Wenn ich ne Harpune gehabt hätte...
...gestern hätte ich sie möglicherweise benutzt! Meine Güte, was war ich sauer. Aber mal von vorne.
Daß die Emma Enten jagt, weiß ich ja mittlerweile. Also trainieren wir mit ihr, auf daß sie es läßt. Sie wird aus der Hand gefüttert, um den Bezug zu Menschen zu vergrößern, wird mit Schleppleine geführt, um im Bedarfsfall eingreifen zu können und selbstverständlich wird ein "Futterpfiff" genutzt, bei dem es immer ganz was besonders Leckeres gibt.
Nun ist es zwar nicht so, daß Emma Enten dadurch ignoriert, doch sie läßt sich zurückrufen. Was war ich stolz auf den Erfolg unserer Arbeit. Bis gestern nachmittag.
An einem privaten Gewässer schwammen einige Enten. Emma ignorierte sie. Zwar schaute sie gelegentlich mal hin, doch sie ließ sich immer wieder ablenken. Und war eigentlich so lange nicht wirklich interessiert, bis auf der anderen Seite einige Hunde die dort in Ufernähe schwimmenden Enten aufscheuchten.
Zu meinem Leidwesen muß ich gestehen, daß ich Emma nicht an der Schleppleine hatte, weil wir uns ja auf einem Privatgelände befanden und seit längerer Zeit schon sehr gute Übungsergebnisse vorlagen.
Nun, als also die Enten auf der anderen Seite zu quaken begannen, schaute Emma interessiert auf. Ich war zu dem Zeitpunkt gerade ein Stückchen entfernt mit einem anderen Hund beschäftigt. Und mein Männe reagierte leider zu panisch. Anstatt Emma im ruhigen oder lockenden Tonfall anzusprechen, machte er sie durch seine Stimme erst so richtig munter.
Bei mir schrillten ob diesen Tonfalls sämtliche Alarmglocken, doch da war es schon zu spät. Da war Emma nicht nur schon im Wasser, sondern auch schon viele Meter vom Ufer entfernt. Außerhalb der Reichweite der Schleppleine, wenn sie denn eine getragen hätte. So zuckte sie einmal kurz herum, als der Futterpfiff ertönte, doch die quakenden Enten waren einfach viel zu spannend.
Nein, sie hat keine Ente erwischt. Aber...
Sie hat sich eine Ente ausgeguckt, der sie beharrlich folgte. Über eine Stunde lang blieb sie dem Federtier auf den Fersen. Schwamm und schwamm und wurde einfach nicht müde. Ich hätte auch Kopfstand machen oder mich als Clown verkleiden - Emma wäre dadurch auch nicht mehr aus dem Wasser gekommen. So blieb mir nur zuzusehen.
Ich weiß nicht, worüber ich mich eigentlich mehr geärgert habe.
Über mich, weil ich ob der Trainingserfolge und des Privatgeländes wegen auf die Schleppleine verzichtet habe? Die Schleppleine war nicht das erste mal ab. Und ich habe Emma auch schon häufiger aus dem Wasser herauspfeifen können, selbst mit Ente vor der Nase.
Über die fremden Hunde, welche die Enten auf der anderen Uferseite so arg zum Schnattern brachten?
Über meinen Männe, weil der aus Angst, Emma könnte wieder hinter den Enten herschwimmen, gleich in Panik verfiel und überreagierte?
Über Emma, weil sie die Enten diesmal nicht ignorierte, dafür aber mein Pfeifen.
Über die Enten, die es irgendwie nicht fertig brachten, ihre Flügel zum Fliegen zu benutzen, sondern bestenfalls ein paar kleine Meterchen Abstand zwischen sich und Emma brachten.
Es waren keine Küken in der Nähe. Und die Enten selbst waren auch erwachsen genug, um fliegen zu können. Nach über einer Stunde taten sie es dann ja auch. Bis dahin flatterten sie bestenfalls einige Meter, nur um wieder vor Emmas Nase zu landen. Manche Enten kamen auch aus sicherer Entfernung herbei geflogen und gesellten sich zu denen, die sich Emma eh schon ausgeguckt hatte. Denen gönnte Emma kaum einen Blick - sie wollte diese eine Ente haben.
Jedenfalls war ich so sauer, daß ich vielleicht eine Harpune benutzt hätte, wenn eine in Reichweite gewesen wäre.
Was treibt die Enten bloß dazu, immer vor der Nase eines Hundes zu bleiben, wenn sie im Wasser gejagt werden? Wieso fliegen die nicht einfach weg, wenn sie nach einigen Minuten gemerkt haben sollten, daß das Davonschwimmen den Verfolger nicht abschüttelt?
Ich verstehe es nicht.