Auch wenn das jetzt hart und brutal klingen wird, auch das Überleben draußen will gelernt sein und wird sicherlich einer der Gründe sein, dass nur höchstens jedes zweite Wolfsjunges innerhalb eines Rudels überlebt. Wohlgemerkt im Rudel und nur 5% der erwachsenen Tiere - wieder wohlgemerkt im Rudel - werden älter als 6 Jahre. Und da sollte man doch bedenken, dass Joja nicht im Rudel lebt sondern sich alleine durchschlagen muss mit Fertigkeiten, die er erst mal erlernen muss.
Und Mäuse sind zwar eine klasse Sache für so einen Hund, jedoch - mal rein realistisch betrachtet, ein durchschnittlich erwachsener Eurasier wiegt um 25kg. Setzt man ihn keiner großen Belastung aus, kommt er mit 1/3 des Körpergewichtes an Futter aus, das wären dann 750g. Eine erwachsene Maus wiegt zwischen 20 und 25g. Gehen wir nun mal davon aus, dass Joja optimales Glück hat und nur erwachsene fette Mäuse findet, dann bräuchte er 30 Mäuse/Tag um zu überleben. Da aber seine Futterration wesentlich größer sein muss, denn er lebt ja draußen, alleine und hat Stress ohne Ende - Feinde, Wachsamkeit, Jagen, Hunger, unterschiedliche Wetterbedinungen - so wird er sicherlich mehr Futter benötigen als 1/3 seines Körpergewichtes. Wieviel Löcher er für 30 Mäuse buddeln muss, mag jeder selbst mal überlegen; denn immerhin ist er alleine und keiner bewacht die anderen Mausbauausgänge....
Auch das Fangen und Töten anderer Wildarten will gelernt sein. Ein Hund, der nicht von kleinauf lernte, wie man Vögel fängt, hat auch damit ein Probleme und wird zig 100 vergebliche Versuche starten müssen um nur ein paar Federn zu erwichen.
Auch die Jagd auf Kaninchen und Hasen ist erst mal eher von Negativerfolgen überschattet und selbst einem gut trainierten Jagdhund fällt es schwer, ein gesundes erwachsenes Kaninchen/Hasen zu fangen und zu töten. Da muss man dieses Hakenschlagen schon vorher erkennen und dazu bedarf es einiges an Übung und mehr als 3-4 Versuche.
Vielleicht hat er aber Glück und findet jede Woche ein Rehkitz und kann sich damit über Wasser halten, denn die wiegen ja mittlerweile um die 13-15kg. Viele andere Chancen hat der Joja so im Wald nicht - mal ganz objektiv betrachtet und da würde ich schon schauen, dass ich weitere Sichtungsmeldungen erhalte indem weiterhin Plakate und Anzeigen - große - in der Zeitung geschaltet werden.
Und davon mal ganz abgesehen - Bauernhöfe mit Hofhunden kann er auch nicht aufsuchen - denn da ist der Hofhund sofort dabei mit Wegjagen, also kommen nur Höfe in Betracht, die keinen Hund haben.
Ansonsten würde ich mal mit den Jägern sprechen, wo sie im Wald Luderplätze anlegten und diese ggfs. beobachten und auf Pfotenabdrücke überprüfen; das Plakatiergebiet sollte mindestens 50-60km im Radius vom Entlaufpunkt betragen und die Einsiedlerhöfe ohne Hofhund würde ich persönlich aufsuchen bzw. aufsuchen lassen. Denn Joja wird die Entlaufsituation sehr wohl ggfs. mit dem entsprechend anwesenden Menschen verbinden - je nach Entlaufsituation - und vor diesem Geruch weiterhin flüchten - denn sie kombinieren ja immer doppelt und dreifach - Gefahrensituation besteht aus: Geräuschen, Objekten und Gerüchen.
Und des Weiteren würde ich mich intensiv darum bemühen in Erfahrung zu bringen, wo ggfs. Katzenfutterstellen sind und dort Rücksprache halten ob in der letzten Zeit eine größere Futtermenge als vorher vonnöten war. Einerseits könnte dort der größere Futterbedarf auf Jungkatzen zurückgeführt werden, andererseits ggfs. durch Jojas Anwesenheit.
Aus all dem ergibt sich für mich nicht, dass es für Joja das reinste Vernügen ist, dort draußen so allein (ach auch ein Hund ist ja ein Rudeltier) im Kampf ums Überleben. Dass es ihm aufgrund der Scheuheit dem Menschen gegenüber nicht möglich ist, sich mal eben locker so einem Menschen anzuschließen hat er ja hinlänglich im Tierheim wohl gezeigt und noch viel stärker ist diese Scheuheit im Augenblick draußen.
Ich hoffe, dass dies jetzt mal nicht desillusioniert - vielfach haben die Hunde feste Futterstellen und die entsprechend versorgenden Leute und die Sucher kommen nicht zueinander. Aus der Erfahrung heraus sind mir nur 2 Hunde von den wenigen über längere Zeit - also über 1/2 Jahr streunenden Hunden hier in der BRD bekannt, wo sich im Nachhinein nicht herausstellte, dass sie feste Futterstellen hatten.
Und, wäre das Überleben wirklich so einfach draußen, warum gibt es dann immer wieder fast verhungerte Straßenhunde im Ausland, die gerettet werden?
Und, schaut man mal genau im Ausland hin, überleben die ausländischen Straßenhunde den Sommer gut - da sind Touristen vor Ort und füttern, im Winter übernehmen dies die Tierschützer vor Ort oder die jeweiligen Familien denen die Hunde gehören; alle anderen haben langfristig betrachtet schlechte Überlebenschancen, siehe auch dazu echte Straßenhunde in den süd- und osteuropäischen Ländern, die vielfach mehr verhungert als denn dick und fett sind.
Ich rate also dazu weiterhin Plakate aufzuhängen, große Anzeige mit Foto in der Tagespresse usw.pp. und umgehend Futterstellen einzurichten - auch bei fragl. Sichtungen und wenn es 20 Futterstellen umsonst sind, so kann die 21. DIE richtige und zum Erfolg - nämlich dem Wiederfinden/Wiedersichern - führende Futterstelle sein.
LG Idefix
Sorry für die Länge, ich will auch nicht langweilen, nur die scheuen umwelt- und menschenungewohnten Hunde (und dazu gehört Joja schließlich auch: da er aus einer Massenzucht beschlagnahmt wurde hat er ja Null Lebenserfahrung sondern nur die zum Überleben wichtigen Eigenschaften aus/in der Massenzuchtanlage) schaffen es nicht wirklich -> die Sache mit dem Überleben.