Hallo Bado,
es ist schon ein paar Tage her, dass Du Deinen Hilferuf hier ins Forum gestellt hast. Eure Geschichte erinnert mich haargenau an die unsere, genauer gesagt an das Verhalten unseres inzwischen verstorbenen Landseer-Rüden "Enzo".
Nun sind Landseer zwar durchaus selbstbewusst, doch werden als ruhige, kuschelige Familienhunde gehandelt. Bei unserem Enzo war alles ganz anders. Im Alter von 3,5 Monaten rannte er an unserem Badesee auf einen Taucher zu, der gerade aus dem Wasser kam und biss ihn knurrend in die Flosse. Der Taucher (zum Glück) fand das lustig und wir waren erleichtert. Verhängnisvoller Weise taten wir es als Welpenspiel ab. Dieser Tick auf Fußbekleidung kam immer wieder vor - Enzo attackierte eben gerne Schuhe. Wir gingen in die Hundeschule, Enzo lernte brav und legte schon bald seine erste Begleithundeprüfung ab.
Als er etwa 1,5 Jahre alt war, packte er zum ersten Mal meinen Mann am Unterarm, als er einem Freund, der zu Gast war, nachschenken wollte.
Er setzte sich an die Seite des Gastes und verteidigte ihn seit diesem Tag vor meinem Mann. Wir holten einen Privattrainer hinzu, der aber nicht auf die Ursache von Enzos verhalten kam. Der Züchter (einer der ältesten und bekanntesten im VDH) riet uns quasi, Enzo ein paar runterzuhauen. Das wollten wir aber nicht tun. 3,5 Jahre später, nach drei weiteren Hundeschulen, diversen kleinen Beißattacken gegen meinen Mann und meinen Schwiegervater und endlosen Gesprächen mit dem Züchter war Enzo soweit mit uns, dass er die Tischordnung angab und bestimmte, wer wo zu sitzen hat. Klare Ansagen wurden mit Geknurre quittiert. Auch wir verließen den Raum, was nichts half. Dann geschah das Unglück. Wir verbrachten gerade unseren Urlaub in der Toskana und saßen in einem schönen Gartenlokal in den Weinbergen, als eine Familie mit Riesenschnauzer ein paar Tische weiter Platz nahm. Enzo machte ein Riesengebell und wollte nicht aufhören. Mein Mann packte ihn in das unter einer Laube stehende kühle Auto. Auch dort ging das Gebell weiter, so dass wir ihn wieder an unseren Platz holen mussten.
Als mein Mann ihn neben sich absitzen lassen wollte, attackierte er ihn an den Händen, sodass er sofort in das nächste Krankenhaus gefahren werden musste. Wir anderen waren inzwischen mit Enzo in unser Feriendomizil zurück gefahren. Kurz darauf kam mein Mann mit einem unserer freunde aus dem Hospital zurück. Enzo sprang auf und wollte meinem Mann an die Gurgel, was derjenige unserer Gruppe, den er vor ihm beschützen wollte, gerade noch verhinderte. Wir entschieden, dass ich mit Enzo am nächsten Tag nach Hause nach Füssen fahre, um ihn in eine uns gut bekannte Hundeschule mit Hundepension zu bringen. Die Situation musste schnellstmöglich entschärft werden. Um es ganz klar zu sagen: Es fiel uns enorm schwer, unseren trotz allem sehr geliebten Hund in fremde Hände zu geben. Doch Enzo kannte den Trainer und mochte ihn. Und so waren wir sicher, dass er für ein paar Tage gut bei ihm aufgehoben war. Ich fuhr in die Toskana zurück und als fünf Tage später unser Urlaub zu Ende war und wir unseren Hund abholen wollten, war er tot. Vor einer Stunde an plötzlich Magendrehung verstorben, behauptete der Trainer. Wir konnten das nicht glauben und fuhren sofort in die Tierklinik, wo Enzo noch lag. Der behandelnde Arzt druckste ein wenig herum, sagte dann jedoch, dass Enzos Milz krankhaft vergrößert war, was nicht von der Magendrehung allein kommen konnte. Ob es wirklich eine Magendrehung war, haben wir nie herausgefunden. Letztendlich kam ich zu dem Verdacht, dass Enzo den Trainer angefallen hatte und der ihn wohl zu Tode getreten hatte. Wir ließen ihn einäschern, und die sehr netten Leute bei der Hundebestattung sagten uns, dass Enzo mehrere Rippenbrüche hatte.
Nun fragten wir uns: Wie konnte Enzo so werden, was war da schief gelaufen? Wir kamen zu folgenden Ergebnissen:
1. Schwere Erziehungsfehler unsererseits - in der Hauptsache zu inkonsequent. Hunde brauchen einen Rudelführer, dem sie vertrauen können. Das Verhalten von Enzo, dass er z.B. Freunde vor meinem Mann beschützen wollte, kam daher, dass er ihm nicht vertraute. Enzo war von dem Instinkt besessen, dass er Verantwortung übernehmen musste, da mein Mann und auch ich nicht in der Lage dazu waren. Um Vertrauen und Respekt eines Hundes zu erlangen zählen weniger Befehle und Strafmaßnahmen. Viel mehr spielt Körperhaltung eine Rolle oder dass man selbst mit dem Hund im reinen ist
2. Die Zuchtlinie - nach hartnäckigem Fragen im Verein erfuhren wir, dass Enzos Großmutter ein böses Weib gewesen war und diese Linie später nicht mehr weitergezüchtet werden durfte. Ein Bruder von Enzo war zeitlebens ein sanftes Lamm gewesen, ein anderer Bruder hatte ähnliche Züge wie Enzo geerbt.
3. Krankheit: Unser Hund muss schon lange an der vergrößerten Milz gelitten haben. Kein Tierarzt hatte das bemerkt. Dass er beim Fressen mäkelte, schrieben wir dem zu, dass der eine Hund eben ein guter, der andere ein schlechter Fresser ist. Wir hätten dem genauer nachgehen müssen.
Enzo wurde nur fünf Jahre alt. Wir sind der Rasse treu geblieben. Unsere beiden Landseer Pedro und Lena sind 8 und 4 Jahre alt und machen nur Freude. Die Fehler, die wir bei Enzo gemacht haben, haben wir nie vergessen. Seine Urne haben wir nach Hause geholt,
in unser Rudel.
LG Cornelia
Liebe Cornelia
oh mein Gott! Ich musste fast heulen beim Lesen Deiner Geschichte. Ich weiss gar nicht wie ich reagiert hätte in dieser Situation. Unfassbar! Bei unserem Kerl wissen wir wer Schuld an seinem Verhalten ist. Ganz klar WIR. Er ist einfach ein Hund und wir haben ihn so verhunzt