geboren. Sein Vater war wahrscheinlich irgendein Dorfstreuner, die es damals noch ganz selbstverständlich gab. Durch merkwürdige Zufälle kam er dann zu mir oder besser ich bekam, nach einer Woche Dauerheulen - man sagte "wenn die Welpen keiner nimmt, werden sie eingeschläfert" - meinen Hund. Die dreißig DM für ihn konnte ich sogar noch selber aufbringen. Nicht ganz ernst gemeint, sagte ich später oft, daß ich mir stattdessen auch eine CD hätte kaufen können.
Ich weiß noch, ich hoffte immer, daß er größer werden würde, meine Freundin hatte damals neben einer Dackelseniorenhündin auch eine Schäferhündin, die den kleinen Racker auch gesellschaftsfähig machte, doch er war halt ein zu groß geratener Dackel - nur viel sportlicher. Er selbst hielt sich allerdings für etwas größer, mit dem positiven Nebeneffekt, das es nie Streit mit gleichgroßen oder kleineren Hunden gab. Die nahm er erst gar nicht für voll.
Genauso wie ich damals freundlich bis naiv auf alles und jeden zuging, wurde er ein aufgeschlossener und alles und jeden mögender Hund, der mit seinen vier Pfoten fest im Leben stand, ohne sich vor irgendetwas zu fürchten. Außer vielleicht vor Gewitter und Musikumzüge. Er war auch recht selbstständig und ging gerne mal alleine spazieren.
Bei der Erziehung hätte man sicherlich vieles anders machen können, doch wir wußten es damals einfach nicht besser. Sitz fand er blöd, Platz war ein Fremdwort, bei "aus" hätte er auf die nächsten Silben gewartet - "gehen."
Aber dennoch konnte man ihn überall mithinnehmen. Er war einer von diesen Hunden, die überall Anklang finden. Und von der äußeren Erscheinung war er nie zu groß als das Leute Angst gehabt hätten, aber er war auch nicht zu klein, als das man ihn nicht ernst nehmen müßte.
Tagsüber war er oft im Garten und paßte auf. Mit 16 Jahren hielt er immer noch zwei Eismänner in Schach, indem er mit seinem ungewöhnlich tiefen Bellen sich in einen Busch versteckte und ordentlich Radau machte. Besuch ließ er oft rein, aber nicht immer wieder raus.
Kam ich von der Schule nach Hause, rief ich manchmal schon zwei Häuserblöcke vorher und er antwortete mir dann. Später hat er mich dann am Auto erkannt.
Zeitlebens war er richtig bockig - wie das Frauchen - aber besser klingt doch "Bobby ist ein Charakterhund." oder "Bobby ist halt Bobby." Selten war er krank. Ließ sich von Wehwechen auch nicht leicht unterkriegen. Bis zuletzt blieb er eine Kämpfernatur mit starken Willen.
Viele Jahre fuhren wir gemeinsam an die Nordsee. Mama sagt immer noch, daß er deswegen so alt geworden ist. Ich erinnere mich, daß wir gemeinsam über die Dünen flitzten. Ich sprang vorweg und er dann über mich rüber, rein in den Sand.
Nie werde ich vergessen, wie ich und meine Eltern sich an der Kurpromenade trennten, er sollte mit ihnen weitergehen und ich lief unterhalb des doch recht steilen Betondeiches lang.
Aufeinmal läuft dieser verrückte Hund mit einem Affenzahn den Deich runter. Die schräge endete nur leider in ca. 1, 50 m Höhe, was er von da oben ja auch gar nicht hätte einschätzen können. Mir blieb sprichwörtlich der Atem weg. Aber er, was sollte er auch sonst machen, sprang einfach und war nur froh mich wieder gefunden zu haben.
Ja, Urlaub fand er klasse. Ins Wasser ging er aber nie, nachdem er im Winter als Lütter bei den Versuch ein Blatt rauszufischen in die Wassertretstelle gefallen ist. Stattdessen stellte er sich an den Strand und bellte bis man wieder rauskam. Genauso nett war auch seine Angewohnheit vor Supermärkten zu jaulen. Ich wurde an der Kasse immer vorgelassen.
Aber viel Lärm um sich, hat er sonst nie gemacht. Nun, gut er forderte seine Streicheleinheiten manchmal ein.
Mit dem Kuscheln fing er aber erst richtig an, als er alt wurde, vorher war er dazu zu zappelig. Streicheln durfte ihn einfach jeder - ich hätte mir nie Gedanken darüber gemacht.
Er war auch kein Sensibelchen, nahm einen so schnell nichts übel und war nie nachtragend oder, solange er gesund war, auch nie launisch. Er war das, was ich salopp "trittfest" nenne, ohne daß ich ihn je mit Absicht getreten hätte.
Er mochte es, wenn man ihn Beatles vorsang, besonders Norwegian Wood. Dann war für ihn die Welt in Ordnung und man konnte die Uhr danach stellen, wann er einschlief.
Er liebte sein Leberwurstbrot wie auch Nudeln und hat immer gut gegessen, genauso wie er nie den Mädels abgeschworen hat. Hätte er Engelchen noch kennengelernt - aber als er jünger war - hätte er wahrscheinlich gesagt "Hey, warum habt ihr die süße Maus nicht eher angeschafft?" Irgendwie haben die beiden gewisse Gemeinsamkeiten. Das ist bestimmt kein Zufall.
Ich werde jetzt aber mal zum Ende kommen, denn alles kann ich sowieso nicht festhalten. Es bleibt nur noch zu sagen, ich habe von ihm gelernt. Was alles, ist wohl ein Thema für sich. Daher wollte ich auch nichts Trauriges schreiben.
Er wußte, die guten Seiten des Lebens zu schätzen. Wie lang sind die Tage für den, der zu leben weiß?
Er hüpfte im Sommer durch die Wiesen und im Winter, wenn es denn welchen gab, was leider in den letzten Jahren selten war, durch den Schnee. Als er letztes Jahr dann starb und es tags drauf an zu schneien fing, nach Jahren das erste Mal wieder zu Weihnachten, war ich einen Moment lang versucht zu denken "Schnee nur für Bobby."
Ich besaß ihn nie, aber er besaß mein Herz.
Moe.