Wolfgang
KSG-Haarspalter™
Strudels Welt
Grundsätze müssen sein. „Der Köter“, spricht also der Neudackelbesitzer kategorisch, „kommt mir nicht ins Bett.“ Erstens soll Strudel ein zwar kleiner, aber trotzdem richtiger Hund sein und kein verzärteltes Schoß- und Sofapudelchen, zweitens gibt es Grenzen, auch zwischen Mensch und Tier, und drittens will Mensch auch mal seine Ruhe haben – wo sonst, wenn nicht im eigenen Bett.
Nachbarin W., die auch einen Dackel besitzt, hat höhnisch aufgelacht. „Es gibt zwei Arten von Dackelbesitzern“, hat sie doziert, „die einen geben zu, dass der Hund im Bett schläft. Die anderen geben es nicht zu.“ Nachbarin W. ist eine dackelvernarrte Dackelmami.
Wir dagegen: gestehen nichts! Gut, auch Strudel würde nur zu gerne aufs große Bett wollen, wo der menschliche Teil des Rudels sich wälzt. Aber Strudels Beine sind jeweils nur fünf Zentimeter lang, die des Bettes über zwanzig. Das Verhältnis ist zum Vorteil von Bett und Mensch. Zunächst jedenfalls. Strudels Sprungversuche kommen nicht über die Bettkante. Sie purzelt, steht auf, springt, purzelt. Winselt, jault, springt, purzelt... Immer wieder. Bis irgendwann ihre Beine auf sieben Zentimeter gewachsen sind. Wieder springt sie – und diesmal zieht sie sich über die Bettkante, taucht unter die Bettdecke, schmiegt sich eng ans menschliche Alphatier. Wie rotbraun gefärbtes Quecksilber folgt das weiche Hundefell jeder Krümmung, jeder Falte des liegenden Menschenkörpers, in die Kniekehlen am liebsten, unter die Achsel oder zwischen die Waden. Nur die Nasenlöcher am spitzen Ende einer langen Dackelschnauze lugen manchmal wie das Sehrohr eines U-Boots unter dem Rand der Daunendecke hervor.
Und nun? „Du kannst sie ja wieder rausschmeißen“, sagt meine Frau. Aber, ach, die Füße sind so angenehm fellgewärmt. In Mexiko sollen sie ja sogar eigene Hunderassen züchten, eigens zu dem Zweck, klamme Betten anzuwärmen – was den Schoßhund prompt zum Nutzhund adelt. „Strudelpudel!“, lockt meine Frau, „komm, komm her, ins Bett!“ Ich hebe die Bettdecke – und spüre bald schon etwas Weiches, Warmes.
Jan Bielicki
Grundsätze müssen sein. „Der Köter“, spricht also der Neudackelbesitzer kategorisch, „kommt mir nicht ins Bett.“ Erstens soll Strudel ein zwar kleiner, aber trotzdem richtiger Hund sein und kein verzärteltes Schoß- und Sofapudelchen, zweitens gibt es Grenzen, auch zwischen Mensch und Tier, und drittens will Mensch auch mal seine Ruhe haben – wo sonst, wenn nicht im eigenen Bett.
Nachbarin W., die auch einen Dackel besitzt, hat höhnisch aufgelacht. „Es gibt zwei Arten von Dackelbesitzern“, hat sie doziert, „die einen geben zu, dass der Hund im Bett schläft. Die anderen geben es nicht zu.“ Nachbarin W. ist eine dackelvernarrte Dackelmami.
Wir dagegen: gestehen nichts! Gut, auch Strudel würde nur zu gerne aufs große Bett wollen, wo der menschliche Teil des Rudels sich wälzt. Aber Strudels Beine sind jeweils nur fünf Zentimeter lang, die des Bettes über zwanzig. Das Verhältnis ist zum Vorteil von Bett und Mensch. Zunächst jedenfalls. Strudels Sprungversuche kommen nicht über die Bettkante. Sie purzelt, steht auf, springt, purzelt. Winselt, jault, springt, purzelt... Immer wieder. Bis irgendwann ihre Beine auf sieben Zentimeter gewachsen sind. Wieder springt sie – und diesmal zieht sie sich über die Bettkante, taucht unter die Bettdecke, schmiegt sich eng ans menschliche Alphatier. Wie rotbraun gefärbtes Quecksilber folgt das weiche Hundefell jeder Krümmung, jeder Falte des liegenden Menschenkörpers, in die Kniekehlen am liebsten, unter die Achsel oder zwischen die Waden. Nur die Nasenlöcher am spitzen Ende einer langen Dackelschnauze lugen manchmal wie das Sehrohr eines U-Boots unter dem Rand der Daunendecke hervor.
Und nun? „Du kannst sie ja wieder rausschmeißen“, sagt meine Frau. Aber, ach, die Füße sind so angenehm fellgewärmt. In Mexiko sollen sie ja sogar eigene Hunderassen züchten, eigens zu dem Zweck, klamme Betten anzuwärmen – was den Schoßhund prompt zum Nutzhund adelt. „Strudelpudel!“, lockt meine Frau, „komm, komm her, ins Bett!“ Ich hebe die Bettdecke – und spüre bald schon etwas Weiches, Warmes.
Jan Bielicki